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Neuartige Wirkstoff-Container und modulare Biotransformationen
BioSC startet zwei neue FocusLabs, HHU beteiligt
Integrative Forschungsansätze, die den Wandel zu einer nachhaltigen Bioökonomie in NRW fördern sind das das Ziel der zwei neuen „FocusLabs“, die ab 2018 für drei Jahre gefördert werden. Angesiedelt sind sie im Bioeconomy Science Center (BioSC). An den FocusLabs sind Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von allen vier Partnerinstitutionen des BioSC beteiligt. Die interdisziplinären Forschungsansätze der FocusLabs erstrecken sich von einer innovativen Technologie, die den weltweiten Einsatz von Fungiziden und Herbiziden signifikant reduzieren soll, bis zum Aufbau neuartiger Wertschöpfungsnetzwerke für die nachhaltige Produktion von Basischemikalien und Pharmazeutika. Mit insgesamt 4,2 Millionen Euro fördert das NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) die beiden neuen FocusLabs.
Das FocusLab greenRelease ist im Themenfeld „Smartes Management der Pflanzenproduktion“ angesiedelt und wird von Dr. Felix Jakob von der RWTH Aachen geleitet. Die Wissenschaftler entwickeln biologisch abbaubare Minibehälter aus Mikrogelen, die mittels Ankerpeptiden an der Oberfläche von Blättern oder Früchten haften und regenfest sind. Aus diesen kleinen Behältnissen können nach Bedarf Herbizide oder Fungizide freigesetzt werden. Die Mikrogele ermöglichen eine genaue Dosierung der Wirkstoffe, sodass der weltweite Einsatz von Pflanzenschutzmitteln signifikant reduziert und die Umwelt geschont werden kann. Die greenRelease-Technologie wird zunächst an Blättern von Äpfeln, Kartoffeln, Zuckerrüben und Gerste getestet. Im FocusLab werden zudem Analysen zu Markteintrittsoptionen und Studien zur Marktakzeptanz der greenRelease-Technologie durchgeführt, um eine mögliche Einführung der greenRelease-Technologie in den Markt zu bewerten.
An diesem FocusLab sind zwei Arbeitsgruppen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) beteiligt. Das Institut für Biochemische Pflanzenphysiologie (Prof. Dr. Georg Groth) befasst sich mit der Unkrautbekämpfung insbesondere im Zuckerrübenanbau. Man will sich hier zunutze machen, dass spezielle Wirkstoffe nur auf Pflanzen mit der sogenannte C4-Photosynthese wirken. Der Großteil der Nutzpflanzen betreibt C3-Photosynthese. Mit solchen Wirkstoffen kann also gezielt das Wachstum von C4-Unkräutern behindert werden, während die Nutzpflanzen unbehelligt bleiben. Im Projekt soll der Einsatz der Wirkstoffe über die Minibehälter erprobt werden.
Prof. Dr. Holger Gohlke und sein Team vom Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie konzentrieren sich auf die Ankerpeptide, mit denen die Minibehälter an den Pflanzenoberflächen angeheftet werden. Mit computergestützten Methoden soll die Struktur dieser Proteine untersucht und Wege zu deren Verbesserung gefunden werden. Außerdem wird simuliert, wie die Minibehälter mit Herbiziden und Fungiziden beladen werden können und wie sie die Wirkstoffe optimal wieder freisetzen.
Weitere Informationen: Webseiten von greenRelease
Das FocusLab HyImPAct, das dem Themenfeld „Modulare Biotransformationen zur Herstellung hochwertiger Chemikalien“ zugeordnet ist, leitet Dr.-Ing. Stephan Noack vom Forschungszentrum Jülich. Es verfolgt das Ziel, „Multi Substrat – Multi Produkt“-Prozesse für integrierte Wertschöpfungsnetzwerke aufzubauen. Dabei werden erstmals biotechnologische und chemische Verfahren zur Etablierung eines hybriden, das heißt gekoppelten Produktionsprozesses zusammengeführt. Ausgehend von dem Zucker D-Xylose können sowohl Basischemikalien, wie zum Beispiel die Aminosäure L-Alanin, als auch hochwertige Substanzen wie Pharmazeutika parallel hergestellt werden. Aus zentralen Synthesebausteinen sollen kleine Bibliotheken von Substanzen generiert und mit externen Partnern auf ihre physiologischen Eigenschaften hin untersucht werden. Für die Produktion werden verschiedene Biokatalysatoren auf der Basis einzelner Enzyme, aber auch ganzer Mikroorganismenzellen bestmöglich miteinander kombiniert. Der hybride Gesamtprozess mit einer wachsenden Palette an Zielprodukten wird fortlaufend unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten analysiert und bewertet.
Von der HHU ist Prof. Dr. Jörg Pietruszka vom Institut Bioorganische Chemie der HHU an der Arbeitsgruppe „Synthetic (chemo-)enzymatic cascades towards selected API“ beteiligt. Er wird sich mit seinem Team vor allem auf die Substanzbibliotheken konzentrieren.
Weitere Informationen: Webseiten von HyImPAct
BioSC FocusLabs
Das Bioeconomy Science Center ist ein Kompetenzzentrum für nachhaltige Bioökonomie in NRW. Es wurde 2010 gemeinsam von den vier Partnern RWTH Aachen University, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Forschungszentrum Jülich gegründet. Es wird über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren vom Land NRW gefördert. In der ersten Förderphase gab es bereits über 40 BioSC-Forschungsprojekte zur integrierten Bioökonomie. In Phase 2 werden mit den FocusLabs größer und länger angesetzte Verbünde gegründet.
Insgesamt werden im Rahmen der zweiten Förderphase des NRW-Strategieprojekts BioSC fünf FocusLab Projekte mit insgesamt über 11 Millionen Euro gefördert, von denen drei FocusLabs bereits in der ersten Ausschreibung ausgewählt wurden (CombiCom, AP3 und Bio2) und im Frühjahr 2017 ihre Arbeit aufgenommen haben. Die neu ausgewählten FocusLabs greenRelease und HyImPAct beginnen Anfang 2018. Alle FocusLabs kooperieren untereinander und werden gemeinsam einen wesentlichen Beitrag zur Implementierung einer nachhaltigen Bioökonomie in NRW leisten. Dabei fokussiert sich das BioSC auf die wissenschaftlichen Themenfelder „Smartes Management der Pflanzenproduktion“, „Integrierte Bioraffinieren für eine nachhaltige Produktion und Prozessierung“ und „Modulare Biotransformationen zur Herstellung hochwertiger Chemikalien“ sowie auf eine Kompetenzplattform „Ökonomie, Strategie und Konzepte“.