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Gegen Depressionen, Ängste und Stress in der Schwangerschaft
Erstes systematisches Screening und Behandlungsprogramm in Baden-Württemberg etabliert
Eine Schwangerschaft ist nicht immer nur eine Zeit ungetrübter Vorfreude – selbst wenn ein Wunschkind unterwegs ist. Bis zu 20 Prozent der werdenden Mütter sind Studien zufolge beispielsweise von einer Depression und bis zu 25 Prozent von Ängsten betroffen. Hier setzt das gemeinsam mit der Universitätsfrauenklinik Heidelberg initiierte Projekt Mind:Pregnancy an, das durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) gefördert wird. Mind:Pregnancy will Schwangere gezielt auf Störungen der Stimmungslage untersuchen lassen und damit eine Versorgungslücke in Baden-Württemberg schließen.
„Unter Depressionen, Stress und Ängsten – darunter auch ganz konkreter Angst vor der Geburt selbst – leidet nicht nur die Schwangere selbst. Auch für Kind und Familie ist die Erkrankung eine große Belastung“, erklärt Professor Dr. Diethelm Wallwiener, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Frauenklinik Tübingen. An dem „Programm für mehr Achtsamkeit in der Schwangerschaft“ können seit dem 28. Januar 2019 Schwangere teilnehmen. Rund 15.000 Frauen können im Rahmen des Projektes versorgt werden. Schwangere, die bei einer der beteiligten Krankenkassen (Techniker Krankenkasse, mhplus Betriebskrankenkasse, über die GWQ ServicePlus AG teilnehmenden Betriebskrankenkassen, AOK Baden-Württemberg und BARMER) versichert sind, können sich auf freiwilliger Basis mit einem Fragebogen auf Anzeichen von Depressionen, Ängsten und Stress untersuchen lassen.
Zeigt sich in dieser ersten Untersuchung durch den behandelnden Frauenarzt, dass eine schwangere Frau eine starke psychische Belastung hat, wird sie durch Mitarbeiter der Universitäts-Frauenklinik Tübingen kontaktiert und bekommt direkt psychologische Hilfe vermittelt. Bei milden Anzeichen von Störungen der Stimmungslage, werden die Schwangeren eingeladen, an einem onlinebasierten Selbsthilfeangebot zur Achtsamkeit teilzunehmen. Damit soll unter anderem überprüft werden, ob die veränderten Stimmungslagen Einfluss auf die Entscheidung der Schwangeren nehmen, wie sie ihr Kind gebären möchte. „Es hat sich gezeigt, dass Frauen, die unter Stress, Angst oder Depressionen leiden, sich eher einen Kaiserschnitt wünschen, auch wenn dieser medizinisch nicht unbedingt notwendig wäre“, verweist Professor Dr. Harald Abele, stellvertretender Ärztlicher Direktor Geburtshilfe des Departments für Frauengesundheit Tübingen auf die wissenschaftliche Fachliteratur. Ein weiteres Ziel der Maßnahme ist daher, den Schwangeren die Ängste zu nehmen und mehr physiologische Geburten zu ermöglichen.
Mithilfe eines von der Abteilung Psychosomatik der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen maßgeblich mitentwickelten Online-Angebotes werden Schwangere mit Anzeichen für eine psychische Belastung unter anderem im Umgang mit Ängsten und körperlichen Veränderungen geschult. Es besteht aus acht wöchentlichen, ausschließlich digitalen Sitzungen, die sich aus verschiedenen Bestandteilen wie beispielsweise Videos und Arbeitsblättern zusammensetzen. Die Sitzungen können via Computer, Tablet oder über eine Smartphone-App bearbeitet werden. Am Ende jeder zweiten Sitzung senden die Teilnehmerinnen Rückmeldungen zu ihrer psychischen Belastung an die koordinierende Stelle der Universitäts-Frauenklinik Tübingen.
Kooperation mit Frauenärzten
Besonders wichtig für das Gelingen des Projekts ist die Kooperation mit den niedergelassenen Frauenärzten und hier insbesondere mit dem Berufsverband der Frauenärzte, Landesverband Baden-Württemberg. „Dieses Konzept ist besonders für die niedergelassenen Frauenärzte von Bedeutung und wir freuen uns auf die enge Zusammenarbeit“, erklärt Markus Haist, Vorsitzender des Berufsverbandes der Frauenärzte Baden-Württemberg. An einer Teilnahme interessierte Praxen können sich unter http://mindpregnancy.de oder direkt bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg registrieren lassen und erhalten die erforderlichen Unterlagen für die Teilnahme am „Vertrag für mehr Achtsamkeit in der Schwangerschaft“.
Zentren und Projektpartner
Leitzentrum dieser Studie ist die Universitätsfrauenklinik Heidelberg. Konsortialpartner des Projektes sind das Department für Frauengesundheit Tübingen, die Abteilung Psychosomatik der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen, das Institut Frauengesundheit Tübingen, die Ludwig-Maximilian-Universität München, die Universität Bielefeld, die Techniker Krankenkasse, die mhplus Betriebskrankenkasse und die GWQ ServicePlus AG als Arbeitsgemeinschaft von Krankenkassen. Als Partner im Selektivvertrag nimmt der Berufsverband der Frauenärzte teil. Kooperationspartner sind die AOK Baden-Württemberg, die BARMER Ersatzkasse und die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg. Geldgeber für das Projekt ist der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), dem obersten Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland.
Bei erfolgreicher Evaluation könnte das Projekt deutschlandweit und in Abstimmung mit allen an der Schwangerenversorgung beteiligten Akteuren Teil der von den gesetzlichen Krankenkassen übernommenen Regelversorgung werden.
Weitere Informationen: www.mindpregnancy.de