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Lebensrettende Mikrobläschen
Stabile selbstauflösende Mikroblasen als intravenöse Sauerstofflieferanten
Ob Badeunfall oder ein Stück Essen in der Luftröhre, ob Asthmaanfall, Keuchhusten oder Herzinsuffizienz: Ein schwerer Sauerstoffmangel führt letztlich zum Herzstillstand. Lässt sich der Sauerstoffgehalt des Blutes dann nicht sehr rasch wiederherstellen, können Menschen innerhalb von Minuten sterben. Amerikanische Wissenschaftler stellen in der Zeitschrift Angewandte Chemie luftgefüllte Mikrobläschen vor, die als intravenös verabreichte Sauerstoffträger die Überlebensrate solcher Patienten erhöhen könnten. Da sie sich im Blut schnell auflösen, ist das Risiko einer Embolie minimal.
Allein in den USA sterben etwa 100.000 Krankenhauspatienten jährlich an einem Asphyxie-bedingten Herzstillstand. Die Mikrobläschen, die von Forschern um Brian D. Polizzotti und John N. Kheir vom Boston Children’s Hospital der Harvard Medical School (USA) entwickelt wurden, könnten viele vielleicht retten, denn sie verschaffen den Ärzten etwas Zeit, um die Ursache des Sauerstoffmangels zu beheben oder einen Luftröhrenschnitt durchzuführen.
Die Idee, Mikrobläschen als Transportmittel, z.B. für Wirkstoffe oder Kontrastmittel, zu verwenden, ist nicht neu. Ihre intravenöse Injektion barg bisher jedoch ein hohes Risiko lebensgefährlicher Lungenembolien, weil sie zu lange im Blut blieben. Weitere Probleme waren mangelde Stabilität, nicht abbaubare Bestandteile sowie eine schwer kontrollierbare Morphologie und Größe.
Der neue Typus Mikrobläschen hat diese Nachteile nicht. Erfolgsgeheimnis ist das Herstellverfahren durch Nanofällung biokompatibler Polymere an der Grenzfläche zwischen Luft und Flüssigkeit. Ausgangspunkt ist Dextran, ein verzweigtes Polymer aus Glucose-Einheiten. Zusätzlich werden funktionelle Gruppen angeknüpft, die dem Polymer oberflächenaktive Eigenschaften verleihen, sowie Säuregruppen. Wird das Polymer in einem Lösungsmittel gelöst und Wasser zugegeben, mit dem es nicht mischbar ist, bilden sich Mizellen. Beim Homogenisieren mit Luft entsteht Schaum aus Mizellen-umhüllten Luftbläschen. Wird weiter Wasser zugegeben, lagern sich immer mehr Mizellen an. Diese kollabieren letztlich zu festen Nanoaggregaten, die eine Schale um das Luftbläschen bilden.
Werden die Mikrobläschen in Blut gegeben, liegen die Säuregruppen aufgrund des pH-Wertes als geladene Carboxylat-Gruppen vor. Nun kann Wasser eindringen und der Sauerstoff austreten. Die elektrostatische Abstoßung zwischen den Ladungen lässt die Schalen auseinanderfallen und die Bestandteile lösen sich vollständig auf.
Die Forscher verschlossen die Atemwege von Nagern, um einen Herzstillstand auszulösen. Die Tiere wurden mit Herz-Lungen-Wiederbelebung, Adrenalin und einer Lösung behandelt, die sauerstoffangereichert war bzw. die mit Sauerstoff beladenen Mikrobläschen enthielt. Nach 10 min wurde die Blockade entfernt, um die Wiederherstellung der Atmung durch eine ärztliche Behandlung zu simulieren. Während alle Tiere der Kontrollgruppe starben, konnte die rasche, wiederholte Injektion der Mikrobläschen während des Herzstillstands alle Tiere retten. Zeichen für eine Embolie wurden nicht beobachtet.
Angewandte Chemie: Presseinfo 01/2018
Autor: Brian Polizzotti, Boston Children’s Hospital, Harvard Medical School (USA), http://www.dfhcc.harvard.edu/insider/member-detail/member/brian-polizzotti-phd/
Link zum Originalbeitrag: https://doi.org/10.1002/ange.201711839
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