Das GesundheitsPortal für innovative Arzneimittel, neue Therapien und neue Heilungschancen
Nach Therapie von Krebspatienten: Genmutationen im Blut dominieren
Ärzte und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Frankfurt haben erstmalig beim Menschen gezeigt, dass genveränderte Blutstammzellen bei einer Transplantation mit Eigenstammzellen die normalen, nichtveränderten Stammzellen dominieren. Dies kann sich auf Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden auswirken.
Vielen Krebspatienten kann mit einer hochdosierten Chemotherapie geholfen werden. Unter dieser leidet jedoch unter anderem die Blutbildung der Betroffenen. Vor allem die Zahl der für die Krankheitsabwehr zuständigen weißen Blutkörperchen ist nach der Chemotherapie besonders niedrig. Abhilfe schafft eine sogenannte autologe Stammzelltransplantation. Dabei werden eigene Blutstammzellen des Patienten vor der Behandlung gesammelt, eingefroren und nach der Chemotherapie per Infusion zurückgegeben. Nur so kann sich die Blutbildung der Patienten von der starken Chemotherapie erholen.
Ärzte und Wissenschaftler der Medizinischen Klinik II am Universitätsklinikum Frankfurt untersuchten nun 81 Patienten, die eine solche Therapie erhalten hatten. Sie analysierten, wie bestimmte, bereits vor der Therapie vorhandene Genveränderungen der Blutstammzellen den Transplantationsverlauf beeinflussen und ob sich die Anzahl dieser Blutzellen nach Transplantation verändert. Die Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift Cell Reports veröffentlicht.
Blutstammzellen mit genetischen Veränderungen
Tausende Blutstammzellen im Knochenmark des Menschen produzieren täglich Millionen von weißen und roten Blutzellen, die im Körper eine Vielzahl an Aufgaben erfüllen. „Seit kurzem wissen wir, dass bei manchen Menschen einzelne Blutstammzellen auf Grund von Genmutationen die Blutbildung dominieren“, erklärt Prof. Michael Rieger, Leiter der Studie und Professor für Stammzellenbiologie an der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Frankfurt. „Diesen Zustand nennt man klonale Blutbildung. Sie tritt mit zunehmendem Alter häufiger auf. Bei Menschen über 70 Jahre ist etwa jeder Zehnte betroffen. Welche Faktoren – außer dem Alter – ihr Auftreten begünstigen, ist noch nicht gut verstanden, auch wenn das Thema aktuell bei Ärzten und Forschern international große Beachtung findet“, so Prof. Rieger weiter.
Transplantation bedeutet Stress für die Stammzellen
Bei der Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation werden die Stammzellen großem Stress ausgesetzt, da sie sich neu im Knochenmark ansiedeln und die Blutbildung aufbauen müssen.
„Wir wollten wissen, ob bei einer autologen Transplantation die genetisch veränderten Stammzellen einen Vorteil gegenüber den normalen Stammzellen haben. Wir haben daher Proben von Patienten vor und nach Transplantation auf klonale Blutbildung untersucht“, berichtet Dr. Christina Ortmann, Initiatorin der Studie aus der Medizinischen Klinik II und Erstautorin der Publikation. „Tatsächlich hat sich die Anzahl der Patienten mit klonaler Blutbildung nach der Transplantation verdoppelt. Außerdem konnten wir durch hochsensitive Methoden zeigen, dass diese oft aus winzigen – vor der Transplantation bereits vorhandenen – Blutzellklonen entsteht, die nach der Transplantation deutlich an Größe zunehmen“, so Dr. Ortmann weiter. Eine klonale Blutbildung beeinflusste zudem den klinischen Verlauf der Transplantation: So brauchten betroffene Patienten länger bis zur Erholung der weißen Blutzellen.
Zwar ist die klonale Blutbildung per se keine Erkrankung. Sie erhöht aber das Risiko für Blutkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arterienverkalkung und Herzinfarkte. Entsprechende Untersuchungen könnten daher in Zukunft ein wichtiger Bestandteil der Therapieplanung und Nachsorge bei autologer Transplantation werden.