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Erste COVID-19-Impfstoffe kurz vor der Zulassung in Deutschland – was heißt das für Krebspatienten?
Experten rechnen mit einer Zulassung der ersten Impfstoffe gegen COVID-19 noch vor Weihnachten. Bis es ausreichende Impfstoffmengen gibt, soll die Impfung zuerst Risikogruppen und medizinischem Personal angeboten werden. Wer ist damit gemeint und was heißt das für Krebspatientinnen und -patienten? Was weiß man über Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung bei Krebspatienten? Eine Einschätzung der aktuellen Situation liefert der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Auch wenn eine Zulassung noch vor Weihnachten vorliegt, wird es noch dauern, bis Impfstoffe in ausreichender Menge für die ganze Bevölkerung zur Verfügung stehen. Gemäß der Impfverordnung, die vom Bundesministerium für Gesundheit erlassen wurde und die rückwirkend ab 15. Dezember in Kraft tritt, soll daher in drei Priorisierungsstufen geimpft werden.
Zugang zur Impfung für Krebspatientinnen und -patienten:
Die Impfverordnung sieht folgende Priorisierungen vor:
Mit höchster Priorität und damit als erste können laut Verordnung alle über 80-Jährigen geimpft werden, außerdem Bewohner und Personal von Pflegeheimen, Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten, Personal auf Intensivstationen, in Notaufnahmen und im Rettungsdienst.
Zur Gruppe mit der zweithöchsten Priorität zählen laut Verordnung unter anderem alle Personen, die das 70. Lebensjahr vollendet haben sowie Menschen mit einem hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf, etwa nach Organtransplantationen, und enge Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen und Schwangeren.
Krebspatienten gehören zur Gruppe mit der dritthöchsten Priorität (es sei denn, sie fallen aus anderen Gründen in Gruppe 1 oder 2), ebenso wie etwa über 60-Jährige oder Personen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf beispielsweise aufgrund einer chronischen Erkrankung. Auch Personal in Hausarztpraxen und Laboren zählt zu dieser Gruppe.
Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums erläutert die Hintergründe zur Einstufung von Krebspatienten in die dritte Kategorie: „Das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf ist bei Krebspatienten sehr differenziert zu betrachten. Denn Faktoren wie Krebsart, Erkrankungssituation, erforderliche Therapie und Begleiterkrankungen sowie weitere Risiken, wie Alter oder Rauchen, spielen eine wichtige Rolle. Eine pauschale Einstufung ist daher nicht möglich. Wir empfehlen Betroffenen ihre behandelnden Ärzte um eine Einschätzung zu bitten“, so Weg-Remers. Sie ergänzt: „Bei starker Immununterdrückung, beispielsweise durch eine hochdosierte Chemotherapie, ist eine Impfung eines Krebspatienten unter Umständen nicht möglich. Dann kann es sinnvoll sein, das Ansteckungsrisiko zu reduzieren, indem sich nahe Angehörige bzw. allgemein Personen, die im gleichen Haushalt leben, impfen lassen.“
Für Krebspatienten sicher und wirksam?
Wie wirksam mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 speziell bei Krebspatienten sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher beantwortet werden. Gleiches gilt auch für die Verträglichkeit der Impfung im Zusammenspiel mit bestimmten Krebstherapien wie einer Chemotherapie oder zielgerichteten Medikamenten. Warum ist das so? Menschen, deren Immunsystem durch die Krebserkrankung oder die Krebstherapie unterdrückt ist, waren bei der bisherigen Zulassungsstudie nicht als Probanden vertreten. Daher gibt es bislang keine verlässlichen Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs für diese Patientengruppen. Hierfür sind weitere Studien erforderlich. Die Ärztinnen und Ärzte beim Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums verfügen stets über den aktuellen Kenntnisstand und stehen für Fragen zum COVID-19-Impfstoff täglich kostenlos von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr telefonisch unter 0800-4203040 sowie unter der Mail-Adresse krebsinformationsdienst@dkfz.de zur Verfügung.
Grundsätzlich unbedenkliches Wirkprinzip
Laut Zulassungsstudie, an der bislang weltweit mehr als 43.500 Menschen teilgenommen haben, könnte der Impfstoff BNT162b2 eine Erkrankung an COVID-19 zu 95 Prozent verhindern. Eine vergleichbar gute Wirksamkeit soll auch mRNA-1273 haben. Das bei den Studienteilnehmern beobachtete Nebenwirkungsprofil entspricht nach derzeitigem Stand weitgehend dem bereits bekannter Impfungen. Bei BNT162b2 und mRNA-1273 handelt es sich um neuartige mRNA-Impfstoffe. mRNA steht für messenger- oder auch Boten-RNA. Der mRNA-Impfstoff enthält in beiden Fällen die Bauanleitung für ein bestimmtes Protein des SARS-CoV2-Virus, das sogenannte Spike-Protein. Die mRNA wird in liposomale Nanopartikel verpackt, die nach der Impfung in Körper- und Immunzellen aufgenommen werden. In ihnen wird dann das entsprechende Protein hergestellt. Als „Fremdprotein“ wird es vom Immunsystem erkannt, das gezielt Antikörper und Immunzellen gegen den Erreger bildet. Wichtig zu wissen: Die Impfstoff-mRNA wird in den Körperzellen nach kurzer Zeit wieder abgebaut. Sie wird nicht in die eigentliche Erbinformation (DNA) umgewandelt und auch nicht in die menschliche DNA eingebaut. Mit einer ähnlichen Strategie werden seit längerem derzeit auch Tumor-Impfstoffe entwickelt.
Zulassung mit hohem Qualitätsanspruch
Zurzeit koordiniert die Europäische Arzneimittelagentur EMA das Zulassungsverfahren für Europa und damit auch für Deutschland. Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität der Impfstoffe werden dabei sehr genau untersucht und bewertet. Nur wenn die hohen Qualitätsanforderungen erfüllt werden, wird eine Zulassung erteilt und der Impfstoff darf auf den deutschen Markt. Für die ersten Impfstoffe gegen Covid-19, wie etwa BNT162b2 von BioNTech/Pfizer oder mRNA-1273 von Moderna, wird das voraussichtlich schon in den nächsten Tagen bzw. Wochen soweit sein. Dank umfangreicher finanzieller Unterstützung der Impfstoffentwicklung durch Bundesregierung und BMBF, neuer Technologien, Vorerfahrungen mit Impfstoffen gegen verwandte Viren und einer engen Zusammenarbeit der verantwortlichen Behörden, konnte die Entwicklung und das Zulassungsverfahren beschleunigt werden.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.