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Leukämie
Vitamin D in Forschung und Praxis: wie könnten die Chancen schwer kranker Kinder verbessert werden?
Original Titel:
Vitamin D deficiency in critically ill children: A systematic review and meta-analysis
Wie die Übersichtsstudie beschreibt, sollen Substanzen mit Ähnlichkeit zum Calcitriol (Vitamin D-Form im Körper) nicht für Knochenaufbau und vergleichbare Kalzium-Prozesse genutzt werden. Stattdessen sollen sie im Kampf gegen Leukämiezellen aktiv werden. Vitamin D ist damit keineswegs aus dem Rennen als mögliches Mittel gegen schwere Krankheiten und vor allem auch gegen Krebs. Gerade in Kombination mit Chemotherapie könnte es einen großen Unterschied machen, wie die Studie fand. Derzeit sind mehrere klinische Studien aktiv oder rekrutieren Teilnehmer, um die ergänzende Therapie mit Vitamin D (typischerweise in seiner D3-Form, auch Cholecalciferol genannt) oder analogen Substanzen (beispielweise Inecalcitol oder Paricalcitol) im Rahmen der Behandlung von Leukämie und Lymphomen zu testen. Für Patienten, die nicht an solchen Studien teilnehmen, empfiehlt sich aber eventuell ein Vitamin-D-Test und der Versuch, Blutwerte zu erreichen, die dem Normalwert nahe kommen.
Bei vielen Erkrankungen spielt Vitamin-D-Mangel eine erschwerende Rolle – bei den entzündlichen Krankheiten wie der Psoriasis oder der Multiplen Sklerose, bei Depressionen, aber auch bei Krebserkrankungen scheint eine Unterversorgung mit Vitamin D, dem Sonnenvitamin, häufig zu sein und mit dem Schweregrad der Erkrankung einherzugehen. Welche Rolle spielt Vitamin D aber bei kritisch erkrankten Kindern und wie wirkt es sich auf den Krankheitverlauf aus? Dies untersuchten nun Wissenschaftler aus verschiedenen kanadischen, australischen, irischen und österreichischen Kinderkliniken in einer vergleichenden Übersichtsstudie.
Analyse der Häufigkeit von Vitamin-D-Mangel bei schwer erkrankten Kindern
Die Forscher ermittelten Studien aus den medizinwissenschaftlichen Datenbanken MEDLINE, Embase, und CENTRAL mit Veröffentlichungsdaten bis Dezember 2016. Vorrangig sollte mit der Analyse die Häufigkeit von Vitamin-D-Mangel bei Kindern (im Vergleich zu gesunden Kindern) ermittelt werden, die in der Intensivstation behandelt werden mussten. Weiter wollten die Forscher aber auch erfassen, welchen Einfluss ein solcher Mangel auf Überlebensrate oder auf den weiteren Krankheitsverlauf zeigte.
17 Studien mit fast 3000 junge Patienten in der Intensivstation
Es konnten 2700 Veröffentlichungen zum generellen Thema ermittelt werden. Daraus wurden 17 Studien identifiziert, die den Kriterien für diese Analyse entsprachen. Insgesamt wurden in den Studien 2783 schwerkranke Kinder im kritischen Zustand untersucht. Die meisten Studien beurteilten dabei jeweils ca. 120 individuelle kleine Patienten. Als Grenze für einen Vitamin-D-Mangel setzten sie typischerweise einen Wert von 50 nmol/l 25-Hydroxyvitamin D im Blut an. Die Hälfte der erkrankten Kinder (54,8 %) hatte einen Vitamin-D-Mangel. Dabei waren die mittleren Blutwerte deutlich niedriger als bei gesunden Kindern: im Mittel hatten die kranken Kinder −17,3 nmol/l weniger an dem Vitamin im Blut als die gesunden Kontrollen. Wirkte sich dieser Mangel aber auch auf den Schweregrad der jeweiligen Erkrankung aus? Dazu führten die Forscher eine detaillierte Metaanalyse durch, in der sie die Zusammenhänge zwischen Vitaminmangel und Krankheit genauer bestimmten. Tatsächlich ging der Mangel an Vitamin D mit erhöhter Sterblichkeit einher – Kinder mit niedrigen Vitamin-D-Mengen hatten also ein deutlich erhöhtes Risiko, an ihrer jeweiligen Erkrankung zu sterben. Auch der Schweregrad der Krankheit und die Notwendigkeit, intensivmedizinische Behandlungen durchzuführen, waren höher mit niedrigem Vitamin-D-Wert.
Schweregrad der Krankheit höher mit niedrigem Vitamin-D-Wert
Selbstverständlich ergibt sich ein Vitamin-D-Mangel bei schwer erkrankten Kindern fast automatisch – wer in der Intensivstation betreut wird, kann nicht in der Sonne spielen und so eigenständig Vitamin D produzieren. Trotzdem reiht sich diese Studie in eine lange Reihe von Untersuchungen zur Relevanz von Vitamin D ein, die nahelegen, dass eine normalisierte Menge an Vitamin D vermutlich die Chancen von Kindern auf Stabilisierung ihrer Krankheit bessern könnten. Ob dies wirklich so einfach funktioniert? Klinische Studien mit gezielter zusätzlicher Gabe von Vitamin D werden dies genauer untersuchen müssen, bevor klare Antworten gegeben werden können.
Seit langem offene Frage: hilft mehr Vitamin D kranken Kindern?
Vitamin D wird im Körper weiter zu 1α,25-Dihydroxyvitamin D3 (Calcitriol) umgebaut. Wie Brown und Kollegen kürzlich in einem Buchkapitel (2018, Liao E. (eds): Extraskeletal Effects of Vitamin D) ausführten, wurde diese Substanz in verschiedenen Studien als Wachstumshemmer für Krebszellen beschrieben. Auch akute myeloide Leukämiezellen können davon angeregt werden, sich in normale Zellen der Immunabwehr (Makrophagen-artig) weiterzuentwickeln. Bisherige klinische Tests verliefen jedoch häufig enttäuschend – eine therapeutisch wirksame Dosis der Substanz zu erreichen, wird von den komplexen Interaktionen des Calcitriols mit dem Kalziumstoffwechsel und Knochenaufbau unterlaufen. Das Calcitriol wird also vom Körper in höherer Menge von anderen Prozessen verwendet, statt die zusätzliche Dosis zur Hemmung der Krebszellen einzusetzen.
Eine mögliche Lösung: Herstellung ähnlicher, dem Calcitriol analoger, Substanzen
Wie die Übersichtsstudie beschreibt, sollen also Substanzen mit Ähnlichkeit zum Calcitriol (Vitamin D-Form im Körper) nicht für Knochenaufbau und vergleichbare Kalzium-Prozesse genutzt werden. Stattdessen sollen sie im Kampf gegen Leukämiezellen aktiv werden. Vitamin D ist damit keineswegs aus dem Rennen als mögliches Mittel gegen schwere Krankheiten und vor allem auch gegen Krebs. Gerade in Kombination mit Chemotherapie könnte es einen großen Unterschied machen, wie die Studie fand. Derzeit sind mehrere klinische Studien aktiv oder rekrutieren Teilnehmer, um die ergänzende Therapie mit Vitamin D (typischerweise in seiner D3-Form, auch Cholecalciferol genannt) oder analogen Substanzen (beispielweise Inecalcitol oder Paricalcitol) im Rahmen der Behandlung von Leukämie und Lymphomen zu testen. Für Patienten, die nicht an solchen Studien teilnehmen, empfiehlt sich aber eventuell ein Vitamin-D-Test und der Versuch, Blutwerte zu erreichen, die dem Normalwert nahe kommen.
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