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Mögliches Corona-Medikament: Uni-Pharmazeuten stellen ein Generikum her
Weil ein potenzielles Corona-Medikament auf dem Markt nicht erhältlich war, haben Pharmazeuten der Universität Basel damit begonnen, Tabletten selber herzustellen. Davon könnten nicht zuletzt chronischen Patientinnen und Patienten profitieren.
Der Wirkstoff mit dem etwas sperrigen Namen Hydroxychloroquin gilt als potenzielles Medikament zur Prophylaxe und Behandlung von Covid-19. Wie gut es sich dafür eignet, wird zurzeit in mehreren klinischen Studien untersucht.
Dessen ungeachtet ist ein Rennen um die Beschaffung des Wirkstoffs im Gang. Indien, eines der grössten Produzentenländer, hatte die Ausfuhr zwischenzeitlich verboten. Erst nach Drohungen des amerikanischen Präsidenten, der das Medikament als «Game Changer» bezeichnet hatte, gab Indien den Export in begrenzten Mengen wieder frei.
Hydroxychloroquin wirkt entzündungshemmend, immunmodulierend und antiviral. Vorwiegend wird es als Malariamittel eingesetzt, es kommt aber in der Schweiz auch zur Behandlung von rheumatologischen Erkrankungen zum Zug. Zu normalen Zeiten ist der Wirkstoff in Form von Filmtabletten im Handel verfügbar, doch angesichts des positiven Effekts, den man sich bei der Behandlung von Covid-19 erhofft, ist der internationale Markt ausgetrocknet. Das ist insbesondere für Patientinnen und Patienten ein Problem, die das Produkt zur Behandlung von chronischen rheumatologischen Leiden benötigen.
Generikum aus dem Forschungslabor
Um diesen Versorgungsengpass zu überbrücken, hat ein Team von Wissenschaftlern der Universität Basel unter Leitung von Dr. Maxim Puchkov damit begonnen, die Tabletten selber herzustellen. «In letzter Minute», so Prof. Jörg Huwyler vom Departement Pharmazeutische Wissenschaften, sei es gelungen 50 Kilogramm des Wirkstoffs Hydroxychloroquin bei einem Schweizer Zwischenhändler zu beschaffen. Ein Teil des Wirkstoffes wurde deutschen Spitälern als Nothilfe zur Verfügung gestellt. 40 Kilogramm des verbleibenden Materials werden vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung verwaltet.
Inzwischen haben die Basler Forscher ein pharmazeutisches Verfahren entwickelt, um Tabletten herzustellen, die sich oral verabreichen lassen. «Mein Team hat innerhalb von zehn Tagen quasi ein Generikum produziert», so Huwyler. Die Pharmazeuten haben eine erste Charge von 4000 Tabletten hergestellt, was zur Behandlung von 400 Patienten reichen würde. Zurzeit lagern sie als potenzielle Therapie-Reserve in der Spitalapotheke des Universitätsspitals Basel. Insgesamt liessen sich aus dem vorhandenen Wirkstoff aber 200’000 Dosen für insgesamt 20’000 Patienten produzieren. Die Herstellungsprotokolle werden demnächst in Form einer wissenschaftlichen Publikation zur freien Verfügung gestellt.
Laut Professor Huwyler wird Hydroxychloroquin in der Schweiz bereits experimentell zur Behandlung von hospitalisierten Patienten verwendet, die schwer an Covid-19 erkrankt sind. Aber angesichts der beschränkten Verfügbarkeit und dem Risiko starker Nebenwirkungen seien Ärzte bisher sehr zurückhaltend gewesen, das Medikament zu verschreiben.
«Wir hoffen, mit unserer Produktion beitragen zu können, die derzeitigen Versorgungsengpässe in der Schweiz zu überbrücken», so Huwyler. Das würde auch die Situation der chronischen Patientinnen und Patienten entspannen, die diese Behandlungen benötigen. Wo die an der Universität Basel hergestellten Tabletten schliesslich verwendet werden, liegt in der Hand der regulatorischen Behörden. Diese werden über die weitere Produktion und die Verteilung an Schweizer Kliniken entscheiden.
Weiterführende Links
Originalbeitrag
Tomaž Einfalt, Pascal Detampel, Daniel Häussinger, Jens Casper, Christoph Meier, Jörg Huwyler, Maxim Puchkov
Hydroxychloroquine immediate release tablets: Formulation and evaluation of a solid dosage form
Publikation in Vorbereitung