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Musiktherapie hilft bei Krebs
Erster ThemenCheck Medizin mit weiteren wissenschaftlichen Ergebnissen
Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft sieht Handlungsdruck bei der Politik
Musiktherapie hilft bei Krebserkrankungen. Das bestätigt ein am Freitag veröffentlichter Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Das IQWiG stellt fest, dass vor allem psychische Begleitsymptome wie zum Beispiel Abgeschlagenheit, Angst, Stress, Anspannung, Stimmungsschwankungen durch musiktherapeutische Interventionen kurzfristig günstig beeinflusst werden. Die Studie bescheinigt, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität und das subjektive Wohlempfinden durch Musiktherapie verbessert werden.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft (DMtG), Prof. Dr. Lutz Neugebauer (Witten), ist erfreut: „Die Studie untermauert die langjährigen positiven Erfahrungen der Musiktherapie, nun braucht es weitere Regelungen.“ Neugebauer lobt vor allem auch, dass zum ersten Mal durch den HTA-Bericht (Health-Technology-Assessment) nicht nur die Wirkung, sondern auch umfassend soziale, ethische, organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen der Musiktherapie untersucht wurden. Die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft schließt sich deshalb der Empfehlung des IQWiG an, Musiktherapie im Sinne eines künftigen einheitlichen Berufs- und Ausbildungsrechts gesetzlich zu regeln.
Forderungen an den Gesetzgeber
Neugebauer: „Die einheitliche Qualität von musiktherapeutischen Behandlungen muss für die Patienten gesichert werden – nach 40 Jahren staatlich anerkannter akademischer Ausbildung ist nun der Gesetzgeber gefordert.“ Neugebauer sieht vor allem auch die Lücken in der ambulanten Versorgung: „Obwohl es im SGB V ‚ambulant vor stationär‘ heißt, können nicht alle Patienten in der Versorgung profitieren, denn ambulante Behandlungen durch qualifiziert ausgebildete Musiktherapeut*innen werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen.“ Als „skandalös“ bezeichnet es Neugebauer, dass Musik- und Tanztherapie im Anhang der Heilmittelrichtlinie aus dem Jahr 1992 als Ausschluss aufgeführt ist. Die Gründe dafür sind nach intensiver Recherche heute weder auffindbar noch nachprüfbar. Deshalb braucht es nach über 25 Jahren und Tausenden von neuen Studien weltweit eine neue Bewertung. Die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft fordert seit langem eine Rücknahme des Ausschlusses, damit Krankenkassen ihren Versicherten diese sinnvolle Therapie anbieten können. Über 6000 Menschen haben dies mit einer Aktionspostkarte an den Bundesgesundheitsminister bereits Mitte 2017 unterstützt. Denn Musiktherapie hilft Tag für Tag Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen, Demenz, nach einem Schlaganfall oder nach erlittenen Traumata – besonders auch bei sprachlichen Beeinträchtigungen.
Der ThemenCheck Medizin zu „Krebs und Musiktherapie“ ist die erste umfangreiche Bewertung überhaupt, die aufgrund von Bürgeranfragen vom IQWiG durchgeführt wurde und den Blick über die Wirkungen hinaus auf das organisatorische Umfeld erweitert. Über Langzeitwirkungen macht der Bericht aufgrund fehlender Studien keine Aussagen. Das IQWiG regt deshalb zu weiteren Forschungen an. Der musiktherapeutische Beruf sei zwar in Kliniken und in der Rehabilitation anerkannt, aber grundsätzlich nicht gesetzlich geregelt. Das IQWiG bezeichnet Musiktherapie als „neue Profession“, die weder dem ärztlichen noch dem pflegerischen Bereich zugeordnet werden könne, deshalb braucht es eindeutige Regelungen.
Zusammenarbeit mit Krankenkassen
Um die ambulante Versorgung kranker Menschen zu verbessern, regt die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft deshalb eine Zusammenarbeit mit Krankenkassen an für zeitlich und regional begrenzte Modellprojekte, um die vielfältigen Potentiale der Musiktherapie nutzen zu können. Dieses Ziel verfolgt auch ein laufender Antrag beim Innovationsfonds der Bundesregierung, der sich auf den Abschlussbericht des „Runden Tisches“ zum sexuellen Kindesmissbrauch aus dem Jahr 2011 bezieht: Hier wurden ambulante Behandlungsmöglichkeiten durch Musiktherapie und Künstlerische Therapien sowie Forschungen dazu ausdrücklich empfohlen.
Die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft erhofft sich nun weitere Fortschritte in der Etablierung von Musiktherapie im Gesundheitswesen – ähnlich wie in anderen europäischen Ländern – und bemüht sich zeitnah um Gespräche mit den Verantwortlichen.
Eine ausführliche Stellungnahme der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft zum gegenwärtigen Stand der Musiktherapie in Deutschland ist bei www.musiktherapie.de zu finden.