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Magenlähmung: Betroffenen kann geholfen werden
Universitätsmedizin Mainz bietet erstmals ein schonendes Testverfahren vor der Behandlung mit einem Magenschrittmacher an
Ständige Übelkeit und Erbrechen sind die typischen Symptome einer Gastroparese (Magenlähmung). Es handelt sich dabei um eine seltene, aber häufig nicht erkannte Erkrankung. Für diese bietet die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie (AVTC) der Universitätsmedizin Mainz seit kurzem eine neue schonende, minimalinvasive Behandlungsmethode an: Einen Magenschrittmacher, der die muskuläre Funktion des Magens wieder herstellt.
Der Magenschrittmacher basiert auf dem Prinzip der Elektrostimulation. Die Stimulation des erkrankten Magens führt dazu, dass dieser sich wieder in die richtige Richtung bewegt. Er lernt, sich wieder korrekt zu entleeren, damit Speisen weiter transportiert werden können. Die herkömmliche Therapie ist ein schrittweises und langwieriges Vorgehen mit einer Steigerung von konservativen zu zunehmend invasiveren Therapieverfahren.
In der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie (AVTC) der Universitätsmedizin Mainz wird der Magenschrittmacher minimal-invasiv implantiert. Dabei setzt der Operateur zunächst laparoskopisch (mittels Bauchspiegelung) zwei Schrittmacherelektroden in die Magenwand ein. Der Operateur verbindet anschließend den Schrittmacher, der in etwa die Ausmaße einer Visitenkarte hat und 1 cm hoch ist, mit den Elektroden. Der Magenschrittmacher wird dann in das Unterhautgewebe neben dem Bauchnabel implantiert. Die gesamte Prozedur dauert maximal 45 Minuten.
Nicht jeder Patient profitiert von der Wirkung eines Magenschrittmachers. Der Nutzen galt bis jetzt als nicht vorhersehbar. Die Chirurgen der AVTC haben daher ein Testverfahren entwickelt, mit dem sich die Wirksamkeit individuell überprüfen lässt. Dabei werden ebenfalls im Rahmen einer Bauchspiegelung zwei Elektroden in der Magenwand platziert. Der Schrittmacher wird für die Zeit der Teststimulation mit einem Pflaster lediglich außen auf die Haut aufgeklebt. Die Elektrodenenden schauen aus der Bauchdecke heraus und können jederzeit ohne eine erneute Operation entfernt werden. „Auf Basis der Teststimulation lässt sich die Wirksamkeit der Schrittmachertherapie vorhersagen“, so PD Dr. Grimminger. In der Regel zeigt sich innerhalb von wenigen Wochen, ob der Patient auf die Stimulation durch den Schrittmacher anspricht.
Erstmals 2015 an der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt, erhielten mittlerweile neun Patienten eine Teststimulation. Von diesen haben fünf – nach erfolgreicher Testphase – einen dauerhaften Schrittmacher erhalten. Diese Patienten können heute ganz normal essen und verdauen. Sie erfreuen sich an einer deutlich erhöhten Lebensqualität.
Während bisher der Einsatz des Schrittmachers vor einer Operation von den Krankenkassen genehmigt werden musste, fällt das aufwendige Genehmigungsverfahren seit diesem Jahr an der Universitätsmedizin Mainz weg. „Dies ist das Resultat der letzten Verhandlungen mit den Krankenkassen, bei denen die guten Ergebnisse der Teststimulation vorgestellt wurden“, erläutert Dr. Florian Corvinus von der AVTC, der die Eingriffe gemeinsam mit PD Dr. Grimminger durchführt.
Für wen kommt der Magenschrittmacher in Frage? „Patienten, bei denen die Gastroparese im Zuge eines Diabetes auftritt, sprechen am besten auf einen Magenschrittmacher an. Auch Patienten, bei denen die Gastroparese nach einer Operation auftritt, können davon profitieren“, weiß Dr. Grimminger. Bei vielen Patienten ist die Ursache der Magenlähmung allerdings nicht bekannt. „Bei dieser Patientengruppe ist die Wirksamkeit eines Schrittmachers am schwierigsten vorhersehbar, so dass sie bislang seltener für eine Schrittmachertherapie in Frage kamen“, bemerkt Dr. Corvinus.
„Patienten mit einer Gastroparese kommen in der Regel mit einem langen Leidensweg zu uns. Dementsprechend hoch sind ihre Erwartungen an den Magenschrittmacher. Die an der Universitätsmedizin Mainz angebotene Testphase kann die Wirksamkeit der Schrittmachertherapie vorhersagen und erspart einigen Patienten eine unnötige Operation. Durch diesen individuellen Einsatz des Schrittmachers bringt er bei vielen Patienten ein hohes Maß an Lebensqualität zurück“, sagt der Direktor der AVTC, Univ.-Prof. Dr. Hauke Lang.
Die herkömmliche Therapie der Gastroparese beginnt zunächst mit einer bestimmten Diät. Dann kommen Medikamente – sogenannte Prokinetika – zum Einsatz. Als nächstes versuchen Ärzte, den Magenausgang entweder durch Dehnung oder operativ zu erweitern. Manche Patienten entwickeln durch den Gewichtsverlust und das dauerhafte Erbrechen einen lebensbedrohlichen Zustand. Sie benötigen dann eine Ablaufsonde des Magens und eine Ernährungssonde, die in den Dünndarm eingelegt wird. Am Ende der therapeutischen Möglichkeiten stand bisher eine operative Entfernung des Magens. „Vor diesem Hintergrund lohnt es sich für Betroffene, den Einsatz eines Magenschrittmachers ernsthaft in Betracht zu ziehen“, betont Dr. Grimminger.