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Forschung und digitale Welt in der Psychiatrie: Mögliches und Unmögliches – wo führt der Weg hin?
Vielversprechende Forschungsergebnisse und neueste Verfahren zur Entschlüsselung psychischer Erkrankungen stehen auch in diesem Jahr im Zentrum des DGPPN Kongresses. Führende Wissenschaftler treffen sich in diesen Tagen in Berlin, um die Zukunft der Psychiatrieforschung zu diskutieren. Dabei dreht sich alles um faszinierende Bildgebungs- und Big-Data-Verfahren, die den Effekten neurologischer Mechanismen im Gehirn immer näherkommen. Um sie sinnvoll nutzen und weiterentwickeln zu können, ist eine leistungsfähige, nachhaltig gesicherte Psychiatrieforschung notwendig – aber auch die Frage, wo wissenschaftlicher Fortschritt an ethische Grenzen stößt.
Der DGPPN Kongress ist auch in diesem Jahr Treffpunkt für führende Wissenschaftler auf dem Gebiet der Psychiatrieforschung. Kein anderer Bereich lässt Zukunft greifbarer werden. Big Data, Deep Learning, Biomarker und Künstliche Intelligenz zeigen auf, wie nah die Forschung bereits an der Entschlüsselung psychischer Erkrankungen herangekommen ist. Was bis vor Kurzem noch wie Science-Fiction klang, hat längst die nächste Daseinsstufe erreicht. Neue mathematische Methoden und hochpräzise Bildgebungsverfahren, selbsttrainierende Algorithmen und neurochemische Untersuchungen erlauben, Verhaltensweisen zu verstehen, wie sie für das Auftreten psychischer Störungen charakteristisch sind. „Die Künstliche Intelligenz hat enorme Fortschritte gemacht. In Verbindung mit großen Datensätzen sind Leistungen möglich, die früher allein dem menschlichen Gehirn vorbehalten waren. Nicht mehr lange und wir haben die Möglichkeit, Gehirnfunktionen naturnah zu simulieren. Das jedoch bedeutet für die Forschung Chance und Risiko zugleich. Bei allem positiven Nutzen, den Künstliche Intelligenz für diverse Anwendungen in der Praxis der Psychiatrie mit sich bringt, müssen wir uns ihrer Konsequenzen im Zusammenhang mit Datenschutz und Privatsphäre bewusst sein. Ethische Grundsatzfragen sind in Hinblick auf den wissenschaftlichen Fortschritt zuallererst zu klären. Hier tragen wir in der Forschung Tätigen eine große gesellschaftliche Verantwortung“, so Professor Meyer-Lindenberg, Vorstandsmitglied der DGPPN.
Online-Therapien und E-Mental-Health sind bereits in der psychiatrischen Versorgungspraxis angekommen. „Während Online-Therapien für Menschen, die bislang keinen Kontakt zum Versorgungssystem haben oder wollen, eine erste Hilfe und Unterstützung sein können, ersetzen sie jedoch keineswegs eine Behandlung durch Fachärzte und psychologische Psychotherapeuten“, gibt Dr. Iris Hauth, Past President der DGPPN, zu Bedenken. Sie bieten aus Sicht der DGPPN Chancen, aber auch Risiken.
Der diesjährige DGPPN Kongress macht an vielen Stellen Potenzial und Grenzen der digitalen Welt und Psychiatrieforschung deutlich. Aber es geht nicht nur um die Auswertung von Daten und das Verstehen der Gehirnfunktionen, auch die reale Lebenswelt, das soziale Umfeld und die Wirkung äußerer Einflüsse auf die Emotionalität der Betroffenen werden als Teilaspekte in die Forschung miteinbezogen. Das Nutzen von Smartphones, Online-Interventionen und Gesundheits-Apps spielt dabei eine große Rolle, genauso wie die soziale Kompetenz der Betroffenen. Auf Basis all dieser Daten wird versucht, psychische Erkrankungen zu objektivieren und vorhersehbar zu machen. Aber wie weit ist menschliches Verhalten wirklich objektivierbar? Welches Potenzial steckt in den modernen Analyseverfahren und gelingt es wirklich eines Tages, psychische Erkrankungen rechtzeitig aufzuhalten? Diese und andere Fragen sind Gegenstand des intensiven Austauschs der Experten in Berlin.