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Liposuktion bei Lipödem: Eckpunkte für Studie stehen fest
Berlin, 18. Januar 2018 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) hat am Donnerstag in Berlin die Eckpunkte für die Studie zur Erprobung der Liposuktion (Fettabsaugung) bei Lipödem beschlossen. Mit Hilfe der Studie sollen dringend benötigte Erkenntnisse über die Vor- und Nachteile der Liposuktion gegenüber einer alleinigen nichtoperativen Behandlung gewonnen werden. Der G-BA hatte im Juli 2017 festgestellt, dass zu dieser Methode keine ausreichende Evidenz für einen Nutzenbeleg vorliegt, dass sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Um eine abschließende Entscheidung darüber treffen zu können, ob diese Operation künftig ambulant zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden kann, ist die Studie notwendig. Mit der näheren Ausgestaltung des Studiendesigns sowie der Durchführung und Auswertung wird der G-BA eine unabhängige wissenschaftliche Institution beauftragen.
„Der G‑BA ist – nach über 20-jähriger Anwendung der Fettabsaugung an Patientinnen und Patienten – international die erste Einrichtung, die eine multizentrische, randomisierte und kontrollierte Studie zur Liposuktion bei Lipödem auf den Weg bringt. Dabei ist heute mit der Festlegung der Studieneckpunkte ein entscheidender Meilenstein erreicht worden. Auch wenn die nachfolgenden Schritte ihre Zeit brauchen, besteht somit erstmals die Aussicht auf belastbare Erkenntnisse zum Nutzen und auch zu den Risiken des Operationsverfahrens bei der Behandlung des Lipödems. Erst mit diesen Daten kann abschließend über eine Erbringung der Methode zu Lasten der GKV entschieden werden,“ erklärte Dr. Harald Deisler, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung.
Beim Lipödem handelt es sich um eine massive Fettverteilungsstörung an den Extremitäten. Zusätzlich bestehen vermehrte Wassereinlagerungen in den betroffenen Körperregionen. Das Lipödem tritt nahezu ausschließlich bei Frauen auf. Weil es erst seit dem Jahr 2017 eine stadienspezifische Codierung für die Erkrankung gibt, liegen zur Erkrankungshäufigkeit derzeit noch keine gesicherten Daten vor.
Da die Ursache des Lipödems bisher unbekannt ist, zielt die in der Regel lebenslang anzuwendende konservative Therapie wie Lymphdrainage, Kompression und Bewegungstherapie auf eine Linderung der Beschwerden ab. Die bestehende Fettvermehrung kann hiermit jedoch nicht beeinflusst werden. Die Liposuktion ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem das krankheitsbedingt vermehrte Fettgewebe entfernt wird. In der Regel müssen die Betroffenen für eine Behandlung mehrmals operiert werden.
Wesentliche Eckpunkte des Studiendesigns
Mit der Studie soll die Frage beantwortet werden, welchen Nutzen die Liposuktion bei Lipödem im Vergleich zu einer alleinigen konservativen, also nichtoperativen Behandlung hat. Zudem sollen in der Studie weitere Erkenntnisse zu den Risiken und möglichen Komplikationen der Methode gewonnen werden.
Um möglichst belastbare Aussagen zum Vergleich der beiden Therapieansätze zu bekommen, wird die Studie als randomisierte, kontrollierte Studie konzipiert und durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass die Studienteilnehmerinnen nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen geteilt werden. Die Studiengruppe wird mit der Liposuktion der Beine behandelt, soweit erforderlich in mehreren Sitzungen. Nach zwölf Monaten werden die Ergebnisse erhoben. Die Kontrollgruppe wird 12 Monate lang ausschließlich konservativ behandelt. Im Anschluss wird auch den Teilnehmerinnen der Kontrollgruppe die Liposuktion angeboten, sofern dies medizinisch vertretbar ist. Alle Teilnehmerinnen werden zusätzlich für 24 Monate nachbeobachtet.
