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Verlust von microRNAs führt zur Fibrosebildung
Fibrosen sind krankhafte Organ- oder Gewebeverhärtungen, die durch Neubildung von Bindegewebe entstehen und die Funktion von Organen beeinträchtigen. Sie treten u.a. bei Patienten mit Leberzirrhose und Krebs auf, aber auch mit zunehmendem Alter. Ein Forscherteam um Professor Alfred Nordheim, Interfakultäres Institut für Zellbiologie der Universität Tübingen und Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena, konnte microRNAs identifizieren, die für die Entstehung von Fibrosen verantwortlich sind; ein möglicher Ansatz zur Behandlung von Leberkrebs und Fibrosebildung im Alter. Die Ergebnisse wurden im Journal PNAS publiziert.
Fibrosen entstehen durch Erkrankungen, aber auch im Alterungsprozess oder durch eine ungesunde Lebensweise. In den Zellen des Organgewebes lagern sich dabei Proteine – vor allem Kollagene – ab, die zu einer Verhärtung des Gewebes oder sogar zum Organversagen führen können. Dies kann Lunge, Herz, Niere oder Leber betreffen. Bei Krebspatienten geht der Bildung von Tumoren oft eine Fibrose am betroffenen Organ voraus, besonders bei Leberkarzinomen, wie dem hepatozellulären Karzinom (HCC), einer meist tödlich verlaufenden Krebserkrankung.
Forscher aus Heidelberg, Dortmund, Braunschweig und Aachen untersuchten nun zusammen mit Tübinger Molekularbiologen um Prof. Alfred Nordheim, Interfakultäres Institut für Zellbiologie der Universität Tübingen und Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena, die Entstehung und das Fortschreiten von Leberkrebs an Mäusen und entdeckten die an diesem Prozess beteiligte RNA-Molekülgruppe.
Inaktivierung von microRNAs führt zu Fibrosebildung
Diese sogenannten „microRNA-Moleküle“ (miRNA) unterbinden die Bildung von Kollagenen und anderen Proteinen, die mit Fibrose in Zusammenhang stehen. Unter normalen Umständen, also im gesunden Zustand, verhindern sie so die Bildung von Fibrosen in der Leber. Im Verlauf der Krebsentstehung werden sie jedoch ausgeschaltet (inaktiviert), so dass sich Fibrosen bilden und damit das Fortschreiten des Leberkarzinoms gefördert wird.
Zusätzlich zu diesem Befund wertete das Team bereits vorhandene miRNA-Datenbanken aus und stellte fest, dass auch bei Brust- und Lungenkrebs beim Menschen die Bildung dieser speziellen microRNA-Moleküle unterdrückt ist. Ob das Ausschalten der microRNAs auch für Fibrose in alternden Menschen von Bedeutung ist, wird Fragestellung zukünftiger Forschung sein.
Steuerung durch microRNA-Netzwerk
Die Tübinger Doktorandinnen Ivana Winkler und Catrin Bitter stellten darüber hinaus fest, dass die microRNA-Moleküle in einer Art Netzwerk unterschiedlicher microRNAs kooperieren; koordiniert durch ein Regulator-Protein namens „PPARɣ“. Erst dieses Zusammenwirken verhindert die Bildung von Verhärtungen, den Fibrosen. Im Mausversuch wird derzeit überprüft, ob die zentrale Steuerung durch PPARɣ neue therapeutische Möglichkeiten eröffnet; d.h. ob sich durch gezielte pharmakologische Aktivierung von PPARɣ die Entstehung fibrotischen Gewebes beim Patienten reduzieren lässt.
Das Projekt führte die Arbeitsgruppe Nordheim gemeinsam mit Kollegen aus der Tübinger Bioinformatik sowie vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, vom Dortmunder Leibniz-Institut für Arbeitsforschung, vom Braunschweiger Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung sowie vom Institut für Pathobiochemie am Universitätsklinikum Aachen durch. Die Arbeiten wurden unter anderem von der Deutschen Krebshilfe (Projekt 109886) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG; SFB/TR 209 (Projekt-ID 314905040) Teilprojekt B02) finanziert.
Publikation
Winkler I, Bitter C, Winkler S, Weichenhan D, Thavamani A, Hengstler JG, Borkham-Kamphorst E, Kohlbacher O, Plass C, Geffers R, Weiskirchen R, Nordheim, A. Identification of Pparγ-modulated miRNA hubs that target the fibrotic tumor microenvironment. Proceedings of the National Academy of The Sciences of the United States of America 2019, https://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1909145117
Hintergrundinformation
Das Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena widmet sich seit 2004 der biomedizinischen Alternsforschung. Rund 350 Mitarbeiter aus ca. 40 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten Krankheiten. Näheres unter www.leibniz-fli.de.
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 95 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen knapp 20.000 Personen, darunter etwa die Hälfte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro (www.leibniz-gemeinschaft.de). Kontakt