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Neuer Weg entdeckt, um Killerzellen «umzuprogrammieren»
Killerzellen des Immunsystems spüren infizierte Zellen oder Krebszellen auf und töten sie. Forschende des Instituts für Pathologie der Universität Bern haben nun entdeckt, dass der Mechanismus, mit dem bestimmte Immunzellen ihre Zielzellen töten, auch dazu dienen kann, die Killerzellen selbst zu steuern. Diese Erkenntnis kann für die Krebsimmuntherapie relevant sein.
Die so genannten Natural Killer (NK)-Zellen sind Zellen des angeborenen Immunsystems, die infizierte Zellen oder Krebszellen erkennen und eliminieren. Sie halten während einer Virus-Infektion aber auch körpereigene Immunzellen wie die abwehrenden T-Zellen in Schach, um überschiessende Angriffe auf intakte Körperzellen zu vermeiden. Zudem setzen NK-Zellen Botenstoffe frei, die die Immunabwehr unterstützen. NK-Zellen sind daher für die Immunität besonders wichtig – sind sie defekt, können sich wiederkehrende Infektionen mit mehreren Viren und Krebs entwickeln.
NK-Zellen eliminieren ihre Zielzellen auf zwei Arten. Sie lösen sie entweder mit Hilfe von freigesetzten Zellgiften auf oder aktiveren bei ihnen ein «Selbstzerstörungsprogramm». NK-Zellen verfügen auf ihrer Oberfläche über spezielle Proteine – sogenannte Todesliganden – die an entsprechende Rezeptoren auf den Zielzellen andocken und dadurch deren Selbstzerstörung aktivieren. Das Protein TRAIL ist einer dieser Todesliganden, mit denen NK-Zellen ihre Zielzellen töten. TRAIL steht für «Tumor necrosis factor-related apoptosis-inducing ligand». Tumorzellen sind anfälliger auf TRAIL als gesunde Zellen. Daher wird angenommen, dass die Bindung von TRAIL an den TRAIL-Rezeptor den Tod von Tumorzellen auslöst, ohne gesunde Zellen zu beeinträchtigen. Entsprechend gilt dieser Mechanismus als vielversprechender Ansatz, um die Selbstzerstörung von Krebszellen auszulösen.
TRAIL scheint jedoch bei bestimmten Infektionen eine nachteilige Rolle zu spielen, weshalb es ein besseres Verständnis dieses Mechanismus braucht. Eine Gruppe um Philippe Krebs vom Institut für Pathologie der Universität Bern hat nun neue Funktionen von TRAIL bei Virusinfektionen entdeckt, die auch für die Bekämpfung von Krebs von Bedeutung sein könnten. Die Erkenntnisse wurden im Journal «EMBO Reports» (European Molecular Biology Organization) publiziert.
Killerzellen ohne TRAIL werden «zahm»
Ludmila Cardoso-Alves hat am Institut für Pathologie die Rolle von TRAIL für die Bekämpfung eines Virus untersucht, das als natürlicher Erreger bei Nagetieren vorkommt und in der Immunologie häufig als ein Modell der Virusinfektion dient. Cardoso-Alves untersuchte die Infektion bei Mäusen, deren NK-Zellen kein TRAIL hatten, und fand heraus, dass diese Mäuse das Virus besser bekämpfen konnten als die Kontrolltiere. Mäuse ohne TRAIL hatten mehr abwehrende T- Zellen und konnten somit die virus-infizierten Zellen besser entfernen.
Durch den Mangel an TRAIL wurden die NK-Zellen «zahmer»: Sie reduzierten ihre Killer-Funktion und produzierten stattdessen mehr Botenstoffe, die andere Immunzellen aktiveren. Dies liegt daran, dass NK-Zellen ohne TRAIL verschiedene Signale aus ihrer Umgebung anders wahrnehmen: einerseits sind sie weniger empfänglich für einen Anreiz, der sie dazu bringt, Zellgifte freizusetzen, und zugleich reagieren sie stärker auf ein Signal, das sie veranlasst, mehr Botenstoffe freizusetzen. «TRAIL spielt bei NK-Zellen also eine grössere Rolle als bisher gedacht – wenn es fehlt, werden die Killerzellen sozusagen neu programmiert», sagt Cardoso-Alves. Dies beschränkt sich nicht nur auf Mäuse, sondern betrifft ebenso menschliche NK-Zellen.
Mögliche Relevanz für Krebsimmuntherapie
Die Ergebnisse dieser Arbeit können für die Krebsbekämpfung von Bedeutung sein, da der entdeckte Signalweg die Funktion von NK-Zellen reguliert, die ihrerseits wichtig für die Kontrolle von Tumorzellen sind. So bestehen mehrere neue Krebstherapien, die darauf abzielen, das Immunsystem zu reaktivieren, um Tumorzellen zu entfernen – darunter auch Studien, die NK- Zellen bei Tumorpatientinnen und -patienten reaktivieren sollen. «Unsere Ergebnisse zeigen einen alternativen Weg, um NK-Zellen zu beeinflussen», sagt Cardoso-Alves. Dies könnte beispielsweise dazu dienen, den entdeckten TRAIL-Signalweg in Kombination mit anderen Methoden gegen Tumore einzusetzen.
Die Studie wurde vom Schweizerischen Nationalfonds SNF, dem siebten Rahmenprogramm der Europäischen Union (FP7), dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Fördervereinbarung von Marie Sklodowska-Curie sowie mehreren privaten Stiftungen finanziert.
Details der Veröffentlichung:
Ludmila Cardoso Alves, Michael D. Berger, Thodoris Koutsandreas, Nick Kirschke, Christoph Lauer, Roman Spörri, Aristotelis Chatziioannou, Nadia Corazza, Philippe Krebs: Non-apoptotic TRAIL function modulates NK cell activity during viral infection, EMBO reports, https://www.embopress.org/doi/10.15252/embr.201948789
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Medienmitteilung UniBE (PDF, 76KB)