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Unbeschwerter Alltag durch schonende OP
Schrittmacher hilft bei Blasenschwäche
Viele, vor allem ältere Menschen, kennen die Situation: Gerade war noch alles in Ordnung und plötzlich quält ein unerträglicher Harndrang, der oft nicht kontrollierbar ist. In Deutschland leiden über 30 Prozent aller Frauen, zum Teil auch jüngeren Alters, an einer Harninkontinenz. Am Beckenbodenzentrum der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Ulm hat Oberärztin Dr. Miriam Deniz am 23. August Ulms ersten sogenannten Blasenschrittmacher implantiert. Das OP-Verfahren kann Betroffenen helfen, bei denen konventionelle Behandlungen bisher keine Wirkung gezeigt haben.
Wer an einer überaktiven Blase leidet, muss sehr häufig und dringend zur Toilette und kann dabei teilweise auch den Urin nicht halten. Die Therapie dieser Erkrankung erfordert viel Geduld, denn oft reichen auch medikamentöse Behandlungsoptionen nicht aus, um die Lebensqualität der Betroffenen wieder herzustellen. „Wir können Patientinnen, bei denen bisher nichts anderes angeschlagen hat, nun mit einem Blasenschrittmacher wirkungsvoll behandeln. Ähnlich wie ein Herzschrittmacher kann dieser die Blasenfunktion mit Hilfe von feinen Elektroden, die die Nerven der Blase und der Blasenmuskulatur mit elektrischen Impulsen stimulieren, wieder vollständig herstellen“, erklärt die Leiterin des Beckenbodenzentrums, Dr. Deniz. Nach der Operation können die Patientinnen, die meist einen langen Leidensweg hinter sich haben, wieder ein unbeschwerteres Leben führen. Die Therapieform bringt kaum Komplikationen mit sich und kann auch bei Stuhlinkontinenz und Blasenentleerungsstörungen eingesetzt werden.
Am 23. August hat Dr. Deniz erstmals zwei ihrer Patientinnen einen Blasenschrittmacher, in der Fachsprache „Sakrale Neuromodulation“ genannt, eingesetzt. „Um zu testen, ob die Behandlung anschlägt, implantieren wir zunächst eine Elektrode, die mit einem Schrittmacher außerhalb des Körpers verbunden ist“, erklärt Frau Dr. Deniz. „In der anschließenden ‚Testphase‘ von zwei bis vier Wochen überprüfen wir, ob die Therapie anschlägt. Ist dies der Fall, setzen wir den Blasenschrittmacher unter der Haut im Bereich des Kreuzbeines ein.“ Nach der schonenden, minimalinvasiven Operation ist das kleine Gerät von außen nicht zu sehen und nach einer Weile spüren die Patientinnen auch das leichte Kribbeln, das es auslöst, nicht mehr. Denn der Schrittmacher stellt Kontakt zu den Nerven her, die vom Kreuzbein zur Blase und zur Blasenmuskulatur führen, und gibt immer wieder schwache elektrische Impulse ab. Durch diese Stimulation kann die Muskelaktivität nun wieder besser kontrolliert und die Beschwerden einer überaktiven Blase behoben werden.
Bisher wird die sehr wirkungsvolle Operation deutschlandweit nur in wenigen spezialisierten Zentren durchgeführt, zu denen nun auch das interdisziplinäre Beckenbodenzentrum der Ulmer Universitätsfrauenklinik gehört. „Das OP-Verfahren ist ein Alleinstellungsmerkmal unseres Beckenbodenzentrums“, betont Professor Wolfgang Janni, Ärztlicher Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Ulm. „Es liegt uns sehr am Herzen, auch Patientinnen zu helfen, die bisher als ‚hoffnungslose‘ Fälle galten. Wir streben deshalb immer danach, unser Behandlungsspektrum um innovative Therapieformen und Methoden zu erweitern.“
Harninkontinenz ist nach wie vor ein gesellschaftliches Tabuthema. Häufig ist es betroffenen Menschen sehr unangenehm, über das Thema zu sprechen oder sich Hilfe zu holen, obwohl in vielen Fällen Abhilfe geschaffen werden kann. Am Beckenbodenzentrum des Universitätsklinikums Ulm legen die Ärztinnen und Ärzte die am besten geeignete Therapie für ihre Patientinnen fest – von Akupunktur über medikamentöse Behandlungen bis hin zu operativen Methoden.
Weitere Informationen:
Informationsveranstaltung des interdisziplinären Beckenbodenzentrums des Universitätsklinikums Ulm für alle Interessierten: „Beckenboden und Blasenschwäche – nur ein Problem der Frau?“, 05.11.2018, 18.00 Uhr, Stadthaus Ulm