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Besser verträgliche Stents verhindern Verschluss von Blutgefäßen
Verengen Ablagerungen die Blutgefäße, setzen Mediziner Stents ein: Sie sollen die verstopften Passagen weiten. Doch mitunter wehrt sich das Immunsystem des Patienten gegen diese Implantate, es kann zu Fremdkörperreaktionen kommen. Durch optimierte Beschichtungen konnten Dresdner Fraunhofer- Forschende gemeinsam mit Projektpartnern die Bioverträglichkeit der Stents nun deutlich verbessern.
Sind Blutgefäße durch Ablagerungen verstopft, drohen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Ärzte setzen daher Stents in die betroffenen Gefäße ein: Feine, röhrenförmige Geflechte aus Edelstahl, die nach dem Einsetzen aufgedehnt werden und die Blutbahn offen halten. Bei etwa einem Viertel der Patienten treten jedoch durch eine Immunantwort unerwünschte Effekte auf – etwa Entzündungen, eine Abstoßung des Fremdkörpers oder die Anlagerung von Gewebe. Diese Körperreaktionen führen dazu, dass sich das behandelte Blutgefäß leichter wieder verschließt. Hersteller gehen daher dazu über, die Stents zu beschichten und ihre Verträglichkeit auf diese Weise zu erhöhen. Das geschieht beispielsweise mit Titanoxinitrid, einer Beschichtung aus Titan, Sauerstoff und Stickstoff. Das Problem: Die Schichten gelingen nicht immer, mitunter weisen sie Lücken auf. Hinzu kommt, dass die Beschichtung nicht an allen Stellen gleich dick ist. Ergo können die Beschichtungen das Risiko von Fremdkörperreaktionen zwar senken, gänzlich ausschließen können sie solche Komplikationen jedoch noch nicht.
Optimierte Beschichtung
Ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS konnte die Stent-Beschichtungen nun optimieren und damit deren Biokompatibilität deutlich verbessern. Das von deutscher Seite vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderte Verbundprojekt wurde gemeinsam mit dem polnischen Stenthersteller Balton, der russischen Firma VIP Technologies und der University POLITEHNICA of Bucharest realisiert. »Die Biokompatibilität hängt von zahlreichen Werkstoffparametern ab – unter anderem von der Oberflächenrauigkeit, Benetzbarkeit und der chemischen Zusammensetzung der Beschichtung«, erläutert Dr. Natalia Beshchasna, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IKTS und Leiterin des Projekts. »Diese Parameter konnten wir gezielt anpassen, indem wir den Abscheidungsprozess technologisch weiterentwickelt haben, was wiederum die Verträglichkeit der Stents verbessert.
Es gelang, die Bedeckungsrate der Stents mit der Beschichtung um zehn Prozent zu steigern – statt bei 80 Prozent liegt sie nun bei 90 Prozent.« Das war keine einfache Aufgabe, da die Außenoberfläche der Stents gewebekompatibel, die Innenoberfläche hingegen blutkompatibel sein muss. Zudem muss die Schicht an allen Ecken und Kanten des Drahtgeflechts gleich dick und elastisch sein, damit der Stent ohne Beschädigung der Schicht in der Blutbahn aufgedehnt werden kann.
Stellschraube: Chemische Zusammensetzung
Üblicherweise werden die Schichten über ein Plasma erzeugt. Dafür wird unter Vakuum ein Titantarget mit Argon-Ionen beschossen, wodurch Atome herausgeschlagen werden. Zusätzlich wird eine Gasmischung aus Sauerstoff und Stickstoff in die Vakuumkammer eingeleitet. Das Resultat: Auf dem Stent entsteht eine Schicht, die sowohl Titan als auch Sauerstoff und Stickstoff enthält. Als Ansatzpunkt für die Optimierung wählten die Forscherinnen und Forscher vor allem die chemische Zusammensetzung der Schicht – insbesondere das Verhältnis von Sauerstoff und Stickstoff. »Dazu haben wir eine Matrix erstellt, anhand derer wir die Gas-Mischungsverhältnisse variiert haben«, berichtet Beshchasna. Diese verschiedenen Mischungen lassen sich über die Menge des entsprechenden Gases einstellen, das in die Vakuumkammer eingeleitet wird. Nach der Erzeugung der Schichten untersuchten die Forscher deren Eigenschaften, unter anderem die Oberflächenmorphologie, die chemische Zusammensetzung sowie die Benetzbarkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass das optimale Verhältnis von Sauerstoff zu Stickstoff bei drei zu fünf liegt.
Belastungstest: Vorbeiströmendes Blut
Eine weitere wichtige Fragestellung war, ob die Beschichtung der Belastung des vorbeiströmenden Blutes standhält. Um dies zu beantworten, entwickelten die Forscherinnen und Forscher ein System, in dem die Stentoberfläche mit künstlichem Blutplasma umströmt wird – und zwar bei unterschiedlichen Temperaturen, Drücken und Strömungsgeschwindigkeiten. Über zwei Monate unterzogen die Wissenschaftler die Beschichtungen dieser Prozedur. Mit Erfolg: Die Beschichtung hielt stand, es lösten sich auch keine Bestandteile der Beschichtung in der Testflüssigkeit.
Der Projektpartner Balton untersuchte zudem das Verhalten der Beschichtung bei Deformation des Stents. In diesen Tests wurde eine ausreichende Flexibilität der Beschichtung nachgewiesen. Die Firma VIP Technologies entwickelte eine Beschichtungsanlage, in der 14 Stents gleichzeitig zunächst per Plasma gereinigt und anschließend – überwacht von einer optischen Spektralanalyse – innerhalb weniger Stunden beschichtet werden können. Auf diese Weise lassen sich die Kosten für die Stents um 30 Prozent reduzieren, verglichen mit handelsüblichen beschichteten Stents. Die Partner planen nun die Vermarktungsphase.