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Valproat: Vertreter der Mitgliedsstaaten verstärken Warnungen für die Verwendung bei Frauen und Mädchen
Wirkstoff Valproat
27.03.2018 – CMDh Position
Ziel ist, Frauen besser über die Risiken einer Anwendung von Valproat in der Schwangerschaft und über die Notwendigkeit der Verhütung zu informieren
Die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) hat neue Maßnahmen empfohlen, um eine Valproatexposition ungeborener Kinder im Mutterleib zu vermeiden. Eine Valproatexposition ungeborener Kinder kann zu angeborenen Missbildungen und Entwicklungsstörungen führen. Arzneimittel, die Valproat enthalten, sind im Rahmen nationaler Zulassungsverfahren innerhalb der EU zur Behandlung von Epilepsie und bipolaren Störungen, in einigen Ländern auch zur Vorbeugung der Migräne, zugelassen. Zu den neuen Maßnahmen gehört, dass diese Arzneimittel in der Schwangerschaft nicht mehr zur Behandlung der Migräne oder bipolarer Störungen angewendet werden dürfen. Außerdem dürfen sie in der Schwangerschaft nur dann zur Therapie der Epilepsie eingesetzt werden, wenn es keine andere wirksame Behandlung gibt.
Des Weiteren dürfen diese Arzneimittel nicht bei Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter angewendet werden, es sei denn, die Bedingungen des neu eingeführten Schwangerschaftsverhütungsprogramms werden erfüllt. Das Programm soll sicherstellen, dass die Patientinnen umfassend über die Risiken und die Notwendigkeit der Schwangerschaftsvermeidung informiert sind.
Die äußere Verpackung soll durch visuelle Warnhinweise auf das Risiko der Anwendung in der Schwangerschaft (als umrandeter Text hervorgehoben) ergänzt werden. Ergänzend wird eine Patientenerinnerungskarte der äußeren Verpackung beigefügt, so dass die Apotheker die Patientinnen bei jeder Abgabe auf die bestehenden Risiken hinweisen können. Die CMDh stimmte dem Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) zu, der ein Risikobewertungsverfahren durchgeführt und neue Maßnahmen empfohlen hatte, da Patientinnen trotz früherer Empfehlungen weiterhin nicht immer rechtzeitig die erforderlichen Informationen über die mit dem Arzneimittel einhergehenden Risiken erhielten. Die durch die CMDh genehmigten neuen Maßnahmen verstärken die vorherigen Einschränkungen zur Anwendung von Valproat und die Erfordernis Frauen über das Risiko zu informieren.
Die Zulassungsinhaber sind zudem aufgefordert, ergänzende Studien zu Art und Umfang der Risiken durchzuführen und die Anwendung von Valproat und Langzeiteffekte bei betroffenen Schwangerschaften zu überwachen.
Da die CMDh-Position als Mehrheitsbeschluss erzielt wurde, wird sie nun an die Europäische Kommission übermittelt, die eine endgültige rechtlich bindende Entscheidung für die gesamte EU treffen wird.
Informationen für Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe:
- Valproat enthaltende Arzneimittel sind seit vielen Jahren zur Behandlung der Epilepsie, bipolarer Störungen und in einigen Ländern auch zur Migränebehandlung verfügbar. Es ist bekannt, dass eine Anwendung in der Schwangerschaft zu angeborenen Missbildungen und Entwicklungsstörungen nach der Geburt führen kann.
- In der Vergangenheit sind bereits Schritte unternommen worden, um Frauen besser über die Risiken zu informieren und der Anwendung bei Frauen und Mädchen entgegenzuwirken, es sein denn es gibt keine Therapiealternativen. Es gibt jedoch Anhaltspunkte dafür, dass diese Information die Patientinnen noch immer nicht erreichen.
- Valproathaltige Arzneimittel sind deshalb nun kontraindiziert, d.h., sie dürfen nicht bei Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter angewendet werden, es sei denn, die Bestimmungen eines speziellen Schwangerschaftsverhütungsprogramms werden eingehalten.
Diese beinhalten:- Bewertung der Patientinnen hinsichtlich ihrer Gebärfähigkeit.
- Durchführung von Schwangerschaftstests vor Therapiebeginn und bei Bedarf während der Behandlung.
- Beratung über die Risiken einer Behandlung mit Valproat und Aufklärung über die Notwendigkeit einer wirksamen Schwangerschaftsverhütung während der Behandlung.
- Durchführung von mindestens jährlichen fachärztlichen Kontrollen der Behandlung. Einführung eines neuen Bestätigungsformulars, auf dem dokumentiert wird, dass Patientinnen, eine angemessene Beratung durch den verordnenden Arzt erhalten haben und diese verstanden wurde.
- Wie bisher, darf eine Therapie mit Valproat bei Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter nicht angewendet werden, es sei denn, es gibt keine Therapiealternativen.
- In der Schwangerschaft ist Valproat kontraindiziert und eine alternative Behandlung sollte für Frauen, die eine Schwangerschaft planen, nach entsprechender Konsultation eines Spezialisten erwogen werden. Dennoch kann es eine kleine Anzahl von Frauen mit Epilepsie geben, für die keine geeignete Behandlungsalternative zu Valproat zur Verfügung steht. Diese sollten angemessen unterstützt und beraten werden.
- Änderungen gibt es bei den Produktinformationen (Packungsbeilage für Patienten und Fachinformation für Angehörige der Gesundheitsberufe), um diese neuen Bedingungen widerzuspiegeln. Änderungen gibt es ebenso bei der äußeren Verpackung in Form eines visuellen Warnhinweises durch umrandeten Text. Die zuständigen nationalen Zulassungsbehörden werden Details zum visuellen Warnhinweis entsprechend ihrer jeweiligen nationalen Situation genehmigen.
