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Cannabis-Forschung: Universität Hohenheim startet internationales Forschungsnetzwerk
Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Deutschland und Kanada arbeiten gemeinsam daran, Cannabis ohne Rauschmittel-Eignung für den Markt zu erschließen
Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel, Hautpflege…: All das und noch viel mehr lässt sich aus Cannabis-Varianten herstellen. Doch es gibt noch viele offene Fragen: Wie gedeiht welche Cannabis-Genetik im mitteleuropäischen Klima? Welche Möglichkeiten gibt es, die Blüten zu trocknen und nutzbar zu machen? Und wie lässt sich Cannabis hektarweise ernten? Prof. Dr. Simone Graeff-Hönninger von der Universität Hohenheim in Stuttgart beschäftigt sich schon lange mit sogenanntem phytocannabinoidreichen Cannabis. Um die Forschung voranzutreiben und auch Unternehmen frühzeitig mit einzubeziehen, hat ihr Team ein deutsch-kanadisches Netzwerk ins Leben gerufen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und von der Universität Hohenheim koordiniert.
„Dass in der Cannabis-Pflanze viel Potenzial steckt, hat der Handel mittlerweile erkannt“, erklärt die Leiterin der Arbeitsgruppe Anbausysteme und Modellierung Prof. Dr. Simone Graeff-Hönninger. Ursprünglich wurde Cannabis in Deutschland als Faserpflanze für Seile, Kleidung oder Papier angebaut. Dann geriet die Pflanze als potentielle Drogenpflanze in Verruf. Dabei ließen sich aus Cannabis viele gesundheitsfördernde Stoffe gewinnen: die sogenannten Cannabinoide. Diese seien vor allem in der Medizin, Ernährung oder im Bereich der Körperpflege wertvoll, so Prof. Dr. Graeff-Hönninger.
„Allerdings sind das Wissen um die Cannabis-Pflanze und die Erfahrungswerte in Deutschland noch recht gering“, so Prof. Dr. Graeff-Hönninger. „Wir wissen zum Beispiel nicht, wie verschiedene Genetiken in unserem Klima gedeihen und es gibt noch keine Technik, um medizinisches Cannabis in großen Mengen zu ernten.“
Forschung und Handel arbeiten Hand in Hand
Dem Handel fehle nicht nur das nötige Wissen, so Prof. Dr. Graeff-Hönninger, sondern auch der Zugang zu Cannabis-Pflanzen. „Obwohl das verwendete Cannabis nicht als Rauschmittel verwendet werden kann, ist der Anbau in Deutschland streng geregelt.“
Die Forschungseinrichtungen brauchen wiederum die Informationen der Unternehmen, welche Produkte in Planung sind oder von den Verbrauchern gewünscht sind. „Nur so können wir Cannabis-Genetiken entwickeln, die den Ansprüchen des Handels gerecht werden.“
Dabei profitieren Forschung und die Unternehmen voneinander. Der enorme zusätzliche Wissensschatz, der sich durch die Zusammenarbeit mit den kanadischen Partnern ergibt, führt zu einem noch größeren Vorteil für die am Netzwerk beteiligten Unternehmen
„In Kanada ist Cannabis schon viel länger ein Thema als in Deutschland“, erklärt Projektmitarbeiterin Samantha Jo Grimes. „Es gibt dort schon viel mehr Erfahrungswerte, die sich zwar nicht eins zu eins übertragen lassen, von denen wir aber dennoch lernen können.“
Uni Hohenheim forscht im Bereich Anbau und Züchtung
Prof. Dr. Graeff-Hönninger und ihr Team übernehmen nicht nur die Leitung des im Rahmen der Förderschiene „Internationale ZIM-Netzwerke“ erstem vom BMWI geförderten deutsch-kanadischen Netzwerks, sie arbeiten auch gezielt an der Weiterentwicklung phyto-cannabinoidreicher, THC-armer Cannabis-Genetiken.
„Wir arbeiten an Genetiken, die man im mitteleuropäischen Klima auf dem Feld etablieren kann“, erklärt Prof. Dr. Graeff-Hönninger. „Dazu müssen wir herausfinden, wie verschiedene Genetiken auf Umweltfaktoren, Sonneneinstrahlung, Bewässerung, Düngung usw. reagieren.“
Bei den Pflanzen handelt es sich um medizinisches, phytocannabinoides Cannabis. Die Pflanzen enthalten zwar kein Rauschmittel, aber andere Stoffe, sogenannte Cannabinoide, die in der Pharmazie oder im Lebensmittelsektor Anwendung finden können.
„Die genaue Zusammensetzung der Inhaltsstoffe ist von Genetik zu Genetik unterschiedlich, ebenso wie andere Eigenschaften“, so Prof. Dr. Graeff-Hönninger. Zukünftig wollen die Forscher Züchter und Unternehmen beraten, welche Genetik für welches Produkt am geeignetsten ist und für ausgewählte Genetiken Saatgut bereitstellen.
Weitere Netzwerkpartner erwünscht
Das Projekt „Medizinisch phytocannabinoid-reiches (PCR) Cannabis“ ist das erste deutsch-kanadische Netzwerk, das vom Ministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird. Aktuell besteht es aus vier kanadischen und sieben deutschen Partnern.
Vor allem mittelständische Unternehmen möchte Prof. Dr. Graeff-Hönninger ermutigen, sich dem Netzwerk anzuschließen. Für Unternehmen biete sich hier eine hervorragende Möglichkeit, sich den Bereich Cannabis zu erschließen. „Firmen haben die Möglichkeit, eigene Fragen an die Forschungseinrichtungen heranzutragen. Außerdem können Sie Fördermittel für eigene Projekte beim Ministerium beantragen.“ Im Rahmen des Netzwerks sei pro Projekt eine Förderung von 380.000 Euro möglich.
Das Netzwerk „Medizinisch phytocannabinoid-reiches (PCR) Cannabis“ ist zunächst für 18 Monate bewilligt, jedoch mit der Option, drei weitere Jahre gefördert zu werden.