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Diabetessymptome bei Kindern oft unerkannt – Zum Weltkindertag am 20. September fordern Diabetologen mehr Diabetes-Aufklärung bei Eltern
Der Diabetes mellitus Typ 1 ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. „In Deutschland leben ca. 32.500 Kinder und Jugendliche im Alter bis 19 Jahren mit Typ-1-Diabetes. In den kommenden 20 Jahren rechnen wir mit einer Verdoppelung der Neuerkrankungsrate“, sagt DDG Vizepräsident Professor Dr. med. Andreas Neu. „Obwohl viele Menschen wissen, was Diabetes ist, sind die Symptome für Diabetes bei Kindern eher unbekannt. Die Folge ist, dass bei ihnen die Krankheit oft erst bei folgenreichen Komplikationen festgestellt wird.“ So zeigt eine aktuelle PloS One-Studie der Technischen Universität Dresden, dass bei 35 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen bis 14 Jahren in Sachsen zwischen 1999 und 2016 zum Zeitpunkt der Diabetesdiagnose bereits eine diabetische Ketoazidose (DKA) vorlag. Bundesweit liegt die Rate bei etwa 20 Prozent.
Typische Anzeichen für einen Diabetes mellitus Typ 1 sind ein ständiges Durstgefühl, häufiges Wasserlassen, Gewichtsabnahme und Müdigkeit. Werden diese Anzeichen übersehen und erfolgt keine Behandlung, schreitet der durch die Autoimmunerkrankung bedingte Insulinmangel weiter fort. Es häufen sich die organischen Säuren Acetessigsäure und ?-Hydroxybuttersäure (Ketonkörper) im Blut an und vermindern dessen pH-Wert. Der Körper entwickelt eine diabetische Ketoazidose (DKA). Die Symptome hierfür sind Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Bauchraum, Durst und Schwäche. Für Angehörige erkennbar ist dies auch durch einen starken Acetongeruch des Atems. Unbehandelt können die Kinder und Jugendliche ins Koma fallen. Diese akute Verschlechterung ist potentiell lebensgefährlich.
Für Neugeborene mit einer erhöhten genetischen Veranlagung für Typ-1-Diabetes existiert bereits das kostenlose Präventionsprogramm „Freder1k“. Die Früherkennungsuntersuchung der Globalen Plattform zur Prävention des autoimmunen Diabetes (GPPAD) wird im Rahmen des regulären Neugeborenen-Screenings schon in den ersten Lebenstagen oder bei einer der ersten Vorsorgeuntersuchungen vorgenommen. „Derzeit richtet sich das Angebot jedoch nur an Neugeborene bis zum Alter von vier Monaten aus Bayern, Niedersachen und Sachsen“, erklärt Dr. med. Martin Holder, Leitender Oberarzt der Pädiatrischen Abteilung des Klinikums Stuttgart. „Wenn bereits ein Elternteil oder ein Geschwisterkind an Typ-1-Diabetes erkrankt ist, können auch Babys aus ganz Deutschland an der Untersuchung teilnehmen.“
DDG Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer begrüßt solche Vorsorgemaßnahmen und mahnt mit Blick auf die weiterhin hohe Zahl an DKA-Vorfällen jedoch zu großer Vorsicht. „Offenbar reichen Präventionsprograme in der Kinderarztpraxis alleine nicht aus. Idealerweise erkennen bereits Eltern oder Angehörige erste Symptome einer Diabetes-Erkrankung, um dann rasch handeln zu können“, betont Kellerer. Über erste Anzeichen von Typ-1-Diabetes sollte intensiver informiert werden.
Aufklärungskampagnen können dabei helfen. Studien der International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) und der American Diabetes Association (ADA) zeigen, dass mithilfe guter Aufklärungsarbeit für Eltern die DKA bei Kindern und Jugendlichen erheblich reduziert werden konnte. Die Informationskampagne „Stuttgarter Ketoazidose Präventionsprojekt“ zeigt ebenfalls, dass Aufklärung zu einem deutlichen Rückgang von DKA-Fällen führt. „Die schweren Stoffwechselentgleisungen konnten nahezu halbiert werden“, so Holder, der das Projekt mitverantwortete. „In Anbetracht dieser Erfolge empfehlen wir, dass in den Kinderarztpraxen systematisch aufgeklärt wird. Dies kann beispielsweise in Form von bundesweiten Infoflyern im Rahmen der U6 oder U7a, also nach ein bis drei Jahren erfolgen.“
Literatur:
Manuwald U et al. (2019) Ketoacidosis at onset of type 1 diabetes in children up to 14 years of age and the changes over a period of 18 years in Saxony, Eastern-Germany: A population based register study. PLOS ONE 14(6): e0218807. doi.org/10.1371/journal.pone.0218807
Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2019