- Schulungsmaterialien in Form von Leitfäden für Patienten und Ärzte werden ebenfalls aktualisiert, um die aktuelle Situation darzustellen und um eine altersgerechte Beratung anbieten zu können. Ergänzend wird eine Patientenerinnerungskarte der äußeren Verpackung beigefügt, so dass Apotheker die Patientinnen bei jeder Abgabe auf die bestehenden Risiken hinweisen können.
- Es ist wichtig, dass Patientinnen alle Bedenken hinsichtlich ihrer Therapie mit ihrem Arzt besprechen. Frauen und Mädchen, denen Valproat verschrieben worden ist, sollten das Arzneimittel nicht absetzen, ohne sich mit ihrem Arzt diesbezüglich abzustimmen, da ein Therapieabbruch zu gesundheitlichen Schäden bei sich selbst oder ihrem ungeborenen Kind führen könnte.
- Angehörige der Gesundheitsberufe werden beizeiten weitere Informationen auf nationaler Ebene erhalten, wenn die Implementierung der Empfehlung erfolgt ist.
Die Zulassungsinhaber müssen ergänzende Studien zu Art und Umfang der von Valproat ausgehenden Risiken durchführen und die Anwendung von Valproat und Langzeiteffekte bei betroffenen Schwangerschaften überwachen. Dies schließt Befragungen von Ärzten und Patienten ein, um die Reichweite und Wirkung der neuen Maßnahmen zu bewerten und die Verwendung von Daten bereits bestehender Register, um angeborene Missbildungen, wie das fetale antikonvulsive Syndrom bei Kindern, deren Mütter Valproat während der Schwangerschaft einnahmen – auch im Vergleich zu anderen Antiepileptika – näher zu charakterisieren. Dazu gehört auch eine retrospektive Beobachtungsstudie, um nach einem möglichen Zusammenhang zwischen Exposition gegenüber Valproat bei Männern und dem Risiko von Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen, einschließlich des Auftretens von Autismus, in der Nachkommenschaft zu suchen. Des Weiteren soll eine Beobachtungsstudie zur Bewertung und Identifizierung von Best-Practice-Vorgaben für den Abbruch und die Umstellung einer Therapie mit Valproat durchgeführt werden. Zusätzlich müssen alle Zulassungsinhaber über einen Risikomanagementplan verfügen, der Maßnahmen zur Gewährleistung einer möglichst sicheren Verwendung des Arzneimittels genau beschreibt und sicherstellt.
Grundlage für die Empfehlungen
Die Maßnahmen basieren auf einer Überprüfung der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, einschließlich Arzneimittelanwendungsstudien und klinischen Nachweisen oder Labortests zu den Wirkungen des Arzneimittels. Während der Überprüfung beriet sich der PRAC umfassend mit Angehörigen der Heilberufe sowie Frauen und deren Kindern, die infolge einer Valproatexposition während der Schwangerschaft geschädigt wurden, im Rahmen von schriftlichen Stellungnahmen, Beratungen mit Experten, Treffen mit Interessengruppen (inklusive Angehörige der Heilberufe, Patientenorganisationen, Patienten und deren Familien) sowie im Rahmen einer öffentlichen Anhörung.
Mehr über das Arzneimittel
Valproat enthaltende Arzneimittel werden zur Behandlung von Epilepsie und bipolarer Störung verwendet. In einigen EU-Mitgliedstaaten sind sie auch zur Prophylaxe von Migräne-Kopfschmerzen zugelassen.
Der Wirkstoff in diesen Arzneimitteln kann Valproinsäure, Magnesiumvalproat, Natriumvalproat, Valproat-Halbnatrium oder Valpromid sein.
Valproathaltige Arzneimittel wurden in allen EU-Mitgliedstaaten sowie in Norwegen und Island über nationale Verfahren zugelassen. Sie werden unter verschiedenen Markennamen vermarktet, einschließlich: Absenor, Convival Chrono, Convulex, Delepsine, Depakin, Depakin, Depakote, Depamag, Depamid, Deprakin, Diplexil, Dipromal, Epilim, Episenta, Epival, Ergenyl, Espa-Valept, Hexaquin, Kentlim, Leptilan, Micropakine LP, Orfiril, Petilin, Valepil, Valhel PR, Valpal, Valpro und Valprolek.
Mehr über das Verfahren
Das Risikobewertungsverfahren Valproat wurde am 9. März 2017 auf Ersuchen der französischen Arzneimittel-Agentur (ANSM) gem. Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EC eingeleitet. Die Überprüfung wurde zunächst vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) durchgeführt, der für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständig ist und dieser hat eine Reihe von Empfehlungen abgegeben. Die Empfehlungen des PRAC wurden an die Koordinierungsgruppe für die gegenseitige Anerkennung und das dezentralisierte Verfahren – Humanmedizin (CMDh) gesandt, die nun auf dieser Grundlage eine Stellungnahme abgegeben hat. Die CMDh ist eine Einrichtung, die die EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen vertritt und ist dafür verantwortlich, harmonisierte Sicherheitsstandards für Arzneimittel zu gewährleisten, die über nationale Verfahren in der EU zugelassen sind.
Da der CMDh-Standpunkt mit Mehrheit angenommen wurde, wird er nun an die Europäische Kommission weitergeleitet, die eine EU-weite rechtsverbindliche Entscheidung treffen wird.
Zum früheren Bewertungsverfahren:
Valproat enthaltende Arzneimittel: Risiken bei Anwendung in der Schwangerschaft
Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) abgerufen werden:
Valproate and related substances