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Neue Erkenntnisse zu Krebs bei Kindern
Mechanismen von Wachstum und Rückbildung beim Neuroblastom entschlüsselt
Zu den häufigsten Krebsarten im Kindesalter gehören Tumoren des peripheren Nervensystems. Manche dieser Neuroblastome bilden sich ohne medizinische Behandlung komplett zurück, andere wachsen trotz intensiver Therapie unaufhaltsam weiter. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben jetzt im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts die genetischen Ursachen der unterschiedlichen Verlaufsformen dieser Tumorart untersucht. Die Ergebnisse ermöglichen es, den Krankheitsverlauf bei Kindern mit Neuroblastom präzise vorherzusagen und die Therapie entsprechend anzupassen. Die Studie ist im renommierten Fachjournal Science* erschienen.
„Unsere Arbeit liefert Daten für eine genaue Klassifizierung verschiedener Phänotypen von Neuroblastomen“, fasst Prof. Dr. Johannes Schulte von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie der Charité und einer der Letztautoren die zentralen Erkenntnisse zusammen. Sein Team hat gemeinsam mit Kinderonkologen der Uniklinik Köln und weiteren Partnern die Erbinformationen der Zellen von Neuroblastomen entschlüsselt. Dabei haben sie Veränderungen in den Genen der Krebssignalwege RAS und p53 festgestellt. Diese Veränderungen gehen häufig mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf einher. Bei einigen Patienten mit derartigen Mutationen bildete sich der Tumor jedoch auch spontan zurück. Erst durch die Zusammenführung der genetischen Daten über diese Krebssignalwege mit Informationen über Verlängerungsmechanismen von Chromosomen-Enden, den sogenannten Telomeren, erlangten die Wissenschaftler ein besseres Verständnis der Mechanismen, die zu verschiedenen Verlaufsformen von Neuroblastomen führen. Damit kann der Krankheitsverlauf nun präzise vorhergesagt werden.
Telomere werden auch als molekulare Uhr der Zelle bezeichnet: In den meisten Körperzellen werden sie bei jeder Zellteilung verkürzt. Wird eine kritische Länge unterschritten, führt das zum Wachstumsstopp oder zum Zelltod. In Stammzellen und den meisten Krebszellen hingegen wird die Länge der Chromosomenenden durch Telomer-Verlängerungsmechanismen oberhalb der kritischen Schwelle erhalten, so dass die Zellen quasi unsterblich sind.
Die Forscher haben nun herausgefunden, dass Neuroblastome nur dann aggressiv wachsen, wenn diese Verlängerungsmechanismen vorliegen. Sind darüber hinaus noch zusätzliche Mutationen in den Krebssignalwegen vorhanden, so ist der Krankheitsverlauf besonders ungünstig. Die meisten der davon betroffenen Patienten können mit den derzeit verfügbaren Therapien nicht geheilt werden. Sie sollten zukünftig neue, individuelle Behandlungen erhalten. Fehlen jedoch Telomer-Verlängerungsmechanismen, ist es unerheblich, ob Veränderungen in den Krebssignalwegen vorliegen. In diesen Fällen kommt es regelmäßig auch ohne medizinische Behandlung zu spontanen Rückbildungen des Tumors oder Therapien helfen so gut, dass sie zukünftig in geringerem Umfang eingesetzt werden müssten.
„Unsere Studie verdeutlicht, dass die Aktivierung von Telomer-Verlängerungsmechanismen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung bösartiger Tumoren spielt“, berichtet Prof. Schulte. Darüber hinaus liefern die Ergebnisse Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer Therapien: Die gezielte Hemmung von Krebssignalwegen und Telomer-Verlängerungsmechanismen stellt dafür einen vielversprechenden Ansatz dar.
* Ackermann et al. A mechanistic classification of clinical phenotypes in neuroblastoma. Science. 2018 Dec 07. doi: 10.1126/science.aat6768
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Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie