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Internationale Forschungsallianz will Altersblindheit überwinden
Wissenschaftler der Universitätsklinika Regenburg und Bern erforschen in einem neuen Verbundprojekt den Einfluss des Immunsystems auf Netzhauterkrankungen. Anfang Februar kamen die dafür in Bern kultivierten Zellproben in Regensburg an. Nun wird hier in Kooperation mit der Schweizer Studienleitung an einer innovativen Therapie gearbeitet.
Es ist alles andere als „heiße Ware“, die Dr. Diana Pauly, Biologin im Labor für Experimentelle Augenheilkunde im Universitätsklinikum Regensburg (UKR), Anfang Februar 2018 persönlich beim Zoll in Leipzig entgegennimmt. In der Thermobox befinden sich auf
minus 78°C Grad heruntergekühlte Gefäße mit Zellen des menschlichen Auges. Ein halbes Jahr Arbeit steckt in diesen Zellteppichen. Die Zellen weisen möglicherweise Merkmale einer Erkrankung auf, von der etwa 8,5 Millionen Menschen in Deutschland betroffen ist: die Altersbedingte Makuladegeneration (AMD), umgangssprachlich auch Altersblindheit genannt. Die Erkrankung ist nicht heilbar und zerstört Sehzellen am Ort des schärfsten Sehens in der Netzhaut, der sogenannten Makula. Die Betroffenen sehen nicht mehr scharf, können kaum noch lesen und keine Gesichter mehr erkennen.
Die Forschungsallianz zweier europäischer Universitätsklinika ist ein wichtiger Schritt, um eine Therapie für diese Patienten zu entwickeln: „In der Augenheilkunde geht man seit kurzem davon aus, dass das Auge über ein eigenes, vom restlichen Körper abgeschottetes Immunsystem verfügt. Wir wollen nun herausfinden, ob eine Überreaktion dieses lokalen Immunsystems zur AMD führt und ob wir die Erkrankung durch bestimmte Antikörper aufhalten können“, fasst Dr. Pauly das gemeinsame Forschungsziel von ihr und Studienleiter Professor Dr. Volker Enzmann, Forschungsleiter für Experimentelle Ophthalmologie des Universitätsspitals Bern, zusammen. Beide Wissenschaftler untersuchen seit Sommer letzten Jahres gemeinsam den Einfluss des Immunsystems auf die Schädigung der menschlichen Netzhaut. Neben Lebensalter, Rauchen, familiärer Vorbelastung und starker Lichteinstrahlung sind auch bestimmte genetische Veränderungen des Immunsystems Risikofaktoren für die AMD.
In Bern erkrankte Zellen werden in Regensburg untersucht
Doch um an einer Therapie zu forschen, braucht es zunächst erkrankte Zellen. Dafür simuliert Professor Enzmann in seinem Labor im Universitätsspital Bern aufwändig an Zellkulturen des menschlichen Auges AMD-auslösende Faktoren. So ahmt er starken Lichteinfall und den Einfluss des lokalen Immunsystems mit speziellen Methoden nach. Anschließend wird im Labor von Dr. Pauly überprüft, ob die Zellen Merkmale für die Altersblindheit aufweisen. „Es dauerte über ein halbes Jahr, bis von uns genügend Zellkulturen angelegt werden konnten, wir sie mit den Risikofaktoren konfrontiert und immer wieder analysiert haben. Hätten die Zellen bei dem anschließenden Spezialtransport von Bern nach Regensburg vor wenigen Tagen im tiefgefrorenen Zustand Schaden genommen, dann hätte uns das weit zurückgeworfen“, ist Professor Enzmann erleichtert, dass es die Reaktionsgefäße unbeschadet ins Regensburger Labor von Dr. Pauly geschafft haben. Hier prüft die Biologin die Zellen nun auf bestimmte Proteine und Immunfaktoren. So soll im Rahmen dieses internationalen Forschungsprojekts herausgefunden werden, ob das Auge tatsächlich über ein lokales Immunsystem verfügt und ob es sich mit bestimmten Antikörpern so beeinflussen lässt, dass sich die AMD zurückbildet. Mit ersten Ergebnissen rechnen Dr. Pauly und Professor Enzmann im Sommer 2019. Die Universitätsklinika Regensburg und Bern haben damit ihre bereits seit zweieinhalb Jahren bestehende Zusammenarbeit bei der Erforschung von pathophysiologischen Veränderungen in der Netzhaut intensiviert.
VELUX-Stiftung fördert Verbundprojekt mit rund 230.000 Schweizer Franken
Finanziert wird das Projekt von der Schweizer VELUX-Stiftung. Von 2012 bis 2016 hat die Stiftung insgesamt 67 Forschungsprojekte mit einer Summe von 19,2 Millionen Schweizer Franken in den Bereichen Tageslicht-Forschung, Gerontologie, Augenheilkunde und Medizin/Biologie gefördert. Mit der Wissenschaftsförderung möchte die Stiftung einen Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung und zum Nutzen der Gesellschaft leisten. Die Stiftung konzentriert sich auf Projekte, die ein hohes Potenzial für Veränderungen haben.