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„Eiskalter“ Eingriff gegen Vorhofflimmern
Neuer Kryoballon erstmals weltweit am Universitätsklinikum Ulm eingesetzt
Herzrasen, innere Unruhe und Schwindel – diese und weitere Symptome können auf Vorhofflimmern hindeuten. Falls eine medikamentöse Therapie nicht ausreicht, kann den Patient*innen eine Vorhofflimmer-Ablation helfen, also eine gezielte Verödung der Lungenvenen, um den Herzrhythmus störende elektrische Signale zu unterbinden. Neben der klassischen Radiofrequenzablation hat sich in den letzten Jahren insbesondere die sogenannte Kryoablation durchgesetzt. Diese ist deutlich schneller, damit für Patienten auch erheblich schonender und ist daher auch für ältere und schwer herzkranke Patienten geeignet. Weltweit erstmalig haben Kardiologen an der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Ulm Anfang Oktober bei diesem Verfahren einen neuartigen Kryoballon eingesetzt. Aufgrund von Änderungen im Aufbau erlaubt er eine verbesserte Kontrolle der Signale aus den Lungenvenen während der Ablation und damit eine Patienten-individualisierte Anpassung der Therapie.
„Mit der neu konzipierten Version des Kryoballons verkürzt sich nicht nur die Dauer des Eingriffs, sondern die Patienten werden auch weniger Röntgenstrahlung ausgesetzt. Durch die technischen Verbesserungen ist auch zu erwarten, dass die ohnehin bereits geringen Komplikationsraten bei der Kryoablation weiter abnehmen werden“, erklärt Dr. Tillman Dahme, Geschäftsführender Oberarzt und Leiter des Bereichs Elektrophysiologie an der Klinik für Innere Medizin II. Dass der Kryoballon (kryo ist altgriechisch für „Frost, Eis“) nun weltweit zum ersten Mal bei drei Patienten mit Vorhofflimmern am Universitätsklinikum Ulm eingesetzt wurde, kommt nicht von ungefähr: Dahme, ein national und international ausgewiesener Experte für Herzrhythmusstörungen und deren Behandlung, war an der zweijährigen technischen Entwicklung und den präklinischen Tests des Ballons federführend beteiligt.
Ursache für das Vorhofflimmern sind unregelmäßige, elektrische Signale aus den Lungenvenen, die in die Herzvorhöfe weitergeleitet werden und dort den Rhythmus des Herzschlags beeinträchtigen. Um dem Abhilfe zu schaffen, wird der Kryoballon-Katheter mit dem aufblasbaren Ballon an der Spitze durch die Leistenvene bis in den linken Herzvorhof eingeführt. Dort wird der Ballon an der Öffnung zur Lungenvene platziert, aufgeblasen und mit einem Kühlmittel gefüllt. Die Kälte (bis zu -70 °C) führt dazu, dass sich eine kreisförmige Narbe um die Lungenvene bildet. Dadurch wird diese elektrisch isoliert und es gelangen keine elektrischen Störimpulse mehr von der Lungenvene in den Herzvorhof. Die Behandlung kann Vorhofflimmern heilen, anders als medikamentöse Therapien, die in der Regel nur vorübergehend Linderung schaffen. Um allerdings eine hohe Qualität bei der Ablationstherapie zu gewährleisten, ist ein hohes Maß an Erfahrung erforderlich. Daher werden große Herzrhythmuszentren wie am Universitätsklinikum Ulm durch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie zertifiziert.
Aktuell sind in Deutschland mehr als eine Million Patienten von Vorhofflimmern betroffen. Da die Wahrscheinlichkeit, daran zu erkranken, mit dem Alter zunimmt und die Lebenserwartung der Bevölkerung in Deutschland steigt, gehen die Ulmer Kardiologen davon aus, dass sich die Zahl der Betroffenen in den kommenden Jahren stark erhöhen wird. „Die Katheter-Ablation mit dem Kryoballon ist jedoch auch für Patientinnen und Patienten, die 75 Jahre oder älter sind, empfehlenswert“, so Dr. Alexander Pott, Assistenzarzt der Klinik für Innere Medizin II, der gemeinsam mit Dr. Dahme die ersten Eingriffe am Uniklinikum durchgeführt hat. „Für diese Altersgruppe werden ebenfalls sehr gute Ergebnisse bei geringen Komplikationsraten erzielt, wie wir in einer klinischen Studie zeigen konnten.“
Nach den ersten erfolgreichen Eingriffen soll der neue Kryoballon bei Vorhofflimmer-Patienten in der Kardiologie des Universitätsklinikums regelmäßig eingesetzt werden. „Wir freuen uns, dass der erste Einsatz des Katheters weltweit am Universitätsklinikum Ulm stattgefunden hat“, sagt Professor Dr. Wolfgang Rottbauer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin II. „Unser jahrelanges Engagement in der Entwicklung der Herzrhythmustherapie hat sich gelohnt: Ab sofort können wir diese innovative Behandlungsmethode in Ulm anbieten und Patienten somit nun noch individueller behandeln.“ In den kommenden Wochen werden weitere Eingriffe mit dem neuen Kryoballon an ausgewählten weiteren Zentren in Deutschland und Europa, später dann auch weltweit folgen.