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Dem Juckreiz auf der Spur: Neue DFG-Forschungsgruppe widmet sich dem Pruritus
Schmerz- und Juckreiz-Forscher Prof. Dr. Martin Schmelz Sprecher der Forschungsgruppe „Translationale Pruritusforschung“
Sommer, Sonne, Insektenstiche – wer ist in diesem Jahr noch nicht von stechenden Insekten heimgesucht und in der Folge von Juckreiz geplagt worden, der einen schier in den Wahnsinn treiben kann? Der Insektenstich ist jedoch nur einer von vielen möglichen Auslösern des Juckreizes (Pruritus). Pruritus ist eine häufige Begleiterscheinung vieler Hauterkrankungen, tritt aber ebenso im Zusammenhang mit zahlreichen Systemerkrankungen wie Diabetes, Krebs oder Nierenversagen, wie auch bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen auf.
Chronischer Juckreiz schränkt die Lebensqualität der Betroffenen massiv ein. Denn während sich der durch einen Insektenstich verursachte Juckreiz immerhin lindern lässt, sind die meisten chronischen Juckreizzustände kaum zu behandeln, da die Entstehungsursachen des Juckreizes vielfältig und die pathophysiologischen Mechanismen komplex und nur unvollständig aufgeklärt sind. Die therapeutischen Möglichkeiten beschränken sich heute im Wesentlichen auf Histamin-abhängigen Juckreiz, hervorgerufen durch die Aktivierung von Mastzellen im Rahmen einer Nesselsucht (Urtikaria) und als Reaktion auf Arzneimittel – oder eben Insektenstiche.
Eine neue, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsgruppe hat sich nun zusammengetan, um grundlegende Mechanismen des Juckreizes aufzudecken und auf diesem Wege zu wirksameren Therapien zu kommen. Initiator und Sprecher der DFG-Forschungsgruppe „Translationale Pruritusforschung“ (FOR 2690) ist Professor Dr. Martin Schmelz, der an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg die Abteilung „Experimentelle Schmerzforschung“ leitet. Mit seiner Arbeit, in der er auch die Beziehung zwischen den Nervenfasern untersucht, die Schmerzen oder Pruritus auslösen, genießt der Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft internationale Reputation.
In den letzten Jahren hat die Grundlagenforschung zur neuronalen Verarbeitung insbesondere durch Forschungsarbeiten aus den Vereinigten Staaten sehr große Fortschritte gemacht. Jetzt gilt es, diese neuen Erkenntnisse aus der Forschung mit Nagetieren auf den Menschen zu übertragen. Deutsche Forscher nehmen in der translationalen Juckreizforschung eine führende Position ein und sind für diese Aufgabe daher prädestiniert.
Auf der Basis langjähriger Forschungskooperationen zum Juckreiz konnten Professor Schmelz und Professor Dr. Sonja Ständer, die an der Universitätshautklinik Münster die erste Juckreizambulanz leitet, deutschlandweit Experten in ihrer Forschungsgruppe versammeln. Die Wissenschaftler stammen aus unterschiedlichen medizinischen Bereichen, um der Vielzahl von Einflussfaktoren gerecht zu werden. Das Konsortium setzt sich aus klinischen Forschern und Grundlagenforschern aus der Dermatologie, Neurophysiologie, Anästhesiologie, Neurologie, Gastroenterologie und Radiologie zusammen, die an den Universitäten in Heidelberg, Münster, Hannover, Erlangen, Mainz, Würzburg, Düsseldorf und Oldenburg forschen (www.prusearch.net).
Juckreiz und Schmerz liegen nahe beieinander. Inwieweit unterscheiden oder gleichen sich Juckreiz- und Schmerzrezeptoren (Prurizeptoren und Nozizeptoren), Mediatoren, Signalwege und neuropathische Veränderungen bei Juckreiz und Schmerz – dies sind Fragestellungen, denen die Forschungsgruppe um Professor Schmelz nachgeht. Deren Ansatz ist interdisziplinär, auch innerhalb der insgesamt acht Projekte. Insbesondere die traditionelle Trennung von Dermatologie und Neurologie/Anästhesiologie – Patienten mit chronischem Juckreiz versus chronische Schmerzpatienten – wird aufgehoben, um sich den einzelnen Forschungsfragen optimal nähern zu können.
Die Wissenschaftler erwarten, aus ihrer Forschung neue Erkenntnisse zu den Mechanismen des chronischen Juckreizes zu gewinnen, die ihnen wichtige Informationen für die Entwicklung von wirksamen Medikamenten liefern. Die Forschungsgruppe „Translationale Pruritusforschung“ wird von der DFG in der ersten Förderperiode über einen Zeitraum von drei Jahren mit ca. 4,5 Mio Euro gefördert.