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Bedarf an individueller Krebsinformation deutlich gestiegen
Moderne Krebstherapien werden immer wirksamer – und komplexer: Dies könnte einer der Gründe dafür sein, dass sich immer mehr Krebspatienten und Angehörige mit ihren Fragen an den Krebsinformationsdienst wenden. Veränderte Mediennutzung und auch die zunehmenden ambulanten Krebsbehandlungen könnten weitere Ursachen sein. Das sind die Ergebnisse einer Analyse der Anfragen an den Krebsinformationsdienst zwischen 1992 bis 2016. Seit über 30 Jahren informieren Ärztinnen und Ärzte vom Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums rund um das Thema Krebs – unabhängig, qualitätsgeprüft und kostenlos.
Neue, individuell angepasste Diagnostik- und Behandlungsverfahren haben die Heilungschancen für Krebspatienten in den letzten Jahren deutlich verbessert. Die komplexen Möglichkeiten der modernen Krebsmedizin führten zu einem steigenden Informationsbedarf für Betroffene und Angehörige. Gesundheitsinformationen sind im Internet zwar in Hülle und Fülle verfügbar. Qualität und Seriosität sind allerdings sehr heterogen, eine Einordnung oft schwierig. Hinzu kommt ein neues Arzt-Patienten-Verhältnis, bei dem die Patienten eine aktivere Rolle einnehmen. Angesichts dieser Veränderungen: Welche Relevanz kommt dem Krebsinformationsdienst als Orientierungshilfe zu? Das war die grundlegende Fragestellung der Analyse, die das Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung, Hochschule Musik, Theater und Medien, Hannover auf der Basis von Daten des Krebsinformationsdienstes am Deutschen Krebsforschungszentrum durchgeführt hat.*
Dreimal mehr telefonische Anfragen
In die Analyse gingen alle 545.000 Anfragen von Patienten und Angehörigen zwischen 1992 und 2016 ein. Wichtigstes Ergebnis: Die individuellen Anfragen unter der Telefonnummer 0800-420 30 40 oder an krebsinformationsdienst@dkfz.de haben sich im Beobachtungszeitraum verdreifacht – auf etwa 34.000 Anfragen jährlich. Das bedeutet: Die Ärztinnen und Ärzte im Telefondienst und E-Mail-Service beantworten pro Tag etwa hundert individuelle Anfragen. Mit der Zunahme der Erkrankungszahlen allein kann dieser Zuwachs nicht erklärt werden. Mögliche weitere Gründe: Zum einem nimmt die Komplexität der Behandlungen stetig zu, die zeitlichen Ressourcen der Ärzte für umfangreiche Erklärungen dagegen aber ab. Zum anderen hat sich das Selbstverständnis der Patienten geändert. Sie haben ein verstärktes Interesse, sich an der therapeutischen Entscheidungsfindung zu beteiligen, benötigen dafür aber mehr Wissen. Beide Entwicklungen haben zur Folge, dass für viele Patienten ein hoher individueller Informationsgrad immer wichtiger wird. Dr. Brigitte Schwikowski-Kukla, Leiterin des Telefondienstes: „Mit unserem Angebot bedienen wir genau diesen Bedarf der Patienten, denn wir informieren auf die jeweilige Situation zugeschnitten, erklären verständlich und helfen, das gewonnene Wissen zu bewerten und einzuordnen. Das wird meistens sehr dankbar angenommen.“ Der Anteil der E-Mail-Anfragen liegt seit einigen Jahren konstant bei 14 bis 18 Prozent. „Über das E-Mail-Formular auf unserer Website www.krebsinformationsdienst.de kann sich jeder an uns wenden und bekommt spätestens nach zwei Werktagen eine individuelle, schriftliche Rückmeldung“, erläutert Dr. Ursula Will, Leiterin des E-Mail-Service.
Webauftritt als Aushängeschild – über zehn Millionen Besucher pro Jahr
Eine weitere Erklärung für die Verdreifachung der Anfragen könnte auch der steigende Bekanntheitsgrad des Krebsinformationsdienstes sein. Hier ist vor allem der kontinuierliche Ausbau der Internetseite www.krebsinformationsdienst.de zu nennen, die im Jahr 1999 online ging. Bezahlbares Internet sowie der Ausbau der Netzversorgung, ermöglichten es immer mehr Menschen, von zu Hause aus bequem auf die Seiten zuzugreifen. Weitere Aspekte, die sich positiv auf die Nutzerzahlen ausgewirkt haben: ein aufgestocktes Ärzteteam sowie die kostenfreie Telefonnummer, unter der die Ärztinnen und Ärzte sieben Tage die Woche zu erreichen sind – jeweils von 8 bis 20 Uhr.
Patienten vor Angehörigen
Seit 2005 wenden sich konstant mehr Patientinnen und Patienten als Angehörige an den Krebsinformationsdienst – davor war das Verhältnis noch umgekehrt. Mögliche Ursache: Die Krebstherapie wird seit den 2000er Jahren verstärkt in den ambulanten Bereich verlagert. Viele Patienten, die ohne den täglichen Arztkontakt im Krankenhaus mit ihrer Erkrankung zu Hause leben, haben zunehmend das Bedürfnis, sich selbst umfassend zu informieren. Hinzu kommen geänderte Familienstrukturen – weg vom Mehrpersonenhaushalt und hin zum Singledasein – auch diese Entwicklung könnte eine Rolle spielen.
Krebsarten im Fokus
Die meisten Anfragen bezogen sich auf Brustkrebs, gefolgt von Prostatakrebs. Zum einen sind das die häufigsten Krebsarten bei Frauen bzw. Männern, zum anderen weisen beide Krebsarten – je nach Erkrankungssituation differenzierte und innovative Behandlungsregimen auf. Eine informierte Entscheidung können Patienten nur treffen, wenn sie sich zu Chancen und Risiken der Behandlungsoptionen eingehend informiert haben – zum Beispiel beim Krebsinformationsdienst. Betrug das durchschnittliche Alter im Jahr 2000 55 Jahre, so ist es über die Jahre auf über 60 Jahre angestiegen, bei Patienten und Angehörigen gleichermaßen. Grund hierfür könnte die demographische Entwicklung verbunden mit dem medizinischen Fortschritt sein: Die Menschen werden aufgrund besserer Behandlungsmöglichkeiten immer älter – auch mit einer Krebserkrankung.
*Quelle: Rosset M. et al. Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Hannover (2019). Langzeittrends beim Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). Bundesgesundheitsblatt.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs. Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.