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Architektur statt Antibiotika
Welche Bakterien leben auf den Oberflächen in Patientenzimmern? Kann eine neue Raumplanung Infektionen in Kliniken verhindern? Damit beschäftigten sich Architektinnen und Architekten der Technischen Universität Braunschweig zusammen mit Molekularbiologinnen und Molekularbiologen sowie Medizinerinnen und Medizinern im Projekt KARMIN. Gemeinsam mit einem bayerischen Unternehmenspartner entwickelten die Projektpartner einen Prototypen für ein infektionspräventives Patientenzimmer. Der Demonstrator für ein optimiertes Patientenzimmer wird im Oktober 2020 beim „World Health Summit“ in Berlin präsentiert.
Für eine Studie haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Charité Berlin zunächst ein Jahr lang Abstriche in Patientenzimmern sowie Proben direkt von Patienten genommen. „So können wir zum ersten Mal zeigen, wie sich das Mikrobiom, also die Gesamtheit der Mikroorganismen, auf den Oberflächen im Krankenhaus aufbaut“, sagt Dr. Rasmus Leistner vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité Berlin. Reinigungsmittel und anwesende Personen könnten demnach durch ihr eigenes Mikrobiom die Mikroben-Konstellation des Zimmers verändern. Einerseits vernichten Reinigungsmittel Bakterien, schaffen andererseits aber auch Nischen für gefährliche Erreger.
Hygiene bis ins Detail
Architektinnen und Architekten, Designerinnen und Designer der TU Braunschweig konnten zeigen, wie eine kluge Raumplanung und die Neugestaltung hygienerelevanter Gegenstände die Übertragung gefährlicher Keime in Krankenhäusern verhindern kann. Dabei war es den Planern wichtig Materialien auszuwählen, die sich leicht reinigen lassen. Auch Details wie die Beleuchtung und die Position der Desinfektionsmittel-Spender haben die Planerinnen und Planer dabei berücksichtigt. So lassen sich hohe Hygienestandards und sinnvolle Pflegeabläufe miteinander verbinden.
Das Zwei-Bäder-Prinzip
Momentan haben Zweibettzimmer in Krankenhäusern nur ein Bad, das sich die Patienten teilen. Getrennte Bäder gewährleisten jedoch mehr Hygiene: „Wir gehen davon aus, dass die Mehrkosten für die zweite Nasszelle dadurch ausgeglichen werden, dass Kosten für eventuelle Infektionsbehandlungen wegfallen“, sagt KARMIN-Projektleiter und Architekt Dr. Wolfgang Sunder vom Institut für Industriebau und Konstruktives Entwerfen (IIKE) der TU Braunschweig.
Das Architektenteam hat gemeinsam mit dem bayerischen Unternehmenspartner Röhl und weiteren 17 Industriepartnern einen Prototypen für ein neuartiges Patientenzimmer gebaut. Nun folgt eine Evaluierungsphase. „Der Demonstrator soll von Klinikmitarbeiterinnen und Klinikmitarbeitern sowie einem Expertenteam bewertet werden“, sagt Dr. Sunder. „Vor allem die Reinigungs- und Behandlungsabläufe wollen wir noch einmal genau unter die Lupe nehmen.“
Präsentation beim „World Health Summit“
Im Oktober 2020 wird der KARMIN-Demonstrator einem internationalen Fachpublikum auf dem Berliner „World Health Summit“ vorgestellt. Sodann können die Entwicklungen in ihrer Gesamtheit oder als einzelne Elemente bei Neubauten, aber auch bei Sanierungs- und Umbauarbeiten in Krankenhäusern umgesetzt werden.
Projektdaten
KARMIN steht für „Krankenhaus, Architektur, Mikrobiom und Infektion“ und ist ein Projekt, das vom 1. Oktober 2016 bis 31. Dezember 2020 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Zwanzig20“ und als Teil des Forschungsverbundes „InfectControl 2020“ mit einer Summe von rund 1,3 Millionen Euro (davon rund 450.000 Euro für die TU Braunschweig) gefördert wird. Verbundpartner sind neben der TU Braunschweig die Charité – Universitätsmedizin Berlin (Institut für Hygiene und Umweltmedizin), das Universitätsklinkium Jena mit der Septomics Research Group und die Röhl GmbH.
Das Konsortium InfectControl 2020
In dem deutschlandweit agierenden Konsortium InfectControl 2020 haben sich Wissenschaft und Wirtschaft zusammengeschlossen, um Infektionskrankheiten langfristig zu vermeiden, schneller zu erkennen und konsequent zu bekämpfen. InfectControl 2020 wird im Programm „Zwanzig20 –Partnerschaft für Innovation“ durch das BMBF gefördert.
Weitere Informationen:
https://magazin.tu-braunschweig.de/pi-post/architektur-statt-antibiotika/