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KHK / Herzinfarkt

Erhöhtes Risiko für Herzinfarkt-Patienten durch altersbedingte Makuladegeneration

Original Titel:
Mortality associated with bevacizumab intravitreal injections in age-related macular degeneration patients after acute myocardial infarct: a retrospective population-based survival analysis.

Begleiterkrankungen können sich negativ auf den Krankheitsverlauf nach einem Herzinfarkt auswirken. Dies gilt vermutlich auch für die altersbedingte feuchte Makuladegeneration (AMD), eine Augenerkrankung, wie die vorliegende Studie zeigte. Herzinfarkt-Patienten, die mit einem VEGF-Hemmer gegen die AMD behandelt wurden, hatten nämlich ein größeres Sterberisiko als Herzinfarkt-Patienten, die mit diesem Wirkstoff nicht in Berührung kamen.


Derzeit ist die wichtigste Therapie der altersbedingten feuchten Makuladegeneration (AMD) die Injektion von Antikörpern gegen einen Wachstumsfaktor für Blutgefäße, das VEGF (vom englischen vascular endothelial growth factor). Diese Mittel, beispielsweise Bevacizumab oder Aflibercept, binden sich also an das VEGF und verhindern so seine Wirkung und ermöglichen es auch dem körpereigenen Abwehrsystem, das VEGF als ‚feindlich‘ zu erkennen und abzubauen. Lokal im Auge, wo das Mittel injiziert wird, wird damit die krankhaft gesteigerte Neubildung der Blutgefäße unterbunden. Das Krankheitsbild der AMD bessert sich damit typischerweise deutlich.

Können VEGF-Hemmer zur Behandlung der altersbedingten feuchten Makuladegeneration auch bei Herzinfarkt-Patienten eingesetzt werden?

Fraglich ist allerdings, ob ein solches Mittel, das in die Blutgefäßbildung und -reparatur eingreifen kann, auch für Patienten mit einer bestehenden Gefäßerkrankung sinnvoll oder doch eher riskant ist. Dazu führte eine israelische Forschergruppe rund um den Ophthalmologen Dr. Hanhart eine Studie durch, in der sie speziell die Gesundheitsdaten von Patienten mit einem Myokardinfekt, zu Deutsch Herzinfarkt, und Behandlung mit dem VEGF-Hemmer Bevacizumab analysierten.

Die Forscher verglichen herzinfarkt-Patienten, die mit Bevacizumab behandelt wurden, mit denen, die diesen Wirkstoff nicht bekamen

Um zu ermitteln, wie sich die AMD-Behandlung auf die Sterblichkeit der Herzinfarkt-Patienten auswirkte, erfassten die Wissenschaftler aus einer nationalen Datenbank in Israel 2100 mit Bevacizumab-behandelte Patienten, die vor ihrer ersten Bevacizumab-Injektion eine Herzinfarktdiagnose erhalten hatten. Die erste AMD-Behandlung erfolgte zwischen September 2008 und Oktober 2014. Diese große Patientengruppe wurde dann aufgeteilt in solche Patienten, die innerhalb von 3 Monaten im Anschluss an den Infarkt gegen AMD behandelt worden waren (11 Patienten), innerhalb eines halben Jahres (24 Patienten), innerhalb eines Jahres (52 Patienten) und 2 Jahre nach dem Infarkt (124 Patienten). Dieses zeitlich gruppierten Patienten wurden mit Kontrollgruppen verglichen, in denen die Patienten in ähnlichem Alter, eine ähnlich Geschlechterverteilung aufwiesen, zur selben Zeit einen Infarkt erlitten hatten, aber nie mit VEGF-Hemmern behandelt worden waren.

Herzinfarkt-Patienten, die mit VEGF-Hemmern behandelt wurden, hatten ein höheres Sterberisiko

Im mathematischen Vergleich der Behandlungsgruppen (mit Bevacizumab zu unterschiedlichen Zeitpunkten oder ohne) zeigte sich, dass die Patienten, die kurz (innerhalb von 3 Monaten) nach ihrem Herzinfarkt mit dem VEGF-Hemmer behandelt worden waren, häufiger verstarben als die Patienten, die erst nach einem halben Jahr oder später oder nie mit einem solchen VEGF-Hemmer in Kontakt kamen. Allerdings schien die AMD-Behandlung auch generell für Herzinfarktpatienten ein erhöhtes Risiko darzustellen. Allgemein war die Sterblichkeit von Herzinfarktpatienten mit VEGF-Hemmer-Behandlung erhöht im Vergleich zu den Patienten, die nicht solche Medikamente erhielten.

Herzinfarkt-Patienten sollten die Behandlung mit VEGF-Hemmern überdenken

Zusammenfassend zeigte diese neue Studie also, dass Menschen nach einem Herzinfarkt eher versterben, wenn sie auch gegen AMD behandelt wurden. Wenn Patienten also unter Herzinfarktrisiken leiden bzw. bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, sollte also die Behandlung mit VEGF-Hemmern überdacht werden. Wie kann man dieses Ergebnis nun aber genau verstehen? Einerseits berichteten andere Studien kürzlich, dass die Behandlung eines Auges mit VEGF-Hemmern keinen Einfluss auf den Blutfluss des anderen Auges hat. Die körpereigene Abwehr baut also recht schnell solche Medikamente ab, so dass nur noch sehr geringe Mengen den Weg aus dem behandelten Auge in andere Organe finden. Ein massiver Einfluss auf das Herz ist also nicht leicht vorstellbar.

Möglicherweise ist die Erkrankung an Makuladegeneration selbst bereits ein Risikofaktor

Woher aber nun der Effekt auf am Herzen erkrankte Menschen? Die Kontrollgruppe, die in dieser Studie zum Vergleich herangezogen wurde, wurde nicht nur nicht mit VEGF-Hemmern behandelt, sie litt nicht einmal unter Makuladegeneration. Es ist also denkbar, dass einerseits die AMD selbst ein Hinweis auf erhöhtes Risiko für Herzinfarkt-Patienten darstellt, und andererseits die Behandlung der AMD, Injektionen in das betroffene Auge, und die Sorge um das eigene Sehvermögen eine große Belastung darstellen, die dem erkrankten Herz zusätzlich schaden.

Welche Erklärung nun zutrifft, müssen zukünftige, besser kontrollierte Studien ermitteln. Bis dahin lässt sich aber annehmen, dass eine aktive AMD-Erkrankung bei Herzinfarkt-Patienten ein zusätzliches Risiko darstellen könnte, das den Fokus von den Augen auf das Herz schiebt und eine besonders sorgsame Behandlung und Aufmerksamkeit erforderlich macht.

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