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Pasta-Produktion: Qualitätsansprüche an heimischen Hartweizen auf dem Prüfstand
Neugegründete Expertengruppe unter Leitung der Universität Hohenheim hinterfragt Qualitätskriterien an Hartweizen / Ziel: Stärkung der regionalen Pasta-Produktion
Pasta wird vorwiegend aus importiertem Hartweizen hergestellt, nur langsam steigt der regionale Anbau an. Das Problem: Die hohen Qualitätsansprüche, die an die Hartweizenkörner gestellt werden, damit sie gute Pasta ergeben. Doch viele dieser Qualitätsansprüche sind eher historisch übernommen als experimentell überprüft, weiß PD Dr. Friedrich Longin, Weizen-Experte der Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Unter seiner Führung hat sich nun eine Expertengruppe zusammengefunden, die diese Qualitätskriterien kritisch überprüfen und auf die wirklich notwendigen reduzieren will, um so die regionale Hartweizen- und Teigwarenproduktion zu stärken. Beteiligt sind Vertreter der Teigwaren-Industrie, der Hartweizen-Müllerei und des Maschinenbaus. Diese Offenheit, so PD Dr. Longin, habe in der Getreidebranche Vorbildcharakter.
Pasta erfreut sich immer größerer Beliebtheit in der heimischen Küche. Nur wenige wissen, dass sie aus einer anderen Weizenart hergestellt wird als Brot: Hartweizen, auch als Durum bezeichnet, ist der Hauptrohstoff, der eine schöne gelbe Nudel mit guter Bissfestigkeit garantiert. In Deutschland werden rund 300.000 Tonnen Pasta hergestellt, doch der Hartweizen dafür kommt vor allem aus Südeuropa, Osteuropa oder den USA – mit entsprechend großem CO2-Fußabdruck.
Seit einiger Zeit versuchen die Landwirte, Hartweizen (Triticum turgidum ssp. durum) auch in Deutschland anzubauen. Aktuell auf rund 30.000 Hektar, was gut 25 Prozent des Bedarfs der deutschen Pasta-Produzenten deckt. „Der Hartweizenanbau in Deutschland ist durchaus weiter ausbaubar“, meint PD Dr. Longin, Weizen-Spezialist an der Universität Hohenheim. „Allerdings scheitert es häufig an den vom Handel, den Mühlen und den Teigwaren-Produzenten zahlreich geforderten Qualitätsansprüchen, die die Durumkörner der Landwirte erfüllen müssen. Dabei gibt es zu vielen dieser Qualitätsansprüche in der Wissenschaft keine Daten, und deren Notwendigkeit sollte dringend überprüft werden.“
Expertengruppe will Qualitätsansprüche kritisch hinterfragen
Dafür hat sich nun eine Expertengruppe zusammengefunden, die den gesamten Herstellungsprozess abbildet: Neben der agronomischen Forschung der Universität Hohenheim sind das Max Rubner-Institut aus Detmold, die Saalemühle, Bernbacher Teigwaren, Lubella als führender Teigwarenproduzent und Hartweizenmüller in Polen sowie die Firma Bühler als weltweit größter Mühlen- und Teigwaren-Anlagenbauer mit von der Partie.
„Ziel ist es, die im heimischen Hartweizenanbau bisher geforderten Qualitätsansprüche auf deren Berechtigung zu überprüfen und wenn möglich deutlich auszudünnen, um damit die heimische Hartweizen- und Pasta-Produktion zu stärken“, erklärt Michael Haag, Produktionsleiter der Saalemühle am Standort Aschersleben. „Ein Mega-Trend beim Verbraucher ist Regionalität, und dies versuchen wir auch bei der Pasta nachhaltig zu realisieren.“
Das unterstreicht auch Piotr Romanczuk, Geschäftsführer von Lubella in Polen: „Wir versuchen seit 2005, die regionale Hartweizenproduktion in Polen und den Nachbarländern anzukurbeln und freuen uns, dies nun zusammen mit den deutschen Kollegen angehen zu können. Auch wir haben große Fragen zu den geforderten Qualitätsansprüchen und können zahlreiche Analysen beisteuern, da wir die Mühle, die Teigwaren-Produktion und ein großes Labor an einem Standort haben.“
Beispiel: Qualitätskriterium Glasigkeit deutlich überbewertet
Das erste Treffen der Expertengruppe in der letzten Februarwoche an der Universität Hohenheim lieferte bereits wichtige Erkenntnisse. Anhand langjähriger Sortenversuche konnte am Max Rubner-Institut herausgearbeitet werden, dass die Glasigkeit der Hartweizenkörner kaum einen Zusammenhang mit der Griesausbeute in den Mühlen aufweist. Somit gibt es keine Rechtfertigung, dem Landwirt bei geringen Glasigkeitsdefiziten seiner Durum-Ernte große Preisabschläge zuzumuten.
„Hartweizen wird auch im heimischen Anbau immer glasig“, bestätigt PD Dr. Longin. „Die Glasigkeit der Hartweizenkörner geht beim Landwirt nur verloren, wenn direkt vor der Ernte starker Regen kommt. Dies kann der Landwirt nicht beeinflussen, und es passiert leider immer wieder im heimischen Anbau.“ Gerade in Jahren, in denen witterungsbedingt die Glasigkeit reduziert ist, solle man daher Augenmaß bei der Beurteilung dieser Erntemuster walten lassen: „Das reduziert das Anbaurisiko für die Landwirte und stabilisiert somit nachhaltig den heimischen Anbau.“
Gemeinsames Forschungsthema: Qualitätskriterien Proteingehalt und -qualität
„Als großes Themenfeld für intensive gemeinsame Forschungsarbeit haben wir den Einfluss des Proteingehaltes und der Proteinqualität der Hartweizenkörner auf die Kocheigenschaften der Pasta identifiziert“, führt Reiner Willmann von Bernbacher Teigwaren aus. „Bisher wird vor allem ein sehr hoher Proteingehalt von heimischem Hartweizen verlangt – zum Teil erheblich höher als von importiertem Hartweizen.“
Dieser hohe Proteingehalt erfordert beim Anbau allerdings viel Stickstoffdünger, was mit der neuen Düngeverordnung nicht vereinbar ist und auch wegen der negativen Umwelteinflüsse mehr und mehr hinterfragt wird. „International wird häufig die Proteinqualität mitbewertet und gute Teigwaren mit moderaten Proteinmengen erreicht“, berichtet Daniel Kaufmann von Bühler in Uzwil. „Umso wichtiger ist es, dass wir nun im Rahmen dieser Expertengruppe Forschungsarbeiten starten, wie gute Teigwaren mit moderaten Proteingehalten beim heimischen Hartweizen erreicht werden können.“
Sehr zufrieden zeigt sich auch PD Dr. Longin: „Wir haben gleich im ersten Treffen wichtige Erkenntnisse für die Branche erarbeitet und vier wichtige Forschungsprojekte angestoßen.“ Das sei weit mehr als erwartet und zeige, wie offen die Branche ist und interessiert daran, die regionale Hartweizen- und Pasta-Produktion zu stärken. „Diese Offenheit und der Umsetzungswille sind einmalig in der Getreidebranche und sollten als leuchtendes Beispiel für andere Branchen gesehen werden.“