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„Die CAR-T-Zelltherapie wird die Behandlung von Krebs revolutionieren“
Ende August wurden die ersten beiden CAR-T-Zelltherapien aus den USA für Leukämie- und Lymphompatienten in Europa zugelassen. Angriffspunkt beider Therapeutika ist das CD19-Antigen auf B-Lymphozyten. Professor Dr. Hinrich Abken, Inhaber des neuen Lehrstuhls für Gen-Immuntherapie des Regensburger Centrums für Interventionelle Immunologie der Universität Regensburg, gilt als Pionier der CAR-T-Zelltherapie. Im Interview bewertet er anlässlich des Weltlymphomtags am 15. September 2018 die Zulassung dieser Zelltherapeutika und gibt einen Ausblick in die Zukunft der Gen-Immuntherapie für Krebspatienten.
Herr Professor Abken, was bedeutet die Zulassung der anti-CD19-CAR-T-Zelltherapie für die Onkologie?
Die anti-CD19-CAR-T-Zelltherapie wurde für Patienten mit einer refraktären oder rezidivierten akuten lymphoblastischen Leukämie oder mit einem bereits mehrfach vorbehandelten diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom zugelassen. Für sie ist das ein großer Fortschritt, da es uns zeigt, dass die CAR-Therapie kann auch dann erfolgsversprechend eingesetzt werden kann, wenn andere Therapien versagt haben und keine weitere Möglichkeit der Behandlung mehr besteht. Da die CAR-T-Zelltherapie sehr potent ist, ist sie aber auch mit dem Risiko erheblicher Nebenwirkungen behaftet, so dass sie derzeit nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden sollte.
Welches Potential hält die CAR-T-Zelltherapie zukünftig für Krebspatienten bereit?
Die CAR-T-Zelltherapie hat großes therapeutisches Potential bei hämatologischen Neoplasien wie Leukämien und Lymphome. Bei soliden Tumoren wie Karzinomen oder Sarkomen ist die Wirksamkeit aufgrund der unterschiedlichen Biologie der Tumore derzeit noch sehr begrenzt. Viele Forschergruppen und so auch wir arbeiten daran, diese Hürden zu überwinden und die CAR-T-Zelltherapie auch für solide Tumoren wirksam zu machen. Sollte das gelingen, so wird die CAR-T-Zelltherapie unsere derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten bei Krebs revolutionieren.
Sie sind seit 1. Juni 2018 Inhaber des neuen Lehrstuhls für Gen-Immuntherapie des Regensburger Centrums für Interventionelle Immunologie. Welche Forschungsschwerpunkte wollen Sie hier setzen?
Zu unseren Forschungsschwerpunkten gehören die Verbesserung des Designs, der Produktion und Wirksamkeit der CAR-T-Zellen, die Entwicklung effektiver Strategien für die CAR-T-Zellen in der Erkennung und Eliminierung von Brust-, Darm-, Pankreas-, Prostata- und Lungen-Krebs sowie die Entwicklung von Verfahren, wie andere Teile des Immunsystems, z.B. das angeborene Immunsystem, für die Eliminierung von Tumoren rekrutiert werden können. Außerdem möchten wir Verfahren entwickeln, mit denen ein langfristiges Gedächtnis zur Erkennung von Tumorzellen im Körper aufgebaut werden kann. Wir möchten erforschen, mit welchem Wirkmechanismus ein CAR im Gegensatz zu dem natürlichen T-Zell-Rezeptor arbeitet. Alle diese Schwerpunkte dienen dem Verständnis und der verbesserten therapeutischen Anwendung der CAR-T-Zell-Therapie.
Sie gelten als Pionier auf dem Gebiet der Gen-Immuntherapie. Was waren Ihre Meilensteine?
Wir arbeiten seit 25 Jahren an dem Konzept der CAR-T-Zellen, also seit den ganz frühen Anfängen. Wir haben über 150 Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht und so wesentlich zu den aktuellen Entwicklungen bei den CAR-T-Zellen beigetragen. Zu den Meilensteinen gehören sicherlich die Entwicklung der zweiten Generation CAR und der Nachweis, dass diese Form des CARs in menschlichen T-Zellen verbesserte Aktivität zeigt. Diese zweite Generation des CARs kommt jetzt erfolgreich in klinischen Studien zur Anwendung. Auch die Entwicklung eines Standard-Designs für CARs, das auf unsere Forschungen zurückzuführen ist, wird jetzt weltweit bei zahlreichen Studien eingesetzt. Außerdem haben wir die sogenannten TRUCKs entwickelt, die vierte Generation CAR-T-Zellen. Sie transportieren zusätzlich eine Ladung, um Produkte an einem definierten Ziel zu produzieren und abzuliefern. Das wird immer bedeutsamer für die Behandlung solider Tumoren. Zu den Ergebnissen unserer Arbeit auf dem Gebiet der CAR-T-Zelltherapie gehören auch die erste Entwicklung der CARs für Zellen des angeborenen Immunsystems und der Nachweis, dass das Tumor-Stroma, also das Bindegewebe des soliden Tumors, zerstört werden muss, um Tumore erfolgreich zu behandeln.
Hintergrund
Bei der CAR-T-Zelltherapie wird im Labor zytotoxischen T-Zellen des Patienten durch einen chimären Antigen-Rezeptor (CAR) eine definierte Spezifität für den Tumor verliehen. Derartige Designer-CAR-T-Zellen erhält der Patient dann über eine Transfusion zurück, damit sie Tumorzellen aufspüren und eliminieren. Die CAR-T-Zelltherapie hat langfristige Remissionen in der Behandlung von Leukämien und Lymphomen erzielt, bei denen bisherige Therapien versagt haben. Etwa ein Jahr nach der Zulassung in den USA sind nun zwei gentechnisch modifizierte Zellprodukte erstmals auch in Europa zugelassen worden. Wissenschaftler des Regensburger Centrums für Interventionelle Immunologie (RCI) der Universität Regensburg und des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) sind bei Erforschung, Entwicklung und nun auch Anwendung solcher neuer Immuntherapieansätze gegen Krebs an vorderster Front beteiligt. In der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR wird in Kürze eines der beiden CAR-T-Zelltherapeutika bei Lymphompatienten eingesetzt. Das José-Carreras-Centrum für Somatische Zelltherapie (JCC) ist als Einrichtung des RCI ist auf die Herstellung von Zelltherapeutika und Arzneimitteln für solche neuartigen Therapien spezialisiert.