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Mit Viren gegen resistente Bakterien
Dr. Li Deng vom Helmholtz Zentrum München erhält einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Wissenschaftlerin möchte mit neuen Mitteln gegen Antibiotikaresistenzen vorgehen und bekämpft Bakterien mit ihren natürlichen Feinden – den Viren. Für dieses Vorhaben erhält sie über fünf Jahre rund 1,5 Millionen Euro an Fördergeld.
Die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen gilt als große Bedrohung für die globale Gesundheit. Weltweit starben bislang rund 700.000 Menschen durch das Nicht-Wirken von antibakteriellen Medikamenten. Schätzungen zufolge wird diese Anzahl bis zum Jahr 2050 auf jährlich rund zehn Millionen Todesfälle anwachsen. Diesem Problem möchte sich Li Deng, Emmy-Noether Gruppenleiterin am Institut für Virologie des Helmholtz Zentrums München und Junior Fellow an der Technischen Universität München, künftig mit einem neuen Ansatz widmen. Im Rahmen des neuen Projekts PHARMS (Bacteriophage inhibition of antibiotic-resistant pathogenic microbes and founding of novel therapeutic strategies) möchte sie resistente pathogene Bakterien mit ihren natürlichen Feinden, den Viren, bekämpfen.
Konkret geht es um bakterienfressende Viren, sogenannte Bakteriophagen. „Unser Ansatz nutzt Viren oder von ihnen abgeleitete Inhibitoren zur natürlichen Bakterienbekämpfung“, erklärt Li Deng. „Wir hoffen, dass das eine vielversprechende Ergänzung zu Antibiotika werden könnte.“ Das größte Hindernis bei der klinischen Anwendung sieht die Forscherin in der begrenzten Anzahl von bekannten und isolierten Phagen. „Zudem weiß man noch zu wenig, über welche molekularen Mechanismen sie ihre bakterizide Wirkung entfalten.“
Im Rahmen von PHARMS bauen Li Deng und ihr Team daher auf ihren jüngsten Fortschritten auf. Sie wollen einen systematischen Ansatz entwickeln, um die zugrunde liegenden Mechanismen der Bakterienhemmung zu identifizieren. Konkret soll zunächst die Wirkung aller verfügbaren Phagen auf einzelne resistente Bakterienstämme untersucht werden. Anschließend sollen die Wirkmechanismen entschlüsselt und weitere darauf aufbauende Phagen-Therapien entwickelt werden.
Wo genau die Viren den Bakterien schaden, kann sich dabei stark unterscheiden: Von der DNA über die Abschrift der Gene (Transkription) bis hin zu den Genprodukten (Translation) soll alles untersucht werden. Die Liste der Bakterien, die die Forscher ins Visier nehmen, umfasst unter anderem Helicobacter pylori: Ein Magenkeim, der im Verdacht steht, Geschwüre zu verursachen.
Langfristig sollen die Erkenntnisse in die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien münden, um lebensbedrohliche Infektionskrankheiten zu behandeln. „Die schnelle Verbreitung von Antibiotikaresistenzen und die verheerenden Folgen für Patientinnen, Patienten, aber auch gesunde Menschen machen das Thema zu einer der wichtigsten wissenschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit“, erklärt Li Deng. „Hier wollen wir einen Beitrag für die Gesellschaft leisten.“
Weitere Informationen
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus, Allergien und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. http://www.helmholtz-muenchen.de
Das Institut für Virologie (VIRO) untersucht Viren, die Menschen chronisch infizieren und lebensbedrohliche Krankheiten hervorrufen können. Der Fokus liegt auf dem AIDS-Erreger HIV, endogenen Retroviren, die in unserer Keimbahn integriert sind, sowie Hepatitis-B- und C-Viren, die Leberzirrhose und hepatozelluläre Karzinome verursachen. Molekulare Studien identifizieren neue diagnostische und therapeutische Konzepte, um diese Virus-Erkrankungen zu verhindern und zu behandeln bzw. die Entstehung von virusinduzierten Tumoren zu vermeiden. http://www.helmholtz-muenchen.de/viro