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Elektrokrampftherapie bei Depressionen und der Bipolaren Störung: wann und bei wem wirkt sie?
Original Titel:
Self-assessed remission rates after electroconvulsive therapy of depressive disorders.
Die Elektrokonvulsive Therapie, auch Elektrokrampftherapie genannt, wird schon seit fast 90 Jahren häufig erfolgreich zur Behandlung schwerer Depressionen eingesetzt. Allerdings erreichen auch damit nicht alle Patienten Symptomfreiheit. Manche Patienten werden häufig behandelt und leiden trotzdem weiter unter starken Depressionen. Ziel der psychiatrischen Forscher rund um Dr. Nordenskjöld von der Örebrö Universität in Schweden war es nun, die wesentlichen klinischen Faktoren zu ermitteln, die zur Symptomfreiheit nach einer Elektrokrampftherapie beitragen.
Dazu wurden aus dem schwedischen nationalen Qualitätsregister für die Elektrokrampftherapie depressive Patienten ermittelt, die zwischen 2011 und 2014 mit der Therapie behandelt worden waren. Remission, also Symptomfreiheit, wurde mit Hilfe der Montgomery-Åsberg Depressionsbewertungsskala eingeschätzt, in der die Patienten selbst ihre Symptome bewerten konnten. Bei Bewertungen zwischen 0 und 10 infolge der Therapie wurde von Remission ausgegangen. Aus weiteren Datenbanken wurden Informationen zu vorheriger Einnahme von Antidepressiva, Begleiterkrankungen und Details wie Alter und Geschlecht der Patienten ermittelt.
Von insgesamt 1671 Patienten, die den Studienkriterien entsprachen, erreichten 43 %, also fast die Hälfte, die Symptomfreiheit – sie litten nicht mehr unter depressiven Symptomen. Die Patienten, bei denen die Behandlung gut wirkte, waren typischerweise älter, hatten eine Ausbildung von mindestens 9 Jahren hinter sich, litten unter psychotischen Symptomen, und waren eher kürzer als die übrigen Patienten mit Antidepressiva behandelt worden. Bei den Einstellungen der Elektrokrampftherapie schien besonders eine Pulsweite des Reizes von über 0,50 ms gut zu wirken. Zudem war es vorteilhaft, wenn die Patienten keine Tendenz zum Drogenmissbrauch hatten und auch nicht mit Ängsten diagnostiziert worden waren. Medikamente, die bei der Elektrokrampftherapie zu stören schienen, waren die Phasenprophylaxe Lamotrigin und Benzodiazepine. Dies erklärt sich womöglich dadurch, dass die Therapie eine kontrollierte epileptische Welle auslösen soll, die Medikamente aber spezifisch antiepileptisch wirken. Aufgrund der unklaren Datenlage in diesem Bereich sollten aber keine bestehenden Therapien abgesetzt werden, um eine Krampftherapie zu ermöglichen. Die Forscher stellen klar, dass hierzu spezifische Studien nötig wären und ein langsames, kontrolliertes Herunterdosieren. Valproat, Lithium und verschiedene Antidepressiva schienen dagegen keinen Einfluss auf die Häufigkeit von Remissionen durch die Therapie zu haben.
Damit beschrieb diese Studie erstmalig verschiedene Faktoren, die zum Erfolg einer Elektrokrampftherapie beitragen können. Speziell scheinen der psychotische Subtyp der depressiven Erkrankung und höheres Alter vorteilhaft zu sein. Für diese Patienten, speziell auch bei Altersdepressionen, scheint sich die Therapie also anzubieten. Bei jungen Patienten dagegen sollte sehr genau abgewogen werden, ob keine alternative Methode zur Verfügung steht. Weitere Untersuchungen, die eine klare Vorhersage erlauben, wer von der Elektrokrampftherapie auch im jüngeren Alter profitieren kann, sind dringend nötig. Die frei zugängliche Studie bietet damit auch einen Überblick über die möglichen Ansätze zur Therapieoptimierung wie der Pulsweite, die nicht zu kurz gewählt sein sollte. Wenn die Elektrokrampftherapie geplant wird oder bisher nicht zum Erfolg geführt hat, bietet sich also noch Raum für Verbesserungen.
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