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NIPD zur Bestimmung des Risikos von Trisomien bei Risikoschwangerschaften: Vorbericht erschienen
Hohe Sensitivität und Spezifität der Tests / Verschiedene Einsatzszenarien denkbar
Trisomien wie das Down-Syndrom konnten vorgeburtlich bis vor einigen Jahren nur mit invasiven Untersuchungen diagnostiziert werden, die das Risiko einer Fehlgeburt bergen. Inzwischen sind nicht invasive Tests auf dem Markt. Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun die diagnostischen Eigenschaften dieser sogenannten nicht invasiven Pränataldiagnostik (NIPD) untersucht. Demnach können die Tests Feten mit einer Trisomie 21 sehr zuverlässig erkennen. Bei den selteneren Trisomien 13 und 18 ist dies unklar.
Ein Vergleich hypothetischer Szenarien zeigt, dass NIPD im Anschluss an ein auffälliges Ergebnis einer Risikoeinschätzung, etwa durch ein Ersttrimesterscreening (ETS), die Zahl der invasiven Diagnostiken und der durch sie ausgelösten Fehlgeburten gegenüber dem Status quo deutlich verringern könnte. Dabei würden aber wegen der Unsicherheit der vorangehenden Risikoeinschätzung etliche Feten mit Trisomie 21 übersehen. Würde die NIPD hingegen allen schwangeren Frauen angeboten, würden fast alle Feten mit Trisomien erkannt.
Bis zum 24.01.2018 bittet das Institut um Stellungnahmen zu diesem Vorbericht.
Große Unterschiede zwischen den Trisomien
Unsere Körperzellen enthalten für gewöhnlich einen doppelten Chromosomensatz, nämlich je 23 Chromosomen aus der mütterlichen Eizelle und dem väterlichen Spermium. Nur diese Keimzellen enthalten einen einfachen Satz. In seltenen Fällen misslingt die Reduzierung der Chromosomenzahl bei der Entstehung einer Eizelle. Dann enthalten die Zellen des Embryos von einzelnen Chromosomen drei Exemplare, mit oft schweren Folgen für seine Entwicklung. Das Risiko, dass das geschieht, steigt mit dem Alter der schwangeren Frau an. Benannt sind diese sogenannten Aneuploidien nach dem betroffenen Chromosom.
Am häufigsten ist die Trisomie 21, das Down-Syndrom. Sie tritt bei ungefähr 24 von 10.000 Schwangerschaften auf. Da sich die meisten Paare in diesem Fall für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, ist der Anteil der geborenen Kinder allerdings deutlich geringer. In Deutschland leben etwa 30.000 bis 50.000 Menschen mit Down-Syndrom. Viele kommen mit Organfehlbildungen zur Welt, die aber gut behandelt werden können. Ihre Lebenserwartung liegt in Europa mittlerweile bei etwa 60 Jahren.
Die Trisomie 13, das Pätau-Syndrom, tritt bei etwa zwei von 10.000 Schwangerschaften auf. Oft kommt es zu einer Fehlgeburt, oder die Kinder sterben in den ersten Lebensmonaten. Auch die Trisomie 18, das Edwards-Syndrom, geht mit einer hohen Sterblichkeit einher. Nur wenige Betroffene erreichen das Jugendalter, nur wenige lernen laufen und sprechen. Mit etwa sechs von je 10.000 Schwangerschaften ist das Edwards-Syndrom nach dem Down-Syndrom die zweithäufigste Trisomie.
Invasive Pränataldiagnostik birgt Risiko von Fehlgeburten
Eine verlässliche vorgeburtliche Bestimmung einer Trisomie war bis vor wenigen Jahren nur mit invasiven Methoden möglich: einer Chorionzottenbiopsie ab der zwölften Schwangerschaftswoche oder einer Amniozentese, also einer Fruchtwasseruntersuchung, ab der 16. Schwangerschaftswoche. Diese Eingriffe lösen bei etwa zwei bis zehn von 1000 Schwangerschaften Fehlgeburten aus. Daher werden sie nur durchgeführt, wenn das Risiko einer Trisomie als hoch eingeschätzt wird – etwa, weil die Frau relativ alt ist oder in vorangegangenen Schwangerschaften bereits Trisomien aufgetreten sind.
