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Alles dreht sich – DFG-Forschungsprojekt zu Reisekrankheit beim automatisierten Fahren
Während der Reise am Computer arbeiten oder mit den Kindern ein Kartenspiel spielen – das automatisierte Fahren schafft Freiräume im Auto. Allerdings verursachen Tätigkeiten während der Fahrt bei einigen Menschen Unwohlsein und Übelkeit – eine klassische Reisekrankheit tritt ein. Forschende der TU Berlin und der Charité – Universitätsmedizin Berlin untersuchen jetzt, wie Reisekrankheit und automatisiertes Fahren genau zusammenhängen und wie sich Beschwerden vermindern lassen. Das Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 700.000 Euro für drei Jahre gefördert und soll die Akzeptanz der neuen Technologie erhöhen.
Ob zur See, auf der Straße, in der Luft oder im Weltraum – bestimmte Bewegungsabläufe und Tätigkeiten über einen längeren Zeitraum sorgen dafür, dass viele Menschen blass werden und über Schwindel, kalten Schweiß, Übelkeit und Kopfschmerz klagen. Sie leiden an der Reise- oder Bewegungskrankheit. In einer Studie der Charité gaben über 40 Prozent von 500 befragten Personen an, während einer Autofahrt schon einmal Symptome dieser Krankheit gehabt zu haben. Kinetose, so der Fachbegriff, tritt häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen auf. Zudem sind Beifahrerinnen und Beifahrer durch Beschäftigungen wie beispielsweise Lesen häufiger betroffen als Fahrerinnen und Fahrer. Entsprechend kann Kinetose die flexible Nutzung des Raums im Auto, die durch das automatisierte Fahren entsteht, stark beeinträchtigen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen nun, wie Kinetose zustande kommt und sich beim automatisierten Fahren vermindern lässt. Sie möchten herausfinden, wie sich die Krankheit durch fahrzeugtechnische Maßnahmen – etwa aktive Fahrwerke oder Sitze – vermeiden lässt. Das Auto soll dabei frühzeitig erkennen können, ob eine Person im Fahrzeug Symptome entwickelt, um entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Dafür kämen eine Änderung des Fahrstils oder der Fahrwerkeigenschaften und der Vorschlag einer Pause in Frage.
„Neue Erkenntnisse, wie durch fahrzeugtechnische oder medizintherapeutische Maßnahmen die Reisekrankheit verringert werden kann, werden dazu beitragen, die Akzeptanz und den Nutzen von automatisiertem Fahren zu erhöhen“, erklärt Prof. Dr. Steffen Müller, Leiter des Fachgebietes Kraftfahrzeuge der Technischen Universität Berlin und Leiter des Forschungsprojektes.
Dr. Uwe Schönfeld von der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Charité Campus Benjamin Franklin und Leiter des Charité-Teilprojektes ergänzt: „Wir möchten verstehen, welche Ursachen für die stark verbreitete Kinetose-Empfindlichkeit verantwortlich sind. Konkret werden wir Probandinnen und Probanden hinsichtlich ihrer Neigung zu Reisekrankheit kategorisieren und physiologische Daten über die Funktion der Gleichgewichtsorgane im Innenohr sammeln.“ Dies wird unter anderem mithilfe einer speziellen Drehstuhlanlage geprüft. Per Video wird die Mimik der Teilnehmenden aufgezeichnet und analysiert, um so Muster für Symptome der Reisekrankheit zu erkennen. Außerdem werden Testpersonen in speziell für das Forschungsprojekt aufgebauten Versuchsfahrzeugen Fahrsituationen mit Kinetose-Risiko ausgesetzt. Anschließend werden die biologischen Zusammenhänge in einem Simulationsmodell abgebildet.
Das Gemeinschaftsprojekt von TU Berlin und Charité verfolgt einen interdisziplinären Ansatz. Beide Partnerinnen bauen so ihre Zusammenarbeit in der Forschung weiter aus. Die Forschenden hoffen, dass ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in einem nächsten Schritt auch von Automobilunternehmen genutzt werden und diese Funktionen und Systeme in ihre Produkte implementieren, die der Reisekrankheit vorbeugen.
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Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (CBF)