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Wie Bakterien Wissen teilen
Molekularbiologin Manuela Hospenthal erforscht, wie sich Antibiotikaresistenzen in Bakterien ausbreiten. Sie will herausfinden, wie Bakterien untereinander Informationen weitergeben. Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen Proteinmaschinen in der Zellmembran, über die Bakterien DNA ein- und ausschleusen.
«Das war nicht geplant», sagt Manuela Hospenthal und schüttelt den Kopf. Vor gut zwanzig Jahren hatte sie als zwölfjähriges Mädchen die Schweiz verlassen. Jetzt ist sie zurückgekehrt. Seit November 2018 baut sie am Institut für Molekularbiologie und Biophysik (IMBB) ihre eigene Forschungsgruppe auf und hat gerade zwei Doktoranden eingestellt. Unterstützt durch einen Prima Fonds des Schweizer Nationalfonds (SNF) zur Förderung von Frauen in der Forschung will sie in den kommenden fünf Jahren erforschen, wie Bakterien beim sogenannten horizontalen Gentransfer Erbinformationen untereinander austauschen. «Wenn wir wissen, wie Bakterien ihr Wissen übertragen, können wir Wege suchen, dies zu verhindern oder sogar zu nutzen», sagt die Forscherin.
Von Arth-Goldau nach Whakatane
Diese Wissensübertragung erforscht sie seit November 2018 in der Schweiz, dem Land, das für die heute 32-jährige lange Zeit nicht mehr als eine Kindheitserinnerung war. Ursprünglich aus Arth-Goldau im Kanton Schwyz zog sie 1998 mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder nach Neuseeland. Ihr Vater, der Kreuzfahrten organisierte und viel gereist war, war begeistert von dem Land auf der anderen Seite der Erdkugel.
Der neue Heimatort war Whakatane, eine Kleinstadt auf der Nordinsel. «Mir kam es wie das Paradies vor», gibt sie zu. «Meine Primarschule befand sich in der Nähe des Strandes mit Blick aufs Meer». In der Mittagspause konnten die Schüler in einen Pool springen oder Cricket und Tennis spielen. Ideal für die sportbegeisterte Schülerin, die in der Schweiz an Kunstturn-Meisterschaften teilgenommen hatte.
An der High School entdeckte Hospenthal ihre Leidenschaft für die Naturwissenschaften. «Ich fand Biologie und Physik spannend, an Englisch oder Literatur lag mir hingegen wenig», erzählt sie. Auf die Idee eine Forschungskarriere einzuschlagen, brachte sie ihr Physiklehrer. «In dem Moment, in dem er das sagte, wusste ich, dass dies etwas war, was ich gerne tun wollte.»
Leidenschaft für Forschung
Von da an ging Manuela Hospenthal entschlossen ihren Weg. Nach ihrem Bachelorstudium und dem Masterabschluss in Biomedizin an der Universität von Auckland wollte sie gerne in Europa promovieren. Auf der Suche nach einer Doktorandenstelle bewarb sie sich 2009 unter anderem beim renommierten MRC Labor für Molekularbiologie (LMB) in Cambridge. «Mich faszinierte, wie die Strukturbiologie Lebensprozesse auf molekularer Ebene beleuchtet», berichtet Hospenthal.
Kaum hatte sie sich beworben, erhielt sie einen Anruf für ein Vorstellungsgespräch. Jetzt brauchte sie nur noch eines von nur vier Stipendien für internationale Bewerber, um ihr Doktorat zu finanzieren. Diese Plätze waren heissbegehrt, zumal LMB-Forscher Venki Ramakrishnan gerade den Chemie-Nobelpreis erhalten hatte, wodurch die Zahl der Bewerbungen stark gestiegen war. Vor Ort konnte die junge Biologin jedoch ihre Interviewer überzeugen und erhielt ein Stipendium.
Ab 2010 erforschte Manuela Hospenthal in ihrer Doktorarbeit am LMB in der Gruppe von David Komander ein kleines Molekül namens Ubiquitin, das nicht mehr gebrauchte Proteine für den Abbau in der Zelle markiert. 2014 wechselte sie dann als Postdoktorandin in die Gruppe von Gabriel Waksman ins Institute of Structural and Molecular Biology (ISMB) des Birkbeck College in London. Hier verlegte sie ihren Schwerpunkt auf Proteine von Bakterien. «Ich wollte herausfinden, wie das Darmbakterium Escherichia coli Proteinfasern auf seiner Oberfläche aufbaut und einsetzt, um in den Harnwegen anzudocken und Erkrankungen auszulösen», erläutert die Forscherin. «Ziel war es, diesen Mechanismus zu verstehen, um Hemmstoffe zu entwickeln, die das Andocken schwächen oder ganz verhindern.»
Aktuell untersucht die Nachwuchsforscherin an der ETH Zürich Proteine in der Zellwand von Bakterien. Sie sind dafür zuständig, DNA von ausserhalb der Bakterienzelle in das Innere zu befördern und sie dann weiter zu verschieben, damit die DNA in das Genom integriert werden kann. Diese DNA kann aus anderen toten Bakterienzellen oder aus DNA stammen, die andere Bakterien freigesetzt haben. «Im Endeffekt bedeutet dies, dass Bakterien genetische Information von anderen nutzen können, um sich potenziell neue Vorteile in einer bestimmten Umgebung zu verschaffen», erläutert Hospenthal. Die Wissenschaftlerin will herausfinden, wie diese Transportproteine funktionieren, um den DNA-Transfer in Zukunft zu hemmen.
Die Rückkehr in die Schweiz
Für ihre Rückkehr in die Schweiz gab nicht die Forschung, sondern die Liebe den Ausschlag. In Cambridge lernte sie ihren Partner, der in der Synthetischen Biologie arbeitet, kennen. Er stammt aus Neuchâtel. «Die ETH hat einen exzellenten Ruf und eine hervorragende Forschungsinfrastruktur, ist in der Nähe von seiner und meiner alten Heimat, und wir können hier beide unsere Forschungen fortsetzen.»
Einzig die Familienfrage ist noch offen. «Wir wissen, dass wir Kinder wollen, aber wie das alles miteinander zu verbinden ist, wissen wir noch nicht», gibt sie zu. Allerdings hat sie ein Vorbild. Nach der High School war Hospenthal für ein Zwischenjahr als Au Pair in Spanien. Dort betreute sie zwei Kinder, deren Eltern Biologen mit eigenen Forschungsgruppen waren. Sie hofft, dass ihr das auch gelingt. «Denn ein Leben ohne Forschung kann ich mir nicht vorstellen», sagt die Wissenschaftlerin.