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Mehr MÜK-Diagnosen, aber nicht mehr Klarheit bei Kindern durch neuere Kopfschmerzklassifikation ICHD-3
Original Titel:
Medication Overuse Withdrawal in Children and Adolescents Does Not Always Improve Headache: A Cross-Sectional Study
- MÜK-Diagnose und -Behandlung: Funktioniert das bei Kindern?
- Entzug der Schmerzmedikamente hilft etwa der Hälfte der Kinder
- Autoren sehen keinen Vorteil durch Kriterienanpassung: Mehr MÜK-Diagnosen, aber nicht mehr Klarheit
DGP – Ziel der vorliegenden Studie war es, bei Kindern und Jugendlichen zu ermitteln, wie gut die Diagnose Medikamentenübergebrauchskopfschmerz (MÜK) nach älteren (ICHD-2) und neueren (ICHD-3) Kriterien gestellt werden kann. In der neueren Version entfiel das Kriterium, dass Entzug den Kopfschmerz lindern soll. Die Forscher ermittelten daher auch, ob die Therapieeffekte durch Medikamentenentzug die Diagnose stützten. Die MÜK-Diagnose nach neueren Kriterien erhielten 76 % der Kinder, der Entzug half aber nur etwa der Hälfte der jungen Patienten. Die Autoren sehen keinen Vorteil durch die Kriterienanpassung, durch die zwar mehr MÜK-Diagnosen gestellt werden können, aber nicht mehr Klarheit für die Behandlung gewonnen wird.
“Kopfschmerz zurückzuführen auf einen Medikamentenübergebrauch” wird in der aktuellen internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen (ICHD-3) das Thema MÜK betitelt. Der Übergebrauchskopfschmerz MÜK kann bei Kopfschmerzpatienten mit mehr als 15 Kopfschmerztagen pro Monat und Übergebrauch von entsprechenden Schmerzmedikamenten (mehr als 10 oder 15 Tage pro Monat, je nach Medikament) diagnostiziert werden, wenn der Übergebrauch über mindestens 3 Monate hinweg stattfand. In der ICHD-3 wurde ein Element der Kriterien für den MÜK entfernt, das in der vorherigen Version noch dazugehörte: Die Kopfschmerzen sollten sich innerhalb von 2 Monaten nach Entzug auflösen oder zu einem Grundmuster der Kopfschmerzerkrankung zurückkehren, um die Diagnose MÜK zu rechtfertigen (Silberstein et al., 2005, berichteten im Fachjournal Cephalalgia Details zu dieser Änderung). Ziel der vorliegenden Studie war es, bei Kindern und Jugendlichen die Rate an Patienten mit Diagnose MÜK nach ICHD-2- und ICHD-3-Kriterien zu vergleichen und zu ermitteln, wie gut die Kriterien bei der Diagnose übereinstimmen. Zweitens untersuchten die Forscher, ob Medikamentenentzug in dieser Patientengruppe mit Schmerzlinderung assoziiert war.
MÜK-Diagnose und -Behandlung: Funktioniert das bei Kindern?
In dieser Querschnittsstudie analysierten die Forscher retrospektiv die Daten von 400 jungen Patienten, die wegen einer primären chronischen Kopfschmerzerkrankung im Kopfschmerzzentrum einer italienischen Kinderklinik behandelt wurden. Von diesen wurden die Patienten gewählt, die Medikamentenübergebrauch aufwiesen. Mit Kriterien nach ICHD-2 und ICHD-3 wurde jeweils überprüft, welche Patienten eine klinische MÜK-Diagnose erhielten.
42 Patienten (10,5 %) mit Medikamentenübergebrauch konnten identifiziert werden. Bei 23 von ihnen (55 %) reduzierte sich der Kopfschmerz nach Entzug der Schmerzmedikament. 22 dieser Patienten begannen zur selben Zeit aber auch eine präventive Therapie. Mit Blick auf die ICHD-2 erfüllten 43 % der Patients (18/42) alle Kriterien, während alle diagnostischen Kriterien der ICHD-3 durch 76 % der Patienten (32/42) erfüllt wurden. 18 Patienten (43 %) entsprachen sowohl den Kriterien der ICHD-2 als auch der ICHD-3. 10 Patienten (24 %) entsprachen keinem der zwei diagnostischen Kriterien.
Entzug der Schmerzmedikamente hilft etwa der Hälfte der Kinder
Die Studie zeigt somit, dass auch bei Kindern und Heranwachsenden Entzug der Schmerzmittel nicht immer zu einer Besserung des Kopfschmerzes führt. Dies entspricht der Situation bei erwachsenen Patienten, wie sie auch in ICHD-3 beschrieben wird: Demnach verbessert sich die Kopfschmerzsituation und das Ansprechen auf Prophylaxen bei der Mehrzahl der Patienten nach Entzug, aber eben nicht bei allen.
Autoren sehen keinen Vorteil durch Kriterienanpassung: Mehr MÜK-Diagnosen, aber nicht mehr Klarheit
Die Studienautoren schließen, dass die höhere Zahl der MÜK-Diagnosen durch ICHD-3 im Vergleich zu ICHD-2 zwar den Blick auf MÜK und mögliche darauf gezielte Behandlungen weitet, aber nicht unbedingt mehr Patienten hilft, da bei vielen der so gefundenen pädiatrischen Patienten womöglich die Akutmedikamente nicht die Auslöser der häufigen Kopfschmerzen sind. Weitere Studien zum besseren Verständnis von MÜK bei Kindern und Jugendlichen sind nötig.
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