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Harnblasenkrebs: Kombination genetischer Varianten als Risikofaktor
Rauchen und Belastungen durch bestimmte Chemikalien am Arbeitsplatz begünstigen die Entstehung von Harnblasenkrebs. Wichtig sind aber auch genetische Faktoren. Bestimmte Regionen des Erbguts sind mit einem erhöhten Harnblasenkrebsrisiko assoziiert. Gemeinsam mit internationalen Experten konnten Forschende des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung nun zeigen, dass sich das Harnblasenkrebsrisiko erheblich erhöhen kann, wenn eine Person über mehrere genetische Risikovarianten verfügt. Dies gilt vor allem für Nichtraucher.
Harnblasenkrebs ist der zweithäufigste bösartige Tumor in der Urologie. Unser Erbgut entscheidet in etwa 30 Prozent der Fälle, ob wir an Harnblasenkrebs erkranken. In genomweiten Assoziationsstudien wurden 15 Regionen identifiziert, die zu einem erhöhten Harnblasenkrebsrisiko beitragen können. Der Effekt der einzelnen identifizierten genetischen Varianten auf das Erkrankungsrisiko ist mit einem fünf- bis zwanzigprozentig höherem Risiko aber eher moderat.
Wie sich das Risiko erhöht, wenn eine Person Trägerin mehrerer dieser Risikovarianten ist, wurde bislang kaum untersucht. Forschende des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) haben mehr als 100.000 Kombinationen von genetischen Varianten analysiert. Dazu haben sie mit Arbeitsgruppen aus sechs Ländern zusammengearbeitet. Die Studienergebnisse wurden nun im britischen Fachjournal Carcinogenesis veröffentlicht.
Häufige Vier-Varianten-Kombination bei Nichtrauchern
Untersucht haben die Forschenden um IfADo-Statistikerin Dr. Silvia Selinski zwölf der bekannten Risikovarianten für Harnblasenkrebs und deren Kombinationen. Dafür standen genetische Daten von vier Studiengruppen mit insgesamt mehr als 5.000 Harnblasenkrebspatienten und 5.400 Kontrollpersonen zur Verfügung. Die Forschenden haben zunächst die wichtigsten 4er-Kombinationen von genetischen Varianten in den Studiengruppen des IfADo und der Nijmegen Bladder Cancer Study ermittelt. „Dabei wurde auch zwischen Rauchern und Nichtrauchern unterschieden, da Rauchen der wichtigste Risikofaktor für Harnblasenkrebs ist und somit unterschiedliche Kombinationen von Risikovarianten relevant sein könnten“, so Selinski. Die Ergebnisse konnte das Expertenteam anschließend in zwei großen Studien mit Harnblasenkrebspatienten des amerikanischen Krebsforschungsinstituts (NCI; New England Study und Spanish Bladder Cancer Study) bestätigen.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Kombination von bestimmten Risikovarianten zu erheblich höheren Harnblasenkrebsrisiken führen kann“, erklärt IfADo-Studienautorin Selinski. Zudem seien die identifizierten 4er-Kombinationen häufig: Die stärkste Variantenkombination trat in rund 25 Prozent aller nie rauchenden Harnblasenkrebsfälle auf und erhöhte das Erkrankungsrisiko um das Zweieinhalbfache. Bei dieser Kombination handelt es sich um Varianten von Genen, welche Einfluss auf die Zellteilung sowie auf die Entgiftung von Schadstoffen und die Urinkonzentration haben. „Die von uns gefundenen Variantenkombinationen wirken sich insbesondere auf das Harnblasenkrebsrisiko von Nichtrauchern aus“, sagt Selinski.
In der aktuellen Studie haben die Forschenden den Einfluss von Kombinationen von Risikovarianten auf das Entstehungsrisiko von Harnblasenkrebs untersucht. Um aber Aussagen über die Prognose von Harnblasenkrebs zu treffen, sind weitere Studien mit Daten über den Verlauf der Erkrankung nötig. Hierzu müssen zusätzlich Risikovarianten aus vier weiteren genetischen Regionen analysiert werden. „Ziel dieser Studien ist es, zusätzliche Kriterien zu finden, die bei einer Anpassung der individuellen Therapie von Harnblasenkrebspatienten helfen“, so Dr. Selinski.
Zum Paper:
Beteiligt an der vorgestellten Studie waren Arbeitsgruppen aus sechs Ländern (Deutschland, Großbritannien, Niederlande, Spanien, Ungarn, USA). Federführend war das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo), in Kooperation mit dem Radboud University Medical Center in Nijmegen (Niederlande) und dem National Cancer Institute (NCI) in Bethesda (USA).
Publikation:
Selinski, S. et al.: Identification and replication of the interplay of four genetic high risk variants for urinary bladder cancer. Carcinogenesis 38: 1167-1179 (2017). doi: 10.1093/carcin/bgx102 (Open Access)
Das IfADo – Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund erforscht die Potenziale und Risiken moderner Arbeit auf lebens- und verhaltenswissenschaftlicher Grundlage. Aus den Ergebnissen werden Prinzipien der leistungs- und gesundheitsförderlichen Gestaltung der Arbeitswelt abgeleitet. Das IfADo hat mehr als 200 Mitarbeiter/innen aus naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen. Das Institut ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 93 selbstständige Einrichtungen umfasst. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.600 Personen, darunter 9.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,7 Milliarden Euro.
Ansprechpartnerin:
Dr. Silvia Selinski
Wissenschaftliche Mitarbeiterin „Systemtoxikologie“
Telefon: + 49 231 1084-216
E-Mail: selinski@ifado.de
Pressekontakt:
Eva Mühle
Pressereferentin
Telefon: + 49 231 1084-239
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