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Welt-AIDS-Tag: Wenn die Zeit zählt – Nutzen von HIV-Tests bei Geburt für Frühdiagnose von Babys HIV-positiver Mütter
LIFE Studie in Mosambik und Tansania untersucht die Vorteile neuer patientennaher Labordiagnostik (Point-of-Care-Diagnostik) zur Verbesserung der Überlebenschancen HIV-infizierter Kinder
Am 1. Dezember ist Welt-AIDS-Tag. Forscher des Tropeninstituts am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München haben kürzlich ein neues Forschungsprojekt in Mosambik und Tansania, die LIFE Studie, gestartet. In der Studie soll herausgefunden werden, ob die langfristige Gesundheitsprognose von HIV infizierten Kindern durch einen unmittelbaren Beginn der antiretroviralen Therapie nach Geburt verbessert wird. Der frühzeitige Start wird erst durch den Einsatz eines neuen Point-of-Care-Testes ermöglicht, mit dem die Diagnosestellung innerhalb weniger Stunden nach Geburt möglich ist. Im November wurden die ersten Mütter und ihre Kinder in Beira, Mosambik, in die LIFE Studie aufgenommen.
Eine der wichtigsten Forderungen in den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ist es, die weltweite HIV/AIDS-Epidemie bis 2030 und damit auch HIV-Neuinfektionen und AIDS-bedingte Todesfälle bei Kindern zu beenden. Laut dem UNAIDS Programm der Vereinten Nationen nimmt die Zahl an pädiatrischen HIV-Infektionen weltweit ab, insbesondere aufgrund der verstärkten Prävention der Mutter-Kind-Übertragung von HIV. Dennoch lebten 2017 rund 1,8 Millionen Kinder mit einer HIV-Infektion, schätzungsweise 180.000 infizierten sich dabei hauptsächlich durch eine Mutter-Kind-Übertragung des Virus. Ohne einen rechtzeitigen Behandlungsbeginn schreitet die HIV-Erkrankung bei Säuglingen schnell voran, dabei ist die Kindersterblichkeit in der Zeit von 2 bis 3 Monaten nach der Geburt am höchsten. Durchschnittlich 50% dieser Kinder sterben innerhalb von zwei Jahren. Die neue LIFE Studie widmet sich diesem Gesundheitsproblem. Sie untersucht den Nutzen von Point-of-Care Tests für die nachgeburtliche Frühdiagnose von HIV und darauf basierende Behandlungsstrategien in ländlichen und städtischen afrikanischen Geburtszentren.
Point-of-Care-Tests liefern HIV Ergebnis in zwei Stunden
Für die Frühdiagnose einer HIV-Infektion bei Kindern ist ein direkter Virusnachweis erforderlich und in Afrika erfolgt dieser aus Trockenblutproben, die in spezialisierten Zentralenlaboren diagnostisch untersucht werden. In der Regel dauert es 2 bis 4 Wochen, bis die Ergebnisse an die medizinischen Einrichtungen übermittelt werden, und weitere Zeit verstreicht bis Mütter die Testergebnisse ihrer Kinder erhalten, und schließlich im Falle eines positiven Testergebnis eine antiretrovirale HIV Therapie begonnen wird. Im Vergleich zu diesem derzeitigen Standardverfahren liefern neue, auf Nukleinsäure basierende, dezentralisierte Point-of-Care-Tests ein HIV Ergebnis innerhalb von zwei Stunden, welches zu einer frühzeitig lebensrettenden antiretroviralen Therapie und entsprechender rechtzeitiger Nachsorge führen sollte. Point-of-Care-Tests sind einfach zu handhaben und können von Krankenschwestern und Hebammen an den Geburtszentren direkt durchgeführt werden. Gerade in ressourcenschwachen Regionen hat dies viele Vorteile. Point-of-Care-Tests sollten somit eine wesentliche Verbesserung in der Primärversorgung von Neugeborenen darstellen.
In der LIFE-Studie untersuchen die Forscher, ob der HIV-Test direkt nach der Geburt in Verbindung mit dem sofortigen anti-retroviralen Therapiebeginn im Vergleich zum bisherigen Standardverfahren zu weniger Erkrankungen, einem geringerem Fortschreiten der HIV Infektion oder weniger Todesfällen bei Säuglingen führt. In diesem Zusammenhang werden auch Kosten-Nutzen-Analysen durchgeführt, um Faktoren zu definieren, die in beiden Ländern auch in künftige Leitlinien und Programme zur HIV-Behandlung einfließen könnten. Auch wird untersucht, ob die Frauen in einer solchen besonderen Situation die Diagnose ihres Kindes überhaupt annehmen. Die bisherige Forschung hat zudem gezeigt, dass durch einen frühzeitigen Behandlungsbeginn die Ausbreitung des HI-Virus im Körper von Säuglingen verringert werden kann, was wiederum zu einer anhaltenden Unterdrückung des Virus oder möglicherweise einer funktionellen Heilung von HIV führen könnte. Auch diese Annahme wird innerhalb der LIFE Studie genauer untersucht.
