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Xofigo®: EMA bestätigt Anwendungsbeschränkungen zur Behandlung von Prostatakrebs
Wirkstoff Radium-223-dichlorid
30.07.2018 – CHMP Stellungnahme
Die Europäische Arzneimittelagentur hat ihre Überprüfung des Krebsarzneimittels Xofigo® (Radium-223-Dichlorid) abgeschlossen und empfohlen, seine Anwendung auf Patienten zu beschränken, die zuvor bereits zwei Behandlungen gegen metastasierenden Prostatakrebs (Prostatakrebs, der sich bis auf den Knochen ausgebreitet hat) erhalten haben oder für die keine anderen Behandlungsoptionen in Frage kommen.
Xofigo darf nicht mit den Arzneimitteln Zytiga® (Abirateronacetat) und den Kortikosteroiden Prednison oder Prednisolon verwendet werden. Xofigo sollte ferner nicht mit anderen systemischen Krebstherapien eingesetzt werden, ausgenommen sind Behandlungen zur Erhaltung eines reduzierten männlichen Hormonspiegels (Hormontherapie). Das Arzneimittel sollte in Übereinstimmung mit der aktuellen Indikation auch nicht bei Patienten ohne Symptome und nicht bei Patienten mit einer geringen Anzahl von (osteoblastischen) Knochenmetastasen zum Einsatz kommen.
Die Überprüfung von Xofigo® wurde vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRACC) der EMA durchgeführt, nachdem Daten aus einer klinischen Studie darauf hindeuteten, dass Patienten, denen Xofigo® in Kombination mit Zytiga® und Prednison/Prednisolon verabreicht wurde, früher sterben könnten und mehr Frakturen hatten als Patienten, die Placebo (eine Scheinbehandlung) mit Zytiga® und Prednison/Prednisolon erhielten. Im Gegensatz zur zugelassenen Indikation, welche die Anwendung von Xofigo® nur bei Patienten mit Symptomen erlaubt, schloss diese Studie sowohl Patienten ohne Symptome als auch mit leichten Symptomen ein. In dieser Studie verstarben Patienten, die mit Xofigo® in Kombination mit Zytiga® (Abirateronacetat) und Prednison/Prednisolon behandelt wurden, durchschnittlich 2,6 Monate früher als Patienten, die Placebo in Kombination mit Zytiga® und Prednison/Prednisolon erhielten. In der Studie starben Patienten, die die Kombination mit Xofigo® erhielten, durchschnittlich 2,6 Monate früher als Patienten, die die Kombination mit Placebo erhielten. Darüber hinaus traten bei 29% der Patienten, die die Xofigo-Kombination erhielten, Knochenbrüche auf, verglichen mit 11% der Patienten, die die Placebo-Kombination erhielten.
Es wird angenommen, dass Xofigo®, welches vom Knochen aufgenommen wird, sich verstärkt an Stellen ansammelt, an denen der Knochen bereits vorgeschädigt ist (z.B. durch Osteoporose oder Mikrofrakturen), und dadurch das Risiko einer Knochenfraktur erhöht. Die Gründe für die mögliche frühere Sterblichkeit in dieser Studie sind noch nicht vollständig geklärt. Das pharmazeutische Unternehmen, das Xofigo® vermarktet, wurde verpflichtet, weitere Studien durchzuführen, um diese Ereignisse weiter zu charakterisieren und die dahinter stehenden Mechanismen zu klären.
Die Empfehlungen des PRAC wurden nun vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA gebilligt und werden der Europäischen Kommission zur endgültigen rechtlichen Entscheidung übermittelt.
Informationen für Patienten
- Das Prostatakrebsarzneimittel Xofigo kann das Risiko von Knochenbrüchen erhöhen. Auch Xofigo® in Kombination mit dem Krebsmedikament Zytiga® und einem Kortikosteroid-enthaltenden Arzneimittel (Prednison oder Prednisolon) gegen Prostatakrebs könnte möglicherweise das Risiko des Todes erhöhen.
