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Das Streben nach Stolz
Wie sehr glauben wir, zu einem Ereignis beigetragen zu haben? Davon hängt unser emotionales Erleben ab, zeigen Forscherinnen und Forscher der Universität zu Lübeck
Wenn Menschen eine Aufgabe meistern, erleben sie positive Emotionen. Eine nun veröffentlichte Studie der Universität zu Lübeck zeigt, wie das Gefühlsleben davon abhängt, inwieweit Menschen davon überzeugt sind, für Ereignisse selbst verantwortlich zu sein.
Situationen als kontrollierbar zu erleben steigert das Wohlbefinden. Das Gefühl Kontrolle zu haben hängt dabei davon ab, ob Menschen glauben, den Lauf der Dinge durch ihr eigenes Handeln beeinflussen zu können. Die Ergebnisse der neuen Studie zeigen, dass Erfolge, die von eigenen Handlungen und Fähigkeiten abhängen, dazu führen, dass Menschen glücklicher sind und Stolz empfinden. Die Studie, die jetzt in Nature Communications veröffentlicht wurde, untersucht emotionale Reaktionen auf Erfolge und Misserfolge bei Aufgaben, die unterschiedlich gut kontrollierbar sind.
„Es ist bekannt, dass Menschen sich stärker anstrengen, wenn sie das Gefühl haben Situationen unter Kontrolle zu haben. Generell daran zu glauben, dass man den Lauf der Dinge beeinflussen kann, schützt außerdem davor, eine psychische Störung wie etwa eine Depression zu entwickeln“, sagt David Stolz, Doktorand an der Universität Lübeck und Erstautor dieser Studie.
Im Rahmen der Studie haben insgesamt 129 junge Erwachsene drei verschiedene einfache Aufgaben gelöst, die als unterschiedlich kontrollierbar wahrgenommen wurden aber gleichermaßen belohnt wurden. In der ersten Aufgabe musste ein Knopf gedrückt werden, wodurch eine zufällige Lotterie gestartet wurde, während in einer zweiten Aufgabe wie bei einem Münzwurf auf eine von zwei Seiten gewettet werden musste. In der entscheidenden Aufgabe mussten die Probanden sich allerdings bemühen unter vielen ähnlich hellen Feldern das hellste zu finden. Diese Aufgabe ließ die Teilnehmerinnen und Teilnehmer glauben, dass ihr Können und ihre Anstrengung darüber entscheiden, ob sie eine Belohnung erhalten würden. Zwischendurch sollten sie außerdem einschätzen wie glücklich und wie stolz sie sich gerade fühlten. Wie erwartet stieg das Gefühl Kontrolle zu haben erheblich an, wenn der Gewinn von eigenen Fähigkeiten abhing und Belohnungen machten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer glücklicher und sie berichteten größeren Stolz wenn sie glaubten, einen Gewinn selbst verursacht zu haben.
„Wir denken, dass das Erleben von Stolz dazu beitragen kann, dass Menschen herausfordernde Umgebungen aufsuchen, die sie auch als kontrollierbar empfinden. In diesem Sinne waren diejenigen, die mehr Stolz erlebten, auch eher bereit auf Geld zu verzichten, um eine kontrollierbare Aufgabe zu spielen“, erklärt Frieder Paulus, Professor an der Universität zu Lübeck, der die Studie zusammen mit David Stolz und weiteren KollegInnen durchgeführt hat.
Im Rahmen der Studie erhobene funktionelle MRT-Daten weisen zudem daraufhin, dass Aktivität im Frontallappen des Gehirns mit den Präferenzen für kontrollierbare Aufgaben zusammenhängen könnte. Sowohl Gewinne als auch die wahrgenommene Kontrollierbarkeit der Situation führten zu erhöhter Aktivität in Teilen des ventromedialen Präfrontalen Kortex, die gleichzeitig auch dem Auf und Ab im Erleben von Glück und Stolz während des Experiments folgte. „Die gleichzeitige Verarbeitung des Erfolges und der eigenen Wirksamkeit in dieser Region könnte Menschen dabei helfen, einen positiven Selbstwert zu entwickeln. Es kommt also nicht nur darauf an, eine bestimmte Belohnung zu erhalten. Es ist manchmal wünschenswerter, die Welt nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten, als nur dem Zufall ausgeliefert zu sein, auch wenn das Ergebnis letztendlich identisch ist“, so David Stolz.
Die Studie „Internal control beliefs shape positive affect and associated neural dynamics during outcome valuation“ von David S. Stolz, Laura Müller-Pinzler, Sören Krach und Frieder M. Paulus (alle Universität Lübeck) wurde am 6. März 2020 online veröffentlicht. DOI 10.1038/s41467-020-14800-4.
Sie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Nachwuchsforschungsprogramm der Universität Lübeck sowie dem Open-Access Publikationsfond des Landes Schleswig-Holstein gefördert.