Studie in 28 Einrichtungen in Mosambik und Tansania
Die kontrollierte Cluster-randomisierte Studie wird in 28 Geburtskliniken in Mosambik und Tansania durchgeführt. Die Gesundheitseinrichtungen werden nach dem Zufallsprinzip einem der beiden Studienarme zugeordnet: Bei der Hälfte der Teilnehmer erfolgt die Diagnose einer möglichen HIV-Infektion durch einen Point-of-Care-Test bei Geburt und in Woche 4 bis 6 nach Geburt, bei der anderen Hälfte erfolgt dieser ausschließlich zwischen 4 und 6 Wochen nach der Geburt der Babys. Insgesamt sollen circa 6.000 Mutter-Kind-Paare (d.h. 3.000 pro Studienarm) zum Zeitpunkt der Geburt als freiwillige Teilnehmer für die Studie rekrutiert werden. Alle Neugeborenen werden bis 12 Wochen, alle bis dahin HIV-infizierten Kinder bis 18 Monate nach Geburt im Verlauf beobachtet und systematische Erhebungen hinsichtlich der kindlichen Entwicklung, dem Verlauf der HIV-Infektion unter Therapie, des Auftretens von Erkrankungen, Krankenhausaufenthalten oder Todesfällen durchgeführt. Im November wurde die erste Gruppe, ca. 65 Mutter-Kind-Paare, an verschiedenen medizinischen Zentren in Beira, Mosambik, in die Studie aufgenommen.
Erste Ergebnisse werden ab 2021/22 erwartet. Neben der Untersuchung der Wirksamkeit in der Verbesserung der Kindergesundheit und einer möglichen verbesserten HIV-Remission trägt das Forschungsprojekt in den beiden Zielländern zum Ausbau von Infrastrukturmaßnahmen und der Entwicklung von klinischen Studienkapazitäten insbesondere in ländlichen Regionen bei. Dieses beinhaltet auch Trainings für medizinisches Fachpersonal und eine Sensibilisierung für die Thematik. Dr. Arne Kroidl vom Tropeninstitut am Klinikum der LMU München, medizinischer Experte im Projekt, betont: „Wir erwarten, dass diese neuen Verfahren und Unterstützung in der Ausstattung der Gesundheitszentren die Prozesse in den Geburtskliniken maßgeblich verbessern, aber auch einen entscheidenden Beitrag für die nationalen HIV Programme leisten. Die Studie wird insbesondere dazu beitragen, dass Laborverfahren an den Studienstandorten sowie auch an den angeschlossenen Laborzentren optimiert werden. Die Ziele unseres Forschungsvorhabens stehen im Einklang mit den bisherigen WHO Richtlinien. Ein besonderer Fokus liegt auch darauf, entsprechende Forschungslücken zu schließen und einen entscheidenden Beitrag zu bestehenden Leitlinien zu leisten.“
Das Klinikum der LMU München ist Sponsor der Studie, die vom Instituto Nacional de Saude (INS) in Mosambik koordiniert wird. Das Projekt wird in der Region Mbeya in Tansania unter der Leitung von Wissenschaftlern des NIMR-Mbeya Medical Research Centre (MMRC) und in den Provinzen Sofala und Manica in Mosambik unter der Leitung von Wissenschaftlern des INS und des Centro de Investigação Operacional da Beira (CIOB) durchgeführt. Die Beteiligung der Clinton Health Access Initiative (CHAI) in Mosambik und Tansania ist ein entscheidender Faktor für die Durchführung der Studien. Die Kosten-Nutzen-Analyse wird vom Public Health Institut des Universitätsklinikums Heidelberg unterstützt, die virologische Analyse wird am Instituto Universitário Egas Moniz (IUEM) der Universität Lissabon durchgeführt. Die Studie wird von der European & Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP), der Europäischen Union (EU), UNITAID und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) finanziert.
Weitere Informationen:
https://www.unaids.org/sites/default/files/media_asset/JC2686_WAD2014report_en.p… UNAIDS. Fast-Track: Ending the AIDS Epidemic by 2030