- Ihr Arzt wird die Kombination von Xofigo und den beiden anderen Arzneimitteln gegen Prostatakrebs nicht anwenden. Darüber hinaus wird Xofigo®, das allein oder mit Arzneimitteln, die als „Luteinisierendes Hormon freisetzendes Hormon (LHRH) Analoga“ bezeichnet werden, Patienten vorbehalten sein, die mindestens zwei frühere Behandlungen gegen Prostatakrebs erhalten haben, der sich bis zum den Knochen ausgebreitet hat, oder die für keine anderen Behandlungsoptionen in Frage kommen.
- Xofigo® darf nur dann angewendet werden, wenn der sich ausbreitende Krebs Symptome verursacht; je nachdem, wie sich der Krebs auf den Knochen ausgebreitet hat, wird Ihr Arzt entscheiden, ob Xofigo® die richtige Behandlung für Sie ist.
- Vor, während und nach der Behandlung mit Xofigo® wird Ihr Arzt Tests durchführen, um den Gesundheitszustand Ihrer Knochen zu überprüfen. Abhängig von den Ergebnissen dieser Tests kann die Xofigo-Behandlung unterbrochen oder beendet werden, und Sie können eine alternative Behandlung erhalten.
- Vor Beginn und während der Behandlung mit Xofigo® kann Ihr Arzt Ihnen auch ein Arzneimittel zum Schutz Ihrer Knochen vor Frakturen verschreiben.
- Wenn Sie vor, während oder nach der Behandlung mit Xofigo® neue oder ungewöhnliche Knochenschmerzen oder Schwellungen verspüren, sollten Sie Ihren Arzt aufsuchen.
- Wenn Sie Fragen oder Bedenken zu Ihrer Behandlung haben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker.
Informationen für medizinisches Fachpersonal
- Der Einsatz von Xofigo® ist mit einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche verbunden. Ein möglicherweise erhöhtes Todesrisiko wurde auch in einer klinischen Studie beobachtet, in der Xofigo in Kombination mit Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon bei Patienten mit asymptomatischem oder leicht symptomatischem kastrationsresistentem Prostatakrebs untersucht wurde.
- Xofigo® sollte nur als Monotherapie oder in Kombination mit einem LHRH-Analogon zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasierendem kastrationsresistentem Prostatakrebs (mCRPC), symptomatischen Knochenmetastasen und keinen bekannten viszeralen Metastasen verwendet werden, die sich nach mindestens zwei vorherigen systemischen Therapielinien für mCRPC (außer LHRH-Analoga) in Progression befinden oder nicht für eine andere verfügbare systemische mCRPC-Behandlung geeignet sind.
- Xofigo® ist kontraindiziert in Kombination mit Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon. Darüber hinaus sollte Xofigo nicht in den ersten 5 Tagen nach der letzten Dosis von Abirateron und Prednison/Prednisolon begonnen werden. Ebenso sollte eine anschließende systemische Krebsbehandlung erst nach Ablauf von 30 Tagen nach der letzten Verabreichung von Xofigo® begonnen werden.
- Xofigo® wird nicht empfohlen bei Patienten mit einem niedrigen Gehalt an osteoblastischen Knochenmetastasen und bei Patienten mit ausschließlich asymptomatischen Knochenmetastasen. Es wird auch nicht in Kombination mit anderen systemischen Krebstherapien außer LHRH-Analoga empfohlen.
- Bei leicht symptomatischen Patienten sollte der Nutzen der Behandlung sorgfältig gegen ihre Risiken abgewogen werden, da eine hohe osteoblastische Aktivität wahrscheinlich für den Behandlungsnutzen erforderlich ist (siehe unten für weitere Informationen).
- Vor Beginn und während der Behandlung mit Xofigo® sollte eine Beurteilung des Knochenstatus (z.B. durch Szintigraphie, Knochendichtemessung) und den Risikofaktoren einer Fraktur (z.B. Osteoporose, weniger als 6 Knochenmetastasen, medikamentöse Erhöhung des Frakturrisikos, niedriger Body-Mass-Index) durchgeführt werden. Patienten sollten mindestens 24 Monate auf ihr Frakturrisiko hin überwacht werden.
- Bei Patienten mit einem hohen Basisrisiko für Frakturen sollten Sie den Nutzen der Behandlung sorgfältig gegen die Risiken abwägen.
