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Lebensmittelverschwendung reduzieren – warum macht Deutschland kein neues Gesetz?
Häufig wird Frankreich als Beispiel genannt. Natürlich hat das BMEL sich Gedanken auch über mögliche Gesetze gemacht, aber wir sind aus gutem Grund mit vielen Beteiligten – WWF oder den Tafeln – zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt. Für uns ist das Ergebnis wichtig, nicht die Freude über den Weg.
Denn ein Gesetz zu beschließen, ist kein Wert an sich, kein Selbstzweck. Entscheidend ist, das das formulierte Ziel erreicht wird. Anders als die im Ausland bekannten Gesetze, die nur einen Punkt in der Kette der Lebensmittelverschwendung aufgreifen, nehmen wir alle Akteure der Wertschöpfungskette in die Pflicht.
Das verdeutlich auch die Praxis – konkret die Diskussion darum, ob wir ein Anti-Wegwerfgesetz nach französischem Vorbild beschließen sollten.
Denn das, was u.a. Frankreich per Gesetz für Supermärkte ab einer bestimmten Größe verordnet hat, ist in Deutschland längst gang und gäbe. Es ist bei uns seit vielen Jahren üblich, dass zahlreiche Supermärkte unverkaufte und noch genießbare Lebensmittel auf freiwilliger Basis an die Tafeln oder andere soziale Einrichtungen abgeben. Zum Vergleich: Die Tafeln retten in Deutschland pro Jahr über 260.000 Tonnen Lebensmittel aus etwa 30.000 Lebensmittelmärkten. In Frankreich liegt die Zahl der geretteten Lebensmittel – trotz Gesetz – bei lediglich 46.200 Tonnen! Das liegt weiter unter den geretteten Lebensmitteln in Deutschland allein durch die Tafeln.
Darüber hinaus arbeiten viele Supermärkte und kleinere Geschäfte des Lebensmitteleinzelhandels bereits mit neuen sozialen Bewegungen wie Foodsharing zusammen. Es gibt zudem Supermärkte, in denen gerettete Lebensmittel aus anderen Geschäften verkauft werden und Händler, die nicht mehr für den Verkauf geeignete, aber genießbare Produkte zur kostenlosen Mitnahme anbieten.
Weiterhin hat sich der Dachverband Tafel Deutschland e.V. bereits im Februar 2016 gegen die Einführung eines Anti-Wegwerfgesetzes nach französischem Vorbild ausgesprochen. Ein wesentliches Argument ist, dass die Zuständigkeit für die Entsorgung nicht von den Supermärkten auf die Tafeln verschoben wird. Denn den Tafeln ist nicht damit gedient, wenn sie unabhängig ihres Bedarfs große Mengen an Lebensmitteln erhalten, die sie nicht verteilen können. Und dann werfen sie diese weg. Deshalb ist die Betrachtung der ganzen Liefer- und Abnahmekette so wichtig, wie es Deutschland macht.
Im Übrigen hat Frankreich nur ein Gesetz für einen Sektor, konkret den Lebensmitteleinzelhandel. Wir haben eine übergreifende Sektorstrategie vorgelegt.
Zudem stellt sich die Frage, welche Gesetze genau denn beschlossen werden sollen. Denn der größte Anteil an Lebensmittelverschwendung fällt in Privathaushalten an. Wir können und wollen aber niemandem vorschreiben, was oder wie viel er einkauft oder im Restaurant verzehrt – ein Kühlschrank-, Einkaufskorb oder Verzehrgesetz wird es nicht geben.
Oder soll es ein Gesetz geben, dass den Restaurants die Portionsgrößen auf den Tellern vorschreibt, oder dass das, was auf dem Teller liegen bleibt, an andere Verbraucher gehen soll? Wohl kaum! Im Übrigen ist ausdrücklicher Teil unserer Strategie, zu prüfen, ob der bestehende rechtliche Rahmen (z.B. Kreislaufwirtschaftsgesetz, Hygieneanforderungen) ausreicht.
Das kurz zu Ihrer Einordnung. Nach einem Gesetz ist schnell gerufen. Und ebenso sind verabredete Maßnahmen und Wege als sinnlos abgetan. Aber die Praxis zeigt das Gegenteil.