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Weniger Antibiotika – weniger Resistenzen
Europäischer Antibiotika Tag warnt vor Resistenzentwicklungen, deutsches Forschungsprojekt klärt auf
Jena/Berlin. Herbstzeit ist Erkältungszeit: Das bedeutet, schnupfende und hustende Mitmenschen in der Bahn, an der Arbeitsstätte oder im Kindergarten. Beim Arzt hoffen viele dann auf eine schnelle Linderung ihrer Symptome – am besten mit einem Antibiotikum?
„Nein!“, entgegnet Professor Petra Gastmeier, Leiterin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité und Vorstandmitglied des deutschlandweiten Forschungsprojekts „InfectControl 2020“. „Wir beobachten nach wie vor, dass von vielen Patienten vor allem Antibiotika als einzig wirksame Mittel gegen eine normale Erkältung angesehen werden. Sie erwarten von ihrem Arzt, dass er ihnen ein Antibiotikum verschreibt. Dabei sind Erkältungen und auch die Grippe durch Viren ausgelöste Infektionen. Eine Behandlung mit Antibiotika, die zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen eingesetzt werden, ist nicht zweckmäßig und gleichzeitig gefährlich“, so die Hygiene-Expertin weiter.
Der Zusammenhang: Einsatz und Wirkung
Denn mit jedem unsachgemäßen Einsatz eines Antibiotikums steigt die Gefahr, dass sich Resistenzen bilden. Experten beobachten weltweit einen Anstieg multiresistenter Keime, sogar von einer Bedrohung internationaler Tragweite ist die Rede.
Grund dafür ist hauptsächlich der übermäßige Gebrauch der antibakteriellen Wirkstoffe, egal ob in der Medizin, der Tierzucht oder der Landwirtschaft.
Lebensgefährlich sind diese Erreger hauptsächlich für immungeschwächte Patienten, wie Frühchen oder ältere Personen. Doch auch für gesunde Menschen werden aggressive Bakterien zunehmend zu einem Problem: So schlägt laut der World Health Organization (WHO) die Behandlung einer Blasenentzündung mit einem Antibiotikum der Gruppe Fluorchinolone weltweit schon bei der Hälfte der Menschen nicht mehr an. Große chirurgische Eingriffe oder Chemotherapien könnten ohne die wirksamen infektionshemmenden Medikamente kaum noch durchführbar werden.
Aus diesem Grund thematisieren mittlerweile viele Aktionen von Gesundheitsorganisationen und Politik diese besorgniserregende Entwicklung: Beispielsweise ruft der seit zehn Jahren jährlich am 18. November stattfindende Europäische Antibiotika Tag zur gesamtgesellschaftlichen Bekämpfung von Resistenzen auf. Der kommende Samstag steht somit ganz im Zeichen des wichtigen Arzneimittels. Darüber hinaus machte Deutschland Infektionskrankheiten und Resistenzen erstmals zu einem Schwerpunktthema im Zuge der diesjährigen G20-Präsidentschaft. Alle Staaten sagten daraufhin zu, bis Ende 2018 eigene nationale Aktionspläne umzusetzen, die den sachgerechten Einsatz von Antibiotika stärken und die Forschung gemeinsam voranzutreiben.
Engagement in Deutschland
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungskonsortium „InfectControl 2020“ ist ein sehr gutes Beispiel für das Engagement in Deutschland: Wissenschaftler und Industrievertreter widmen sich gemeinsam in 30 Projekten dem vielschichtigen Problem der Infektionskrankheiten. Verschiedene Berufsgruppen, wie Ärzte, Biologen, Veterinäre, Materialwissenschaftler oder Architekten erarbeiten innerhalb des Programms Lösungsansätze, um die Entstehung und Verbreitung von multiresistenten Keimen zu verhindern und Patienten schneller und erfolgreicher zu behandeln.
Eines der größten Projekte des Forschungsverbundes widmet sich dem rationalen Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation, kurz RAI. Das Vorhaben adressiert Aufklärungskampagnen direkt an die Antibiotika-verordnenden Akteure wie Hausärzte, Chirurgen und Intensivmediziner sowie an Patienten gleichermaßen. Auch Tierärzte und Landwirte bezieht RAI in seine Kampagnen ein. Professor Gastmeier ist federführende Wissenschaftlerin des Projekts: Sie ist überzeugt: „Wir alle können unseren Teil zur Wahrung der Wirksamkeit von antimikrobiellen Arzneimitteln beitragen und den alltäglichen Umgang mit den wichtigen Wirkstoffen hinterfragen. Deshalb klären wir im Rahmen von RAI zum Beispiel mit eigens entwickelten „Infozepten“ Patienten darüber auf, dass Antibiotika nicht bei normalen Erkältungen eingesetzt werden. Nur ein sorgsamerer Umgang kann der Schlüssel sein, um die Ausbreitung multiresistenter Keime einzudämmen“, so die Hygieneexpertin.
Bildunterschriften
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Wissenschaftler aus dem Konsortium „InfectControl 2020“ erforschen Krankheitserreger, die sie auf Nährböden züchten.
Quelle: Anna Schroll
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Wissenschaftler und Kommunikationsexperte des Forschungsprojekts RAI entwickelten umfangreiche Informationsmaterialen, die den gewissenhaften Einsatz von Antibiotika thematisieren. Hausärzte können sich z.B. individuelle „Infozepte“ für ihre Patienten generieren.
Quelle: Lindgrün GmbH
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Die Kampagnen des Forschungsprojekts RAI klären intensiv über den richtigen Einsatz von Antibiotika auf und erläutern Patienten den Unterschied von bspw. bakteriellen und viralen Infektionen.
Quelle: Lindgrün GmbH
Ansprechpartner
Dr. Hanna Heidel-Fischer
Strategieentwicklung InfectControl 2020
+49 3641 5321549
hanna.heidel-fischer@leibniz-hki.de
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut –
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
Zu den Projektwebsites:
www.infectcontrol.de
www.rai-projekt.de