- Die gleichzeitige Verwendung von Bisphosphonaten oder Denosumab reduziert die Häufigkeit von Frakturen bei Patienten, die mit Xofigo® behandelt wurden. Daher sollten solche vorbeugenden Maßnahmen vor Beginn oder Wiederaufnahme der Behandlung mit Xofigo in Betracht gezogen werden.
Die Empfehlungen der Agentur basieren auf der Auswertung von Daten aus einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie (ERA-223), die eine erhöhte Inzidenz von Frakturen (28,6% vs. 11,4%), eine mögliche Reduktion des medianen Gesamtüberlebens (30,7 Monate vs. 33,3 Monate, HR 1,195, 95% Konfidenzintervall (CI) 0.950 – 1,505, p=0,13) und ein erhöhtes Risiko einer radiologischen Nicht-Knochenprogression (HR 1,376 [95% CIs 0,972, 1,948], p=0,07) bei Patienten, die Xofigo in Kombination mit Abirateronacetat plus Prednison/Prednisolon (n=401) erhielten, verglichen mit Patienten, die Placebo in Kombination mit Abirateronacetat plus Prednison/Prednisolon (n=405) erhielten. Ein erhöhtes Frakturrisiko wurde insbesondere bei Patienten mit Osteoporose und bei Patienten mit weniger als 6 Knochenmetastasen festgestellt.
In einer weiteren randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie (ALSYMPCA) konnte in den Untergruppen von Patienten mit weniger als 6 Metastasen (HR für Radium-223 bis Placebo 0,901; 95% CI[0,553 – 1,466], p=0,674) oder einem alkalische Phosphatase (ALP) Wert von <220 U/L zu Beginn der Studie (HR 0,823 95% CI 0,633-1,068, p=0,142) kein statistisch signifikanter Gesamtüberlebensvorteil der Behandlung mit Xofigo nachgewiesen werden, was darauf hinweist, dass die Wirksamkeit bei Patienten mit einer geringen osteoblastischen Aktivität Ihrer Knochenmetastasen vermindert sein kann.
Mehr über das Arzneimittel:
Xofigo® wird derzeit zur Behandlung erwachsener Männer mit Prostatakrebs (Krebs einer Drüse des männlichen Fortpflanzungssystems) angewendet. Es ist zugelassen, wenn eine medizinische oder chirurgische Kastration (Beenden der Bildung männlicher Hormone im Körper mit Hilfe von Arzneimitteln oder chirurgischen Eingriffen) nicht funktioniert und wenn der Krebs sich auf die Knochen ausgebreitet hat und Symptome wie Schmerzen verursacht, aber nicht bekannt ist, dass er sich in anderen inneren Organen ausgebreitet hat.
Xofigo® wurde im November 2013 in der Europäischen Union zugelassen. Ergänzende Informationen finden sich auf der Webseite der EMA:
Mehr über das Verfahren:
Die Überprüfung von Xofigo wurde am 1. Dezember 2017 auf Antrag der Europäischen Kommission, Article 20 of Regulation (EC) No 726/2004, eingeleitet.
Die Überprüfung wurde zunächst vom Pharmakovigilanz-Risikobewertungsausschuss (PRAC), dem für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständigen Ausschuss, durchgeführt. Im März 2018 empfahl der PRAC, die Verwendung von Xofigo mit Zytiga® und Prednison/Prednisolon als vorläufige Maßnahme bis zum Abschluss der Überprüfung zu kontraindizieren.
Die endgültigen PRAC-Empfehlungen wurden am 12. Juli 2018 angenommen und dann an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) weitergeleitet, der für Fragen zu Humanarzneimitteln zuständig ist und die Stellungnahme der Agentur annahm. Die Stellungnahme des CHMP wird nun an die Europäische Kommission weitergeleitet, die eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung erlassen wird, die in allen EU-Mitgliedstaaten gilt. Die letzte Stufe des Risikobewertungsverfahrens ist die Annahme einer rechtsverbindlichen Entscheidung durch die Europäische Kommission, die in allen EU-Mitgliedstaaten gilt.
Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) abgerufen werden:
Pressemitteilung der Bayer AG (PDF, 36KB, barrierefrei ⁄ barrierearm)