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Neue DEGAM-Leitlinie zur Versorgung von Patienten mit nicht-dialysepflichtiger Nierenerkrankung
Schätzungen zufolge sind 10% der Bevölkerung von einer chronischen Nierenkrankheit betroffen, aber bei vielen Menschen liegt nur eine leichtgradige, oft altersbedingte Nierenschwäche vor. Diese Menschen werden hausärztlich optimal versorgt, aber einige von ihnen müssen nephrologisch mitbetreut werden. Welche das sind, definiert die neue S3-Leitlinie, die die DEGAM zusammen mit der DGfN erarbeitet hat. Sie könne langfristig dazu beitragen kann, dass weniger Nierenkranke eine Nierenersatztherapie (Dialyse oder Transplantation) benötigen.
Die Zahl der Patienten mit chronischer Nierenkrankheit wird auf 10% der Bevölkerung geschätzt. Das wären in Deutschland 8 Mio. Nierenkranke. In dieser Zahl sind aber auch die Menschen enthalten, die eine leichtgradige, oft nur altersbedingte Reduktion der Nierenfunktion aufweisen, die in der Regel nicht schnell voranschreitet und daher auch keiner intensiven Therapie und fachärztlichen Versorgung bedarf. „Auf eine Nierenersatztherapie sind letztlich nur gut 1% der Betroffenen angewiesen. Derzeit werden ca. 80.000 Nierenkranke dialysiert, etwa 20.000 befinden sich in der Transplantationsnachsorge. Ziel der Prävention muss also sein, die Patienten, bei denen die Erkrankung progredient verläuft, frühzeitig und effektiv zu behandeln und bei ihnen die Dialysepflichtigkeit zu verhindern oder möglichst lange hinauszuschieben. Das bedarf einer klugen Patientenstratifizierung“, erklärt Professor Jan C. Galle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). „Hierfür sind die Haus- und Allgemeinmediziner die wichtigsten Weichensteller.“
Die meisten Patienten mit Nierenfunktionseinschränkung können vom Hausarzt optimal versorgt werden, das betonen auch die Nierenfachärzte (Nephrologen). Die neue S3-Leitlinie der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin) mit dem Titel „Versorgung von Patienten mit nicht-dialysepflichtiger Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis“ gibt dafür klare Handlungsempfehlungen. Im Fokus steht die Blutdruckeinstellung und evtl. Blutzuckereinstellung sowie eine Überprüfung und Anpassung der Medikamente und die regelmäßige Überwachung der Nierenfunktion, insbesondere bei Risikopatienten wie Patienten mit Diabetes mellitus oder Bluthochdruck. „Wichtig ist, dass potenziell nierenschädigende Medikamente bei diesen Patienten abgesetzt und die Patienten auch vom Arzt über nephrotoxische Nebenwirkungen von freiverkäuflichen Medikamenten aufgeklärt werden“, erklärt Prof. Dr. med. Jean-François Chenot, Sprecher der Sektion Qualitätsförderung der DEGAM. „Schmerzmittel wie NSAR werden im Fernsehen beworben, werden daher als ungefährlich wahrgenommen, und kaum ein Mensch weiß, dass sie die Nieren schädigen können. Doch bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung kann eine längerfristige Einnahme dieser Medikamente sogar bis zur Dialysepflichtigkeit führen.“
Die neue DEGAM-Leitlinie empfiehlt jedoch die Überweisung zum Nephrologen, wenn
- Blut im Urin ist, das nicht durch eine urologische Erkrankung erklärbar ist,
- nennenswerte Mengen Eiweiß im Urin sind,
- der Blutdruck auch mit drei Medikamenten nicht zu kontrollieren ist,
- die Nierenfunktion rasch abnimmt,
- ein begründeter Verdacht auf eine spezifische Nierenerkrankung vorliegt (z.B. eine polyzystische Nierenerkrankung).
Wie Prof. Chenot weiter ausführt, sollte die Überweisung zum Nephrologen bei Vorliegen eines dieser Kriterien gerade bei jüngeren Menschen großzügig und schnell erfolgen.
Die Nephrologen begrüßen die Leitlinie, bei deren Erarbeitung sie eng eingebunden waren. „Wir glauben, es ist eine vernünftige Leitlinie mit Augenmaß. Risikopatienten werden frühzeitig als solche erkannt und der fachärztlichen Therapie zugeführt. Alle anderen erhalten eine optimale Versorgung bei ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt“, so Prof. Dr. Sylvia Stracke, Nephrologin und eine der Autorinnen der Leitlinie. Die Idee zur Leitlinie entstand aus einer Kooperation der Allgemeinmedizin (Prof. Jean-Francois Chenot) und der Nephrologie (Prof. Dr. Sylvia Stracke) der Universitätsmedizin Greifswald. Ermöglicht wurde die Leitlinienerstellung durch Förderung der KfH-Stiftung Präventivmedizin und der Damp-Stiftung.
Besonders wichtig sei den Nephrologen die Kreatininbestimmung bei Risikopatienten gewesen, die die Leitlinie in regelmäßigen Abständen entsprechend individuell vereinbarter Monitoringintervalle empfiehlt. „Sie machen das Netz engmaschig genug, um zu garantieren, dass kein Patient unerkannt und unbehandelt ein fortgeschrittenes Stadium der Nierenkrankheit erreicht. Wir glauben, dass die neue S3-Leitlinie so langfristig dazu beitragen kann, dass weniger Nierenpatienten eine Nierenersatztherapie (Dialyse oder Transplantation) benötigen“, so Prof. Stracke.
[1] S3-Leitlinie „Versorgung von Patienten mit nicht-dialysepflichtiger Niereninsuffizienz in der Hausarztpraxis“, abrufbar unter https://www.degam.de/degam-leitlinien-379.html