Der G-BA sieht zudem vor, dass es mehrere Studienzentren geben soll. Die Sicherstellung beider Behandlungsarten kann von den Studienzentren auch durch einrichtungsübergreifende Kooperationen gewährleistet werden.
Welche Patientinnen können an der Studie teilnehmen?
Es können Patientinnen teilnehmen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, bei denen ein Lipödem der Beine im Stadium I, II oder III diagnostiziert wurde und eine konservative Behandlung die Beschwerden nicht ausreichend lindert. Ausschlussgründe sind eine allgemeine Adipositas, andere ödemverursachende Erkrankungen, Fettverteilungsstörungen anderer Genese sowie die Ablehnung der Patientin, konservativ behandelt zu werden.
Die weiteren Ein- und Ausschlusskriterien wie Vor- oder Begleiterkrankungen wird die unabhängige wissenschaftliche Institution festlegen, die die Studie im Auftrag des G-BA durchführt und auswertet. Im Studiendesign ist auch festzulegen, inwieweit Patientinnen mit gleichzeitigem Lipödem der Arme an der Studie teilnehmen können.
Welche Schritte sind vor dem Start der Studie noch notwendig?
Nach Inkrafttreten der Richtlinie sind noch zahlreiche Vorarbeiten erforderlich. Zur Planung und Durchführung von Studien ist generell die Erstellung eines Studienprotokolls und die Einholung verschiedener Genehmigungen erforderlich. Im Studienprotokoll werden alle Details der Studie festgelegt. Hierzu gehören neben Festlegungen zu den Leistungserbringern, die als Studienzentren beteiligt werden, auch die Kriterien zum Einschluss von Patientinnen.
Die Planung und Koordination der Studie sowie die Auswertung der Ergebnisse werden durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution vorgenommen. Da Versichertengelder verwendet werden, ist zur Auswahl dieser Institution ein Vergabeverfahren durchzuführen, das etwa zehn Monate in Anspruch nimmt.
Angesichts dieser umfangreichen, zur Durchführung der Studie unerlässlichen Vorarbeiten kann derzeit noch kein genauer Zeitpunkt genannt werden, ab dem Patientinnen für die Studienteilnahme gesucht werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Auswahl der ersten Patientinnen etwa Mitte des Jahres 2020 erfolgen kann.
Hintergrund: Methodenbewertung der Liposuktion bei Lipödem
Der G-BA ist vom Gesetzgeber beauftragt zu entscheiden, welchen Anspruch gesetzlich Krankenversicherte auf medizinische oder medizinisch-technische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden haben. Im Rahmen eines strukturierten Bewertungsverfahrens überprüft der G-BA deshalb, ob Methoden oder Leistungen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse in der vertragsärztlichen und/oder stationären Versorgung erforderlich sind.
Zum Abschluss eines strukturierten Methodenbewertungsverfahrens entscheidet der G-BA darüber, ob und inwieweit – d.h. für welche genaue Indikation und unter welchen qualitätssichernden Anforderungen – eine Behandlungsmethode ambulant und/oder stationär zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angewendet werden kann. Lässt die wissenschaftliche Datenlage noch keine sichere Entscheidung zum Nutzen bzw. Schaden und der Notwendigkeit zu, muss – bei Feststellung eines Potenzials als Behandlungsalternative – die Methode im Rahmen einer Studie erprobt werden. Für die Dauer der Erprobung ist das Methodenbewertungsverfahren zeitlich befristet auszusetzen.
Das Verfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem geht auf einen Beratungsantrag der Patientenvertretung im G-BA zurück.
Der G-BA hat am 20. Juli 2017 beschlossen, das zur Liposuktion bei Lipödem laufende Methodenbewertungsverfahren auszusetzen und ein Beratungsverfahren zu einer Erprobungs-Richtlinie einzuleiten.
Weiterführende Informationen
- Pressemitteilung zum Download (129,0 kB, PDF)
- Zuständiger Unterausschuss: Unterausschuss Methodenbewertung
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