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Am Anfang war die Phasentrennung
Die Frage nach dem Ursprung des Lebens ist eine der ältesten unbeantworteten wissenschaftlichen Fragen. Ein Team der Technischen Universität München (TUM) konnten nun erstmals zeigen, dass die Trennung zwischen wässrigen und öligen Phasen ein höchst effizienter Weg ist, die Auswahl chemischer Bausteine zu kontrollieren und bestimmten Molekülen Vorteile zu verschaffen.
Leben braucht Energie. Ohne Energie können sich Zellen weder bewegen noch teilen, nicht einmal grundlegende Funktionen wie die Produktion einfacher Eiweiße ließe sich aufrechterhalten. Fehlt Energie, zerfallen komplexere Verbindungen, frühes Leben würde schnell wieder verlöschen.
Forscherinnen und Forschern um Job Boekhoven, Professor für Supramolekulare Chemie an der TU München, ist es nun gelungen, mit der sogenannten Phasentrennung einen Mechanismus zu finden, der extrem instabilen Molekülen, wie sie in der Ursuppe vorzufinden waren, eine höheres Maß an Stabilität ermöglicht. Sie konnten länger überleben, auch wenn sie eine Periode ohne Energiezufuhr von außen überstehen mussten.
Das Prinzip Einfachheit
Das Team um Job Boekhoven suchte nach einem einfachen Mechanismus mit primitiven Molekülen, um lebensähnliche Eigenschaften erzeugen zu können. „Sehr wahrscheinlich waren die Moleküle in der Ursuppe auch einfach“, sagt Boekhoven. Zur Untersuchung wählte das Forschungsteam eine Reaktion zwischen verschiedenen Carbonsäuremolekülen und Carbodiimiden, energiereiche Verbindungen, die mit den Carbonsäuren reagieren.
Die bei der Reaktion entstehenden instabilen Anhydride zerfallen schnell wieder in Carbonsäuren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigten, dass diejenigen Anhydride am längsten überlebten, die eine Art Öltröpfchen in wässriger Umgebung bilden konnten.
Moleküle in der Garage
Den Effekt sieht man auch äußerlich: Die anfänglich klare Lösung wird milchig. Der Wassermangel in den Öltröpfchen ist wie ein Schutz. Denn, um wieder in Carbonsäuren zerfallen zu können, brauchen Anhydride Wasser.
Boekhoven erläutert das Prinzip der Phasentrennung an eine Analogie: „Stellen Sie sich ein altes, rostiges Auto vor: Lassen Sie es draußen im Regen, rostet es weiter und zerfällt, denn Rosten ist eine Reaktion die von Wasser beschleunigt wird. Stellt man es in die Garage, hört es auf zu rosten, weil man es physisch vom Regen trennt.“
Ein ähnlicher Prozess tritt im Ursuppen-Experiment auf: In Öltröpfchen (Garage) mit den langkettigen Anhydrid-Molekülen gibt es kein Wasser, so dass die Überlebenszeit länger ist. Konkurrieren die Moleküle miteinander um Energie, überleben diejenigen eher, die sich selbst schützen können, indem sie Öltröpfchen bilden.
Nächstes Ziel: überlebensfähige Informationsträger
Da der Mechanismus der Phasentrennung so einfach ist, lässt er sich möglicherweise auf Molekülansammlungen mit lebensähnlichen Eigenschaften wie DNA, RNA oder sich selbst teilende Bläschen erweitern.
Studien zeigen, dass sich diese Bläschen spontan teilen können. „Als nächstes hoffen wir, aus der primitiven Chemie einen selbstreplizierenden Informationsträger zu schaffen, der bis zu einem gewissen Grad vor Zerfall geschützt ist“, so Boekhoven.
Publikation:
Marta Tena-Solsona, Caren Wanzke, Benedikt Riess, Andreas R. Bausch, Job Boekhoven;
Self-selection of dissipative assemblies driven by primitive chemical reaction networks
Nature Communications, May 23, 2018 – DOI: 10.1038/s41467-018-04488-y
Mehr Informationen:
Diese Arbeit wurde unterstützt durch ein Marie Sklodowska Curie Fellowship der Europäischen Union, durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft über das Internationale Graduiertenkolleg ATUMS und den SFB 863 sowie durch das TUM Institute for Advanced Study, das durch die Deutsche Exzellenzinitiative und das Siebte Rahmenprogramm der Europäischen Union gefördert wird.