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Verlauf von COVID-19 bei MS
Original Titel:
Clinical Characteristics and Outcomes in Patients With Coronavirus Disease 2019 and Multiple Sclerosis
- Welche Aspekte sind bei MS relevant für die Schwere einer COVID-19-Erkrankung?
- Retrospektive Kohortenstudie über 347 Patienten mit MS und COVID-19
- Medikamenten eher von Vorteil, zunehmendes Alter, Übergewicht und höherer EDSS-Wert von Nachteil
DGP – Was sind die Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von COVID-19 bei Menschen mit Multipler Sklerose (MS)? In einer Kohortenstudie mit 347 Patienten zeigten sich Faktoren wie neurologische Behinderungen, fortgeschrittenes Alter und starkes Übergewicht als wesentlich zur Einschätzung des Risikos für schwere Krankheitsverläufe nach Infektion mit SARS-CoV-2. Es konnte allerdings kein Zusammenhang zwischen krankheitsmodifizierenden Therapien und Schweregrad von COVID-19 gesehen werden. Die Behandlung der MS steht damit offenbar nicht in Konflikt mit dem klinischen Management einer Infektion mit dem neuen Coronavirus.
Risikofaktoren für schwere Erkrankungen nach Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 kennt man inzwischen mehrere. Unklar ist aber, ob sich mit einer Erkrankung wie der Multiplen Sklerose (MS) weitere Risikofaktoren ergeben. Beispielsweise wären manche Therapien denkbare Kandidaten. Krankheitsmodifizierende Therapien (disease modifying therapies, DMT) könnten theoretisch den Verlauf einer Infektion beeinflussen, ähnlich wie Faktoren wie Alter und Begleiterkrankungen. Um dies zu untersuchen, beschrieben Forscher nun die klinischen Eigenschaften von Patienten mit MS und COVID-19 und analysierten, welche Aspekte in Zusammenhang mit der Schwere der COVID-19-Erkrankung standen.
Welche Aspekte sind bei MS relevant für die Schwere einer COVID-19-Erkrankung?
An dieser Multizentren-, retrospektiven, beobachtenden Kohortenstudie nahmen MS-Zentren und allgemeine Kliniken und Neurologen teil. Patienten mit MS, die eine bestätigte COVID-19-Erkrankung hatten oder bei denen ein starker Verdacht darauf bestand, wurden zwischen 1. März und 21. Mai 2020 untersucht. Die COVID-19-Diagnose wurde mit PCR-Test vom Nase-Rachen-Abstrich, CT-Bild des Thorax oder anhand typischer Symptome festgestellt.
Den Schweregrad von COVID-19 ermittelten die Forscher auf einer 7-Punkte-Skala, mit 1 entsprechend einer Erkrankung ohne Krankenhausbedarf und ohne Einschränkung von Aktivitäten bis 7 (Todesfall). Ein Schweregrad von Stufe 3 beschrieb die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung ohne Bedarf für Sauerstoffzufuhr. Neben demographischen Daten wie Alter und Geschlecht wurden in dem Register auch die neurologische Historie, der Behinderungsgrad EDSS (Expanded Disability Severity Scale score, Skala von 0 bis 10), Begleiterkrankungen, COVID-19-Charakteristika und Verlauf der Erkrankung erfasst.
Retrospektive Kohortenstudie über 347 Patienten mit MS und COVID-19
Insgesamt 347 Patienten im durchschnittlichen Alter von 44,6 Jahren (249 Frauen) wurden analysiert. Die Patienten litten im Schnitt seit 13,5 Jahren an MS (+/- 10 Jahre). 73 Patienten (21,0 %) erreichten den COVID-19-Schweregrad von mindestens 3, mussten also im Krankenhaus behandelt werden. 12 Patienten (3,5 %) verstarben aufgrund der Erkrankung COVID-19. Der durchschnittliche EDSS-Wert der Patienten lag bei 2,0 (zwischen 0 und 9,5). 284 Patienten (81,8 %) wurden mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten behandelt. 46 % der MS-Patienten, die nicht mit DMTs behandelt wurden, hatten einen COVID-19-Schweregrad von 3 im Vergleich zu 15,5 % der MS-Patienten, die mit DMTs behandelt wurden (p < 0,001). Die statistische Analyse zeigte, dass zunehmendes Alter (Odds Ratio OR pro 10 Jahren: 1,9), der Behinderungsgrad EDSS (OR für EDSS ≥ 6, 6,3) und starkes Übergewicht (OR 3,0) unabhängige Risikofaktoren für eine COVID-19-Erkrankung mit Krankenhausaufenthalt darstellten.
Medikamente eher von Vorteil, zunehmendes Alter, Übergewicht und höherer EDSS-Wert von Nachteil
In dieser Register-basierten Kohortenstudie mit Menschen mit MS zeigten sich demnach die bereits bekannten Faktoren Alter und Übergewicht als wichtig für den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung. Zudem war aber auch ein höherer Behinderungsgrad aufgrund der MS, erfasst mit dem EDSS-Wert, ein Risikofaktor für schwerer Verläufe von COVID-19. Beruhigenderweise fand sich allerdings kein Zusammenhang zwischen krankheitsmodifizierenden Therapien und der Schwere von COVID-19.
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