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Biosensor für Phenylketonurie
Dank eines neuen Bluttests können Patienten mit dieser und anderen Erkrankungen Stoffwechselprodukte selbst messen
Die Behandlung zahlreicher Krankheiten würde grundlegend verbessert, könnte die Konzentration krankheitsrelevanter Metaboliten im Blut, möglicherweise durch den Patienten selbst, vor Ort überwacht werden. Ein Forscherteam unter Anleitung von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg und der École Polytechnique Fédérale de Lausannestellt nun einen semisynthetischen Biosensor vor, der eine genaue Quantifizierung von Metaboliten in kleinsten Blutproben ermöglicht, die einfach durch einen kleinen Stich in den Finger gewonnen werden können. Dieser Biosensor könnte ein wichtiges Werkzeug für die Diagnose und Behandlung verschiedener Krankheiten werden.
Krankheiten oder Verletzungen führen meist zu drastischen Änderungen der Konzentration bestimmter Metaboliten im Blut. Ein erhöhtes Level der Aminosäure Phenylalanin ist zum Beispiel charakteristisch für die Erbkrankheit Phenylketonurie. Bei Kleinkindern, die an dieser Erkrankung leiden, muss das Phenylalanin-Wert im Blut durch eine strenge Diät kontrolliert werden, um irreversible Gehirnschäden zu vermeiden. Aus diesem Grund sind geeignete Methoden für die regelmäßige Messung der Phenylalanin-Konzentration im Blut unerlässlich.
Momentan müssen für diese Kontrollen Blutproben beim Arzt abgenommen, in ein Labor eingesandt und dort analysiert werden. Es dauert meist Tage, bis ein Ergebnis vorliegt. Dieser Verzug erschwert die Behandlung für Patienten und deren Ärzte gleichermaßen. Ein Team aus Wissenschaftlern um Kai Johnsson,Direktor am Heidelberger Max-Planck-Institut, stellt jetzt eine einfache, papierbasierte Analysemöglichkeit vor, die in Minutenschnelle die Konzentration von Metaboliten wie Phenylalanin messen kann. Die neue Methode wurde durch Messungen an Patientenproben (Universitätsklinikum Heidelberg/Lausanne) validiert. Die Arbeit beschreibt einen wichtigen Fortschritt von Vor-Ort-Diagnostik bei Messungen von Metaboliten in Blutproben.
Molekulares Engineering
„Wir führen eine grundlegend neue Methode ein, um Metaboliten zur Blutanalyse zu messen“, berichtet Qiuliyang Yu, Erstautor der Veröffentlichung und Wissenschaftler in der Abteilung Chemische Biologie am Max-Planck-Institutfür medizinische Forschung. „Anstatt vorhandene Technologien im Bereich der Vor-Ort-Diagnostik nur in ein kleineres Format zu bringen, haben wir ein neues molekulares Werkzeug geschaffen“, erklärt er weiter.
Der Biosensor ist ein künstliches lichtaussendendes Protein, das in Anwesenheit des reduzierten Co-Faktors Nikotinamidadenindinukleotid, unter Biologen als NADPH bekannt, seine Farbe verändert. Da NADPH in einer enzymatisch katalysierten Reaktion hergestellt wird, die für den Metaboliten spezifisch ist, kann durch die Analyse des Farbumschwungs die Konzentration des Metaboliten ermittelt werden. Die Forscher haben für Phenylalanin, Glutamat und Glukose gezeigt, dass der gleiche Sensor zu Messung erschiedener Metabolite eingesetzt werden kann, indem verschiedene enzymatisch katalysierte Reaktionen genutzt werden.
Nutzung des Sensors
Im Falle von Phenylalanin wird dem Patienten zunächst ein Tropfen Blut durch einen Stich in den Finger abgenommen. Anschließend wird ein kleiner Teil dieser Probe mit einem Reaktionspuffer verdünnt und auf das Papier gegeben, auf dem der Biosensor aufgetragen ist. Sobald Phenylalanin in der Reaktion verbraucht wird und NADPH entsteht, ändert das Licht, das der Sensor ausstrahlt, seine Farbe von blau zu rot. Dieser Farbwechsel kann von einer einfachen Digitalkamera oder einem Smartphone aufgenommen werden. Aus dem Verhältnis von blauem und rotem Licht kann jetzt die Konzentration des Metaboliten Phenylalanin errechnet werden. Der gesamte Prozess dauert nur ca. zehn bis 15 Minuten und kann direkt beim Patienten vor Ort durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind sehr genau im Vergleich zu Messungen mit Standardmethoden in klinischen Laboren.
Diese Genauigkeit und die einfache Anwendung des Sensors sollen es Patienten zukünftig erlauben, Kontrollmessungen selbst durchzuführen. Dieses Ziel haben sich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung gesteckt. „Wir suchen nun nach Möglichkeiten, den Bluttest weiter zu automatisieren und zu vereinfachen“, erklärt Yu. Er ist begeistert von der Idee, Patienten, die an Phenylketonurie oder anderen Krankheiten leiden und die Metaboliten-Konzentration streng kontrollieren müssen, ein solches Werkzeug an die Hand zu geben.