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Auf Herz und Nieren prüfen
Neue „Klug entscheiden“-Empfehlung der DGIM nimmt Mehrfacherkrankungen in den Fokus
Experten zufolge leidet jeder 20. Bundesbürger an einer höhergradigen Niereninsuffizienz, bei der die Nieren kaum noch in der Lage sind, den Körper zu entgiften. Gleichzeitig erkranken Nierenpatienten wesentlich häufiger am Herzen als der Bevölkerungsdurchschnitt, doch bleibt dies oft unentdeckt. Daher raten Experten der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) dazu, Patienten mit fortgeschrittenen chronischen Nierenerkrankungen gezielt auf zusätzliche kardiologische Erkrankungen zu untersuchen. Dies ist eine von zwölf neuen „Klug entscheiden“-Empfehlungen (KEE) aus allen Bereichen der Inneren Medizin, welche die DGIM in einem Sammelband zusammengestellt hat. Zur Verbesserung der Patientenversorgung fordert die Fachgesellschaftzudem, dass Nierenpatienten zukünftig nicht mehr aus kardiologischen Studien ausgeschlossen werden.
„Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz soll bei entsprechenden Hinweisen ein akutes Koronarsyndrom ausgeschlossen werden.“ Mit dieser neuen „Klug entscheiden“-Empfehlung will die DGIM die Aufmerksamkeit der Ärztinnen und Ärzte auf Zusammenhänge zwischen Erkrankungen der Nieren und des Herzens lenken. Denn bei nierenkranken Patienten bleiben Probleme, wie ein akutes Koronarsyndrom, etwa ein Herzinfarkt, im Krankenhaus häufiger unentdeckt, als bei Patienten ohne Nierenerkrankung. Auch die Zahl der Todesfälle in Folge einer Herzerkrankung liegt bei Nierenpatienten erheblich höher. Darauf weist die Fachgesellschaft in der neuen KEE unter Berufung auf Ergebnisse US-amerikanischer Wissenschaftler hin. „Nierenerkrankte Patienten kämpfen zusätzlich oft mit weiteren Krankheiten, häufig auch am Herzen“, sagt Professor Dr. med. Jürgen Floege, Vorsitzender der DGIM und Direktor der Klinik für Nieren-und Hochdruckkrankheiten, rheumatologische und immunologische Erkrankungen der Uniklinik der RWTH Aachen. Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Bevölkerung sei es entscheidend, die Aufmerksamkeit von Ärzten und Forschung verstärkt auf multimorbide Patienten und ihre Beschwerden zu lenken.
Floege fordert mehr Interdisziplinarität der internistischen Forschung: „Gerade Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktionwerden nahezu regelhaft auskardiologischen Studien ausgeschlossen. Damit vernachlässigen wir in den Studieneine wichtige Hochrisiko-Gruppe von Patienten.“ Von einer verstärkten wissenschaftlichen Zusammenarbeit von Kardiologie und Nephrologie könnten jedoch viele Tausende Patienten profitierten, so der DGIM-Vorsitzende. Aus diesem Grund widmet sich der 126. Internistenkongress im April 2020 unter dem Leitthema„Herz und Niere: eine unheilige Allianz“ den Wechselwirkungen zwischen Erkrankungen der beiden Organe. Zuvor soll bereits die neue KEE die behandelnden Ärztinnen und Ärzte für die Problematik sensibilisieren.
Seit 2016 gibt die DGIM die KEE für Ärztinnen und Ärzte heraus. Elf weitere Fachgesellschaften haben sich der Initiative der DGIM angeschlossen. Zwölf neue KEE sind im April 2019 hinzugekommen, sodass das Programm nun 149 Positiv-und Negativempfehlungen umfasst. „Mit der Initiative KEE geben wir den Ärztinnen und Ärzten der beteiligten Fachbereiche ein praktisches Instrument für den Klinik- und Praxisalltag an die Hand“, sagt Professor Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM und Internist und Kardiologeaus Würzburg. „Die Handlungsempfehlungenrichten sich sowohl gegen Über- als auch Unterversorgung und sollen die Qualität und Effektivität der Patientenversorgungweiter verbessern“, so Ertl. Ärztinnen und Ärzte können in der eAkademie der DGIM Schulungen zuden KEE absolvieren und ein Zertifikat erhalten. Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage https://www.klug-entscheiden.com.
Quelle: Klug entscheiden, Dtsch Arztebl Sammelband 2019, 115 (13–18).