Risikoeinschätzung gibt nur ersten Anhaltspunkt
In die Einschätzung des individuellen Risikos können neben dem Alter der Frau und Auffälligkeiten bei vorherigen Schwangerschaften weitere Faktoren einfließen, etwa die Breite der Nackentransparenz im Ultraschall und die Konzentration zweier Proteine im Blut der Frau. Ein auffälliges Ergebnis ist allerdings kein sicherer Hinweis auf eine Trisomie; daher bedarf es einer Überprüfung mit einer zuverlässigeren Methode. Umgekehrt stellt ein unauffälliges Ergebnis nicht sicher, dass das Kind keine Trisomie haben wird.
Untersuchung fetaler DNA aus dem Blut der schwangeren Frau
Die neuen nicht invasiven Tests analysieren zellfreies fetales Erbgut im Blut der Frau und gehen daher nicht mit dem Risiko einer Fehlgeburt einher. Das Erbgut stammt aus der Plazenta und ist mit relativ hoher Sicherheit dem Fetus zuzuordnen. Nur sehr selten wird versehentlich doch DNA aus mütterlichen Zellen analysiert. Das „Auszählen“ der Chromosomen ist ebenfalls kaum fehleranfällig. Daher werden – so die Anbieter – tatsächlich vorliegende Trisomien zuverlässig erkannt (hohe Sensitivität) und nur sehr selten fälschlich Trisomien ausgewiesen, obwohl der Chromosomensatz normal ist (hohe Spezifität).
NIPD ist sehr genau
Wenn die NIPD tatsächlich so genau ist, könnte sie in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden. Daher hat der G-BA das IQWiG beauftragt, Studien zu den diagnostischen Eigenschaften der NIPD auszuwerten. In diesen Studien wurden die Ergebnisse der NIPD pränatal invasiv oder nach der Geburt überprüft. Für die beiden selteneren Trisomien liegen zu wenig Daten vor, um insbesondere die Sensitivität der Tests sicher zu bestimmen. Für die Trisomie 21 liegt die sogenannte gepoolte Sensitivität bei 99,07 Prozent und die gepoolte Spezifität bei 99,95 Prozent. Das heißt: Die Tests übersehen tatsächlich sehr selten eine Trisomie 21, und noch seltener weisen sie eine Trisomie 21 aus, die sich später nicht bewahrheitet.
Erst- oder Zweitlinienstrategie?
Eine NIPD könnte in unterschiedlichen Situationen zum Einsatz kommen. Wenn man vorrangig die Zahl der eingriffsbedingten Fehlgeburten verringern möchte, kann die NIPD auf eine erste Risikoabschätzung folgen. Zu klären wäre in diesem Fall, ab welchem Risiko – etwa 1:100, 1:200 oder 1:300 – einer schwangeren Frau eine NIPD angeboten werden sollte. In diesen Szenarien würden pro Jahr erheblich weniger Amniozentesen und Chorionzottenbiopsien durchgeführt als bisher. Allerdings würden so etliche Feten mit Trisomie 21 übersehen, weil etwa das ETS relativ häufig trotz Trisomie ein unauffälliges Resultat liefert.
Wäre es dagegen das höchste Ziel, so gut wie keine Trisomie 21 zu übersehen, böte sich eine sogenannte Erstlinienstrategie an: Man könnte in Deutschland allen ungefähr 700.000 bis 800.000 schwangeren Frauen pro Jahr eine NIPD anbieten. Auffällige Ergebnisse könnten anschließend invasiv überprüft werden. So würden fast alle Feten mit Trisomie 21 erkannt. Die relativ hohe Zahl invasiver Diagnostiken würde einige eingriffsbedingte Fehlgeburten nach sich ziehen. Unter realistischen Szenarien bliebe deren Zahl aber unterhalb des Status quo.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Den vorläufigen Berichtsplan für dieses Projekt hatte das IQWiG im März 2017 vorgelegt und um Stellungnahmen gebeten. Diese wurden zusammen mit einer Würdigung und dem überarbeiteten Berichtsplan im Juni 2017 publiziert. Stellungnahmen zu dem jetzt veröffentlichten Vorbericht werden nach Ablauf der Frist gesichtet. Sofern sie Fragen offenlassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen.
Weitere Informationen:
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Dr. Anna-Sabine Ernst
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