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Leber erneuert sich durch erhöhten Blutfluss

Die Leber ist eines der wenigen menschlichen Organe, die sich innerhalb weniger Wochen komplett regeneriert, wenn mehr als die Hälfte des Organs entfernt wird. Die Ursache für diese Fähigkeit ist bislang unzureichend verstanden. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB 974 konnten Wissenschaftler/innen aus dem Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ), Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf um Prof. Eckhard Lammert, zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der HHU und des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) nun erstmals zeigen, dass ein verstärkter Blutfluss durch die kleinen Gefäße der Leber Signale aus den Zellen der Blutgefäße freisetzt, die das Wachstum der Leber fördern. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Düsseldorf (DDZ) – Die Leber ist eines der wichtigsten Organe des Menschen. Zum einen ist sie für den Stoffwechsel, die Entgiftung des Blutes und für ein funktionierendes Immunsystem unverzichtbar. Zum anderen ist die Leber das einzige Organ, das die Eigenschaft hat, seine Zellmasse innerhalb von wenigen Wochen komplett zu regenerieren, wenn mehr als die Hälfte des Organs entfernt worden ist. Die Forscher um Prof. Eckhard Lammert haben herausgefunden, dass es der erhöhte Blutfluss und die mechanische Erweiterung der Blutgefäße der Leber sind, durch die die Leber Signale zum Wachstum erhält. Die Signale kommen von den Zellen der Blutgefäße, die auf die mechanische Stimulation reagieren. Die Publikation geht auf die 2001 publizierte Erkenntnis zurück, dass Blutgefäße Organe in ihrer Funktion und ihrem Wachstum beeinflussen (Lammert et al., Science 2001).

„In unserer Studie an der Leber und ihren Blutgefäßen haben wir einen wichtigen Auslöser für Organwachstum identifiziert. Erstmals konnten wir zeigen, dass der Blutfluss und die Erweiterung von Blutgefäßen (auch Vasodilatation genannt) wachstumsfördernde Signale freisetzen“, erklärt Prof. Dr. Eckhard Lammert, Direktor des Instituts für Betazellbiologie am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) und Leiter des Instituts für Stoffwechselphysiologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Diese spannenden Ergebnisse könnten zukünftig auch für das Verständnis und die Behandlung von Fettlebererkrankungen bei Adipositas und Diabetes Bedeutung erlangen“, ergänzt Prof. Michael Roden, Wissenschaftlicher Geschäftsführer und Vorstand des Deutschen Diabetes-Zentrums und Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. „Die Untersuchungsergebnisse sind von großer Bedeutung für das Verständnis der komplexen Vorgänge bei Leberregeneration und ihrer Störungen“, betont Prof. Dieter Häussinger, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und Sprecher des Sonderforschungsbereichs 974.

Experimenteller Ablauf 

Die molekularen Ursachen dieser Organ-Erneuerung sind Gegenstand einer von Düsseldorfer Wissenschaftler/innen publizierten Arbeit in der Fachzeitschrift „Nature“ (Lorenz et al., Nature 2018). Konkret konnten die Wissenschaftler/innen zeigen, dass ein verstärkter Blutfluss durch die Leber dazu führt, dass mehr Wachstumssignale freigesetzt und aktiviert werden. Eines dieser Signale ist der Hepatocyte Growth Factor (HGF), der für das Wachstum und das Überleben der Leberzellen besonders wichtig ist. Die Endothelzellen der Blutgefäße erkennen den verstärkten Blutfluss durch die Leber mit Hilfe von sogenannten Integrinen. Dies sind Zelloberflächenproteine, die die extrazelluläre Matrix mit dem Zytoskelett verbinden und in der Lage sind, andere Rezeptoren, wie z. B. den Vascular Endothelial Growth Factor Receptor-3 (VEGFR3), zu aktivieren. Die Aktivierung des β1-Integrins (einer Untereinheit der Integrine) durch den verstärkten Blutfluss führt in Endothelzellen dazu, dass VEGFR3 aktiviert wird und Wachstumsfaktoren, wie z. B. das HGF, aktiviert und freigesetzt werden. Letztere induzieren das Wachstum der Leber. Sobald die Leber zu ihrer normalen Größe herangewachsen ist und auch neue Blutgefäße entstanden sind, fließt pro Endothelzelle wieder eine normale Menge an Blut durch die Leber. Diese normale mechanische Stimulierung der Endothelzellen könnte erklären, warum die Leber aufhört zu wachsen. Die Wissenschaftler postulieren, dass durch diesen molekularen Mechanismus die Leber wächst, sobald ihre Organgröße reduziert ist und dann mit dem Wachstum aufhört, wenn diese wieder hergestellt ist.

Originalpublikation:
Lorenz L, Axnick J, Buschmann T, Henning C, Urner S, Fang S, Nurmi H, Eichhorst N, Holtmeier R, Bódis K, Hwang JH, Müssig K, Eberhard D, Stypmann J, Kuss O, Roden M, Alitalo K, Häussinger D, Lammert E. Mechanosensing by β1 integrin induces angiocrine signals for liver growth and survival. Nature. 2018 Sep 26. doi: 10.1038/s41586-018-0522-3. [Epub ahead of print]
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