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Allogene Stammzelltransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphomen: Nutzen bleibt unklar
Für bestimmte Patientengruppen fehlen aussagekräftige Studien / Indikationsspezifische Register könnten Datenlücke schließen
Ob Patientinnen und Patienten, die an einem Non-Hodgkin-Lymphom erkrankt sind, (bessere) Heilungschancen haben, wenn ihnen Stammzellen eines anderen Menschen transplantiert werden, hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht. In seinem jetzt vorgelegten Abschlussbericht kommt das Institut zu dem Ergebnis, dass Aussagen zum Nutzen dieser risikoreichen Therapie nicht möglich sind. Für die häufig sehr kleinen Patientengruppen fehlen aussagekräftige Studien. Die Datenlücke ließe sich für manche Fragestellungen mithilfe von indikationsbezogenen Registern schließen.
Erkrankung ist selten und vielfältig
Das Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) ist eine Form von Lymphdrüsenkrebs, also eine Erkrankung des blutbildenden Systems. Reichen Chemo- und Strahlentherapie nicht aus, kommt eine Stammzelltransplantation infrage. Wenn die dabei übertragenen Stammzellen vom Patienten selbst stammen, spricht man von einer autologen Transplantation. Da keine unerwünschte Immunreaktion auftritt, ist diese Variante in der Regel vorzuziehen. Es gibt jedoch auch Patientinnen und Patienten, bei denen die allogene Variante angewendet wird. Dabei werden Stammzellen eines anderen Menschen übertragen.
Auch Kohortenstudien und Fallserien einbezogen
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IQWiG haben eine ganze Reihe von therapeutischen Situationen untersucht. Teils verglichen sie die allogene Stammzelltransplantation mit der autologen, teils mit einer Behandlung, die nicht mehr auf Heilung abzielt (palliativ).
Für jene Patientengruppe, für die alle auf Heilung zielenden Therapien bereits ausgeschöpft waren, schloss das IQWiG auch Fallserien ein. Allerdings lässt sich aus diesen nur dann ein Nutzen ableiten, wenn sehr deutliche Effekte beobachtet werden.
Fallzahlen in Untergruppen oft klein
Die Bewertung der allogenen Stammzelltherapie wird dadurch erschwert, dass die verschiedenen Formen der Erkrankung selten sind. Selbst wenn man alle Non-Hodgkin-Lymphome gemeinsam betrachtet, gibt es derzeit pro Jahr in Deutschland nur ca. 250 Patientinnen und Patienten, die eine allogene Stammzelltransplantation erhalten. Diese verteilen sich zudem auf viele Untergruppen. Bei einzelnen dieser extrem seltenen Lymphome hat das IQWiG daher sogar internationale Sammelstatistiken von Einzelfallberichten ausgewertet. Im Stellungnahmeverfahren, das sich an die Veröffentlichung des Vorberichts anschloss, erhielt das IQWiG zusätzliche Informationen zu einzelnen Studien.
Aussagen zu Lebensqualität nicht möglich
Insgesamt konnte das Institut 43 Studien in den Abschlussbericht einbeziehen. Davon untersuchten 11 Studien Patientinnen und Patienten, bei denen die Behandlung nicht mehr auf eine Heilung zielte.
Die Studien untersuchten vor allem, wie lange die Patientinnen und Patienten überlebten. Sofern es überhaupt verwertbare Daten gab, zeigten sie beim sogenannten Gesamtüberleben aber keinen klaren Vorteil der allogenen Stammzelltransplantation gegenüber den Vergleichstherapien. Studien, die eine Aussage über die Lebensqualität der Betroffenen erlauben würden, gibt es keine.
Insgesamt kommt das IQWiG deshalb zu dem Ergebnis, dass der Nutzen der allogenen Stammzelltransplantation unklar ist. Gleichzeitig weist das Institut auf das Risiko einer Abwehrreaktion der neu gebildeten Immunzellen gegen die Patientin oder den Patienten hin (Graft-versus-Host-Disease), das bei einem fremden Spender immer besteht. Das IQWiG sieht hier einen Anhaltspunkt für einen Schaden.
Wissenschaftliche Überprüfung ist unverzichtbar
Im Stellungnahmeverfahren wurde auf Diskrepanzen zwischen der Nutzenbewertung und der klinischen Erfahrung hingewiesen. Dabei ging es insbesondere um jene Patientinnen und Patienten, für die alle gängigen Therapien bereits ausgeschöpft waren. Nach Darstellung der stellungnehmenden Klinikerinnen und Kliniker sind im Durchschnitt rund 30 Prozent dieser Transplantierten fünf Jahre nach dem Eingriff noch am Leben, während fast alle ohne diese Therapie bereits im ersten Jahr versterben. Diese Diskrepanz zwischen klinischer Erfahrung und Studienergebnissen hat das Institut auch nach erneuter Prüfung der Daten nicht auflösen können.
Bei einer speziellen Form der Erkrankung, dem hepatosplenischen Lymphom, hat das IQWiG individuelle Patientendaten ausgewertet. Rechnet man Unterschiede wie etwa die Schwere der Erkrankung heraus, fällt der Überlebensvorteil derjenigen, die eine allogene Stammzelltransplantation erhalten haben, deutlich kleiner aus. Solange dem Institut keine vergleichenden Daten vorliegen, mindestens aus einem indikationsbezogenen Register, besteht die Gefahr, durch indirekte Vergleiche in die Irre geführt zu werden. Denn man kann nicht wissen, ob ein beobachteter Unterschied tatsächlich allein dieser Therapie und nicht dem insgesamt besseren Gesundheitszustand geschuldet ist, wenn die allogen Transplantierten nach fünf Jahren noch leben, die meisten anderen Patientinnen und Patienten aber längst verstorben sind.
Für den Vergleich der allogenen und der autologen Stammzelltransplantation bei therapienaivem T-NHL steht die Veröffentlichung der Endergebnisse einer abgebrochenen randomisierten Studie noch aus (AATT-Studie). Eine Autorenanfrage ergab, dass die Endauswertung der Daten durch die Studiengruppe noch dieses Jahr präsentiert und zeitgleich veröffentlicht werden soll.