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Leukämie
Langfristige Nervenschäden infolge mancher Chemotherapeutika in der Kindheit
Original Titel:
Chemotherapy-Induced Peripheral Neuropathy in Long-term Survivors of Childhood Cancer Clinical, Neurophysiological, Functional, and Patient-Reported Outcomes
Diese Studie fand bei Menschen, die eine Krebserkrankung in der Kindheit überlebt haben, häufig Auffälligkeiten, die einer peripheren Neuropathie zugeschrieben werden können. Solche Schädigungen konnten langfristig bestehen bleiben, zu Funktionsstörungen führen und sich als die Lebensqualität beeinflussende Effekte auch in Patientenberichten wiederfinden. Bei der Untersuchung ehemaliger Krebspatienten ist also auch lange nach dem Ende der Behandlung bedeutsam, welche Art der Medikation sie als Chemotherapie erhalten hatten und ob neurologische Symptome bestehen. In diesem Bereich müssen also zur Erforschung von Nervenschutz und Rehabilitationsstrategien und zur Unterstützung ehemaliger Krebspatienten weitere Untersuchungsmethoden für die mögliche periphere Neuropathie bei Kindern und Jugendlichen entwickelt werden. Schon jetzt empfiehlt es sich aber, bei ehemaligen Krebspatienten mit möglicherweise neurotoxischer Chemotherapie bei Auffälligkeiten in Reizwahrnehmung in Füßen und Händen oder im Gleichgewicht den behandelnden Arzt darauf anzusprechen. Ein Neurologe könnte hierzu sicher passende unterstützende Therapieansätze empfehlen und verschreiben.
Eine Krebserkrankung in der Kindheit ist glücklicherweise inzwischen häufig gut behandelbar – ehemalige junge Krebspatienten haben meistens eine gute Aussicht darauf, lange zu überleben. Umso bedeutsamer wird nun aber, die langfristigen Folgen von Erkrankung und Behandlung auf die Gesundheit, Funktionalität und die Lebensqualität zu ermitteln und, wo möglich, zu verbessern. Ziel dieser Studie war es, die Häufigkeit einer möglichen, speziellen Nebenwirkung von Chemotherapie, der peripheren Neuropathie, bei Überlebenden einer Krebserkrankung in der Kindheit zu ermitteln. Auch die Belastung durch solche Schäden sollten erfasst werden, um zukünftige Untersuchungsschwerpunkte empfehlen zu können.
Querschnittsstudie über Folgeschäden bei Überlebenden von Krebserkrankungen in der Kindheit
Zu dieser Querschnittsstudie wurden Menschen zwischen April 2015 und Dezember 2016 eingeladen, die als Kinder oder Jugendliche gegen Krebs mit einer Chemotherapie behandelt wurden und diesen besiegt hatten. Die untersuchenden Personen waren nicht darüber informiert, welche Art der Chemotherapie der jeweilige Patient erhalten hatte. Insgesamt 169 Patienten konnten aus einer auf Krebs-Überlebende spezialisierte Klinik identifiziert werden, von denen 48 (28,4 %) nicht an der Studie teilnehmen konnten oder wollten. Die Daten der Studienteilnehmer wurden mit einer Gruppe gesunder Menschen in vergleichbarem Alter verglichen.
Im Fokus standen speziell solche Chemotherapie-Medikamente, die als giftig für periphere Nerven (außerhalb des Gehirns) bekannt sind. Die früheren Patienten wurden auf Schäden der peripheren Nerven untersucht. Dazu wurde der TNS (total neuropathy score), also ein Gesamtwert der Nervenschädigung, bestimmt und zwischen Patientengruppen, die unterschiedliche neurotoxische Chemotherapie-Medikamente erhalten hatten, und den gesunden Kontrollteilnehmern verglichen. Dabei wurden verschiedene Maße verglichen: neurophysiologische Messwerte, Funktion der Nerven und Patientenberichte.
Zeigt sich die Wirkung von nervengiftiger Chemotherapie bei Krebs-Überlebenden?
Die 121 Menschen, die als Kinder eine Krebskrankheit überlebt hatten (65 Männer, 53,7 %), wurden im mittleren Alter von 16 Jahren (zwischen 7 und 47 Jahren) auf eventuelle Nervenschäden untersucht. Im Schnitt fand diese Untersuchung 8,5 Jahre (zwischen 1,5 und 29 Jahre) nach Beendigung der Krebsbehandlung statt. Die wesentlichen Nervengifte, mit denen die früheren Krebspatienten behandelt worden waren, waren sogenannte Vinca-Alkaloide und auf Platin basierende Substanzen. Klinische Auffälligkeiten, die mit einer peripheren Nervenschädigung zusammenhängen können, waren häufig zu sehen. Immerhin 54 von 107 Teilnehmern (50,5 %), die mit nervenschädigenden Medikamenten behandelt worden waren, zeigten solche Anzeichen. Im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe war dabei der mittlere Gesamtwert der Nervenschäden (TNS) um 2,1 Punkte erhöht. Die Schäden führten am häufigsten zu Einschränkungen der Sinneswahrnehmung in den Beinen, die auch neurophysiologisch messbar waren: die Stärke der Reizleitung (ein messbarer elektrischer Strom) in den Nerven nahm um 5,8 μV ab. Funktionell wurden vor allem Einbußen in der Geschicklichkeit der Hände beobachtet, Sinneswahrnehmung an weiter vom Gehirn entfernten Stellen (sogenannte distale Sensorik, beispielsweise Tastsinn der Hände), aber auch das Gleichgewicht war häufiger beeinträchtigt. Auch dies kann im Zusammenhang mit der Sinneswahrnehmung der Position und Spannung von Muskeln und Ähnlichem stehen. In den Patientenberichten wurden entsprechend auch Einbußen in der allgemeinen Lebensqualität und körperlichen Funktionalität gesehen, die mit dem jeweiligen Gesamtwert der Nervenschädigung TNS im Zusammenhang standen. Welches Medikament war in diesem Kontext am auffälligsten? Besonders Cisplatin schien langfristige Nervenschäden hervorzurufen, häufiger als Medikamente auf Basis der Vinca-Alkaloide.
Schädigung der peripheren Nerven häufig bei ehemaligen jungen Krebspatienten
Zusammenfassend fand die Studie also bei Menschen, die eine Krebserkrankung in der Kindheit überlebt haben, häufig Auffälligkeiten, die einer peripheren Neuropathie zugeschrieben werden können. Solche Schädigungen konnten langfristig bestehen bleiben, zu Funktionsstörungen führen und sich als die Lebensqualität beeinflussende Effekte auch in Patientenberichten wiederfinden. Bei der Untersuchung ehemaliger Krebspatienten ist also auch lange nach dem Ende der Behandlung bedeutsam, welche Art der Medikation sie als Chemotherapie erhalten hatten und ob neurologische Symptome bestehen. In diesem Bereich müssen also zur Erforschung von Nervenschutz und Rehabilitationsstrategien und zur Unterstützung ehemaliger Krebspatienten weitere Untersuchungsmethoden für die mögliche periphere Neuropathie bei Kindern und Jugendlichen entwickelt werden. Schon jetzt empfiehlt es sich aber, bei ehemaligen Krebspatienten mit möglicherweise neurotoxischer Chemotherapie bei Auffälligkeiten in Reizwahrnehmung in Füßen und Händen oder im Gleichgewicht den behandelnden Arzt darauf anzusprechen. Ein Neurologe könnte hierzu sicher passende, unterstützende Therapieansätze empfehlen und verschreiben.
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