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Neue Steuerung für die zelluläre Aufnahme von Nährstoffen
Ein internationales Team geleitet durch Forschende am Helmholtz Zentrum München hat einen neuen Mechanismus aufgedeckt, der dabei helfen könnte, neue Strategien zur Behandlung metabolischer Erkrankungen zu entwickeln. Der Mechanismus reguliert die Menge von Nährstofftransportern auf der Oberfläche von Zellen. Die Arbeit wurde nun in Nature Communications veröffentlicht.
Transporter auf der Zelloberfläche wachen über die zelluläre Aufnahme von Nährstoffen wie Glukose und Aminosäuren. Störungen in der Menge dieser Transporter auf der Zelloberfläche können mit Stoffwechselerkrankungen verbunden sein. Das Ausschleusen dieser Nährstofftransporter aus der Zelle auf die Zelloberfläche kontrolliert ein Proteinkomplex bekannt als der ‚Sorting Nexin 27‘ (SNX27)-Retromer. Defekte in diesem Komplex führen zur Reduzierung der Nährstoffaufnahme, des Stoffwechsels und der Gewichtszunahme. Wie genau der SNX27-Retromer das Ausschleusen der Nährstofftransporter kontrolliert, war bisher nicht bekannt.
Unerwarteter Mechanismus aufgedeckt
Einem Team aus Forschenden geleitet von Prof. Daniel Krappmann am Helmholtz Zentrum München gelang es erstmalig, das Protein OTULIN als Faktor zu identifizieren, der die Arbeitsweise und damit die Effektivität des SNX27-Retromeres entscheidend beeinflusst. Frühere Arbeiten unter Mitwirkung der Gruppe Krappmann beschrieben bereits eine wichtige enzymatische Funktion von OTULIN in der Regulation zellulärer Signalprozesse (siehe Keusekotten et al., Cell 2013).
Nun entdeckte das Team einen neuen, völlig unerwarteten Mechanismus, der die Menge von Nährstofftransportern auf der Zelloberfläche steuert. Die Forschenden konnten für OTULIN eine neue sogenannte Mondlicht-Funktion, d.h. eine zweite nicht-enzymatische Rolle, bei der Kontrolle des SNX27-Retromers definieren. OTULIN bindet in den Zellen an SNX27 und verhindert dadurch den Zusammenbau des SNX27-Retromer-Komplexes. Die Untersuchungen konnten weiter zeigen, dass die Bindung von OTULIN an SNX27 die Oberflächenexpression von wichtigen Transportproteinen wie dem Glukosetransporter GLUT1 und dem Aminosäuretransporter SLC1A4 stark verringert.
Diese Erkenntnisse weisen in eine neue Richtung, wie die Aufnahme von Nährstoffen in menschlichen Zellen gesteuert wird. Gegenwärtig arbeitet das Team daran, die Dynamik der Regulation des Retromers durch OTULIN aufzuklären. Ziel ist es zu evaluieren, ob die Manipulation dieser Regulation eine zukünftige therapeutische Strategie sein könnte. Diese könnte zur Kontrolle der zellulären Nährstoffaufnahme und damit der Stoffwechselprozesse eingesetzt werden.
Paradebeispiel für internationale Forschung
Die Ergebnisse resultieren aus einer engen internationalen Kooperation des Helmholtz Zentrums München mit Wissenschaftlern am Medical Research Council (MRC) in Cambridge (UK), der Universität Oxford (UK), UbiQ in Amsterdam (Niederlande) und dem Walter and Eliza Hall Institut (WEHI) in Melbourne (Australien).
„Der Erfolg dieser Studie basiert maßgeblich auf der exzellenten Zusammenarbeit von Wissenschaftlern aus ganz unterschiedlichen Disziplinen“, erklärt Krappmann. „Nur durch die enge Verzahnung von chemischer Biologie, Massenspektrometrie, Biophysik und Strukturbiologie mit molekular- und zellbiologischen Techniken konnte dieser unerwartete Kontrollmechanismus aufgeklärt werden.“
Weitere Informationen
Originalpublikation:
Stangl et al. (2019): Regulation of the endosomal SNX27-retromer by OTULIN. Nat. Commun, DOI: 10.1038/s41467-019-12309-z
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus, Allergien und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.500 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 19 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.
Die Abteilung Zelluläre Signalintegration (AZS) ist dem Institut für molekulare Toxikologie und Pharmakologie (TOXI) angeschlossen und forscht für ein besseres Verständnis von Signalnetzwerken. Dabei stehen das Zusammenspiel von Proteinen in Komplexen und die Auswirkungen posttranslationaler Modifikationen im Mittelpunkt. Ziel ist es, die Fehlregulation der Signalkomplexe im Immunsystem bei Entzündungserkrankungen und der Entwicklung von Lymphomen zu verstehen und pharmakologisch anzugreifen.
Das Institut für Diabetes und Adipositas (IDO) erforscht die Erkrankungsmechanismen des Metabolischen Syndroms mit systembiologischen und translationalen Ansätzen. Mittels zellulärer Systeme, genetisch modifizierter Mausmodelle und klinischer Interventionsstudien sollen neue Signalwege und Zielstrukturen entdeckt werden. Ziel ist die interdisziplinäre Entwicklung innovativer Therapieansätze zur personalisierten Prävention und Behandlung von Adipositas, Diabetes und deren Begleiterkrankungen. Das IDO ist Teil des Helmholtz Diabetes Center (HDC).