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Schnelle Infektionsdiagnostik im Wettlauf gegen Zeit und Resistenzen
Jürgen Popp und Ute Neugebauer erhielten am 21. September den 3. Preis des Berthold Leibinger Innovationspreises für angewandte Lasertechnologie.
Mit der zufälligen Entdeckung des Penicillins im Jahr 1928 durch Alexander Fleming begann der Siegeszug der Antibiotika. Viele oftmals tödlich verlaufende Krankheiten und Wundinfektionen verloren ihren Schrecken. Doch es droht die Gefahr, dass der Mensch diese Waffe gegen Bakterien verliert. Durch Mutationen entwickeln Bakterien Resistenzen gegen die gängigen Antibiotika. Neue Wirkstoffe zu entwickeln ist dagegen teuer und sehr zeitaufwendig. Weltweit wird daher von einer ernsten Antibiotika-Krise gesprochen.
Ein Wettlauf gegen die Zeit
Vor allem in der klinischen Anwendung, bei der Behandlung von schweren Infektionen, wie der Sepsis, ist Zeit ein entscheidender Faktor. Intensivmediziner müssen viel zu oft „blind“ mit Breitspektrumantibiotika behandeln, da sie zunächst weder den Erreger noch eventuell vorhandene Resistenzen bestimmen können. Eine frühzeitige Diagnose ist Grundlage für eine verlässliche Therapieentscheidung, rettet Leben und reduziert das Risiko der Ausbildung von Resistenzen. Eine schnelle und kostengünstige Alternative zur bislang zeitintensiven mikrobiologischen Erregerdiagnostik bietet das Licht-basierte Verfahren des Forscher-Teams um die Jenaer Professoren Ute Neugebauer und Jürgen Popp. Ihr Lab-on-a-Chip-System ist das Ergebnis der engen Zusammenarbeit an der Schnittstelle von Photonik, Medizin, Mikrofluidik und Systemintegration am Leibniz-Institut für Photonische Technologien und am Center for Sepsis Control and Care des Universitätsklinikums Jena.
Licht-basierte Diagnostik hilft bei der Vergabe des passenden Medikaments
Die Kombination aus Raman-spektroskopischer Diagnostik, mikrofluidischer Probenprozessierung und einem hohen Automatisierungsgrad verkürzt die Zeit von der Probennahme bis zum Ergebnis von bisher 72 auf dreieinhalb Stunden. Für den Schnelltest genügen bereits wenige Tropfen einer Patientenprobe, beispielsweise Urin eines Patienten mit Blasenentzündung. Die Probe geben die Forscher ohne aufwändige Vorbereitung direkt in den Chip. Während des automatisierten Analyseprozesses ist kein Kontakt mit dem potentiell ansteckendem Material nötig. Elektrische Felder fangen die Bakterien aus der Probe in einer bestimmten Region des Chips ein, wo sie anhand ihres spezifischen Raman-Spektrums und dessen Vergleich mit Datenbanken identifiziert werden.
Anschließend bringen die Jenaer Forscher die Erreger mit verschiedenen Antibiotika in unterschiedlichen Konzentrationen in Kontakt und werten die spektralen Veränderungen aus. Die daraus gewonnen Daten geben Aufschluss, wie hoch die Konzentration des Antibiotikums sein muss, um das Bakterienwachstum vollständig zu hemmen. Das ist ein wichtiger diagnostischer Parameter, der den Erfolg der Behandlung entscheidend beeinflusst.
Auf dem Weg in die Praxis
Die gemeinsame Forschung mündete bereits in der Gründung der Unternehmen mibic und Biophotonics Diagnostics, sie bauen Erregerdatenbanken auf und entwickeln Geräte für den medizinischen Alltag. Labore können bereits mit der Technik ausgestattet werden. Mit der nächsten Gerätegeneration sollen dann auch Arztpraxen und Mediziner im Feldeinsatz arbeiten können.