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Herzmuskelregeneration: Weiterer molekularer Mechanismus der Stoßwellentherapie aufgeklärt
- Erschütterung setzt zelluläre Mikrovesikel frei
- Erkenntnis treibt Therapieentwicklung voran
- Mehrwert: Direkte Umsetzung vom Labor in die Klinik
Das große therapeutische Potential der Stoßwellentherapie für die Regeneration des Herzmuskels nach einem Infarkt konnten Innsbrucker HerzchirurgInnen in der Zellkultur wie auch im Tiermodell bereits belegen. Nun gelang dem Innsbrucker Team der Nachweis, dass die Stoßwellen bedingte Erschütterung des Herzmuskels die Freisetzung kleinster zellulärer Vesikel auslöst, die den Regenerationsprozess einleiten. Die neue Erkenntnis wird nun umgehend in eine laufende klinische Studie in Innsbruck einfließen.
Innsbruck, am 26.11.2019: Der regenerative Effekt von Stoßwellen ist seit vielen Jahren bekannt und hat sich etwa bei Wundheilungsstörungen oder zur Nierensteinzertrümmerung bewährt. Dass Stoßwellen auch zur Regeneration des minderdurchbluteten Herzmuskels nach Herzinfarkt geeignet sind, ist der Aufklärung der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen sowie der Entwicklung eines spezifischen Prototypen für die klinische Praxis durch das Team um Johannes Holfeld von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Herzchirurgie (Direktor: Michael Grimm) zu verdanken. In zahlreichen Zellkultur- und Tiermodellen konnte das Team zeigen, dass Stoßwellen nach einem Herzinfarkt zu einer Neubildung von Blutgefäßen (Angiogenese) führen, indem ein bestimmter Rezeptor des angeborenen Immunsystems, Toll-like Rezeptor 3 (TL-3), aktiviert wird, der die gefäßbildenden und immunmodulierenden Effekte anregt.
Angeborener Mechanismus?
Bislang war jedoch nicht bekannt, wie TL-3 aktiviert wird. Nun konnten die jungen Herzchirurgen Can Gollmann-Tepeköylü, Leo Pölzl und weitere KollegInnen aus dem Team um Holfeld neue molekularbiologische Details dieses Wirkmechanismus‘ aufklären. „Wir haben uns gefragt, wie Herzmuskelzellen auf die Erschütterung durch Stoßwellen reagieren. In der Zellkultur wie auch im Mausmodell konnten wir schließlich erstmals zeigen, dass die für die Angiogenese verantwortlichen Endothelzellen nach der mechanischen Stimulation durch die Stoßwellen kleinste Mikrovesikel, sogenannte Exosomen, freisetzen. Diese extrazellulären Vesikel transportieren Botenstoffe, die TLR-3 aktivieren und so die Gefäßneubildung einleiten. Wir identifizierten die MicroRNA ‚miR-19a-3p‘ als den Botenstoff mit der wichtigsten Funktion“, beschreibt Erstautor Gollmann-Tepeköylü die im Fachjournal Cardiovascular Research veröffentlichten Erkenntnisse.
Den Innsbrucker Herzchirurgen gelang es zudem, die freigesetzten Exosomen zu isolieren und genauer zu charakterisieren. „Der infarktgeschädigte Herzmuskel von Mäusen, in den wir Exosomen mit miR-19a-3p injizierten, regenerierte deutlich besser – genau dieser Mechanismus wird auch durch Stoßwellen ausgelöst, die während einer Bypass-Operation an den geschädigten Herzmuskel abgegeben werden“, beschreibt Leo Pölzl den spezifischen und bislang unbeschriebenen Prozess. In der Freisetzung der Mikrovesikel vermuten die Autoren einen angeborenen Mechanismus, mit dem der Herzmuskel auf die Erschütterungen antwortet – „quasi ein Hilferuf der Zellen zur Gefäßneubildung“.
Antrieb für Therapieentwicklung
Die neuen Ergebnisse aus dem Herzchirurgischen Forschungslabor, die das molekulare Verständnis der Stoßwellentherapie nach Herzinfarkt grundlegend erweitern, sollen nun umgehend in die laufende CAST-Studie (Safety and Efficacy of Cardiac Shockwave Therapy in patients undergoing coronary artery bypass grafting) unter der Leitung von Johannes Holfeld und in der Folge auch in eine geplante multizentrische Studie einfließen. „Sobald die klinische Prüfung abgeschlossen ist, könnten entsprechende Stoßwellengeräte, wie sie von uns bereits entwickelt wurden, sehr schnell hergestellt und in der klinischen Routine einsetzbar sein“, so der Herzchirurg. Von der innovativen Therapie könnten PatientInnen nach Herzinfarkt und mit Herzschwäche profitieren, die für eine Bypass-Operation vorgesehen sind.
Pressebilder zum Herunterladen: https://www.i-med.ac.at/pr/presse/